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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Füßen des Gottes, lang ausgestreckt, lag ein Mensch.
    Nhiyar kniete – nicht vor dem Gott, wie Dymas annahm. Der Liegende richtete sich auf: ein alter Mann, Priester wahrscheinlich, mit runzligem Gesicht, schwarzen Zähnen, schwarzem Gewand. Nhiyar murmelte etwas; Dymas wollte nähergehen, aber Ay hielt ihn an der Hand zurück.
    Nhiyar reichte dem Priester einen Beutel. Der Alte nahm ihn, wog ihn in der Handfläche, drehte sich um und schlurfte zu einem schweren schwarzen Vorhang. Ay zupfte; sie folgten und traten in einen fast kreisrunden Gang, kaum beleuchtet von zwei Fackeln. Der Priester ging voran, zu einer Biegung, dann eine Treppe hinab, die älter schien als die Stufen draußen. Am Fuß der Treppe, die sich zweimal um sich selbst drehte, kamen sie in eine große Kammer mit Tischen, Bänken, Liegen und Öllampen. Drei kaum jüngere Priester hockten auf dem Boden vor einem kleineren Standbild des Gottes.
    Der Alte ließ den Beutel klirrend auf einen der Tische fallen und murmelte etwas; dann stieg er ächzend und pfeifend wieder die Stufen hinauf. Einer der drei Priester erhob sich und winkte ihnen.
    Der nächste Gang. Sie hatten ihn kaum betreten, als der Priester stehenblieb. Vor ihnen, fünf Schritte breit und eine Mannslänge tief, klaffte ein Loch, das die Gangbreite einnahm. Es roch modrig. Dymas hörte ein Rascheln und Schleifen, beugte sich vor, spähte hinab und würgte.
    Das Loch war eine Grube, in der sich Hunderte kleiner, giftiger Schlangen wanden.
    Der Priester berührte einen Punkt an der Wand, griff in eine Vertiefung, die sich jäh auftat, und drehte eine Kurbel. Aus vorher unsichtbaren Nischen schoben sich von beiden Seiten Steinplatten über die Grube, vielleicht einen Schritt breit.
    Sie gingen hinüber. Ein Stück weiter ließ sich der Priester plötzlich auf die Knie nieder und kroch; durch Winken wies er sie an, ebenfalls zu kriechen. Dymas, als letzter, spähte nach oben und sah im trüben Licht hauchdünne Fäden, und eine Reihe winziger Öffnungen in beiden Wänden. Pfeile? Giftnägel? Dünne scharfe Klingen, von Federn hinausgeschnellt, sobald einer, dem es irgendwie gelungen war, die Schlangengrube zu überspringen, die Fäden berührte?
    Noch eine Treppe. Im verzierten Geländer bewegte der Priester etwas, das eine Ranke schien, aber ein Riegel war. Die nächsten fünf oder sechs Stufen knirschten; Dymas nahm an, daß sie, ohne den Riegel, unter dem Tritt eines Menschen zu einer glatten, schrägen Rampe würden. Geradeaus gähnte ein schwarzer, bodenloser Schacht; die Treppe führte scharf nach rechts.
    Sie mußten sich mittlerweile unterhalb jener Höhe befinden, auf der draußen die Stadt lag, und sie stiegen immer tiefer. Endlich erreichten sie eine weitere Kammer, wie die vorige mit Tischen und Sitzen ausgestattet. Auf Brettern in einer Nische standen Krüge und Becher. Und ein kleiner Kessel, ähnlich einem Gefäß für brennenden Weihrauch.
    Der Priester nahm einen der großen Krüge, dann einen zweiten, einen dritten, füllte sie aus einem verstöpselten Ziegenbalg, der von der Decke hing, stellte sie auf einen der Tische. Dymas schnüffelte; es roch nach schwerem Palmwein.
    Der Baalspriester hatte inzwischen den kleinen Kessel geholt, aus dem er mit einem Löffelchen graues Pulver nahm und in die Krüge streute.
    »Was ist das?« sagte Dymas halblaut.
    Nhiyar grinste ihn von der Seite an. »Pilz. Für Traum, nicht Tod.«
    Dymas hob die Schultern.
    Der Priester stellte Becher neben die Krüge und deutete darauf. Ay, Nhiyar und Dymas nahmen jeweils einen Krug und einen Becher; dann folgten sie dem Priester in einen weiteren dunklen Durchgang, der vor einer schweren Tür endete.
    Der Priester öffnete, ließ sie vorbei, schloß die Tür hinter ihnen. Sie standen in einem unterirdischen Gewölbe. Zahllose dünne, bunte Säulen, wie gedrechselt, trugen das Gewicht der Welt. Überall loderten Fackeln an den Wänden, in rußigen Bronzefäusten. Ein tiefer, grollender Gesang, der aus den Eingeweiden der Erde zu kommen schien, erfüllte die Halle. Es roch betäubend nach Weihrauch, nach schweren süßlichen Blüten, nach allerlei Rausch- und Traumdüften. Auf dem Boden, oder an die Säulen gelehnt, lagen und saßen verhüllte Gestalten, Männer und Frauen; in einer fernen Ecke schienen vier Menschen ein Gespräch zu führen.
    Dymas schwindelte von den Treppen, den Gängen, den Fallen, den Gerüchen. Er sah die Säulenreihen entlang, die immer neue Bogengänge, Lichtwirbel,

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