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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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nordwestlich der Stadt. Der niemals versiegende Quell des Aphqa, in Becken aufgefangen, in Zisternen gespeichert, in tausend Gräben und Kanälen verzweigt und verteilt, hatte Gras, Gemüse, Getreide und Palmen wachsen lassen, in deren Schatten die hellen Häuser standen: Wohngebäude, Läden, Werkstätten, Ställe, Handelslager, Gasthäuser für die Karawanen. Es gab kleinere Tempel, eine niedrige Mauer, außerhalb der Stadt hohe Grabbauten, in der Mitte eine Agora mit Ratsgebäude, Springbrunnen und Grünfläche. Und es gab im Südosten, auf einer flachen Anhöhe, die wie ein Sockel wirkte, den ältesten Baal-Tempel überhaupt, ein mächtiges, burgähnliches Bauwerk aus riesigen Steinquadern.
    Ay und Nhiyar waren in den letzten Tagen immer stiller geworden, ihre wenigen Äußerungen noch rätselhafter. Es schien aber eine innere Sammlung, ein Schweigen der Vorfreude zu sein.
    Die Karawane sollte drei Tage in Tadmor bleiben; im Rasthaus gab es genügend Zimmer. Nachmittags hatten sie den Ort erreicht; nach eiliger Reinigung und ein paar Schluck frischen Wassers zerrten Nhiyar und Ay den Kitharisten mit sich, durch den Ort, zum Tempel des Baal.
    »Was, bei allen Göttern ... Können wir nicht zuerst etwas essen? Die Agora ansehen? Was sollen wir im Tempel?«
    Nhiyar wies in den klaren, heißen Winterhimmel: »Mondwind. Du Geschenk?«
    Dymas ächzte, er hatte sein Geld bei sich, das er keinesfalls irgendwelchen Priestern zu geben gedachte. In der Tasche, als er tastete, brannte der schwarze Geisterstein, den Ay ihm ein zweites Mal gegeben hatte, der ihn seither in allen Nächten und allen Träumen plagte. Dymas nickte und kicherte grimmig. »Ja, ich hab ein Geschenk.«
    Beim eiligen Gang durch den Ort betrachtete Dymas die Häuser und die Menschen, die mit ihren gewöhnlichen Beschäftigungen befaßt waren. Nichts sah wesentlich anders aus als in vielen ähnlichen Städten; vielleicht ging es insgesamt ruhiger zu, niemand hastete – außer Nhiyar und Ay –, nur hier und da sah er Dinge, die ihn befremdeten. Nicht die weißgekleideten Menschen – Frauen, die Wasserkrüge auf dem Kopf trugen; Männer, die ein Haus bauten; Kinder, die Messer nach einem humpelnden Hund warfen –, wohl aber einige der Läden und Werkstätten. In einer Auslage sah er, oder glaubte zu sehen, fein gemeißelte oder geschnitzte Menschenherzen aus einem tiefroten Stein. Er sah einen Holzschnitzer, der etwas wie einen von innen nach außen gestülpten Menschen herstellte, und vor einem Fleischerladen hing das Gerippe eines Lamms. Es klapperte leicht in der Nachmittagsbrise, und der Schädel wies drei Augenlöcher auf.
    Palmen standen am Fuß des Tempelhügels; in ihrem Schatten soffen einige Dutzend Pferde aus Trögen, oder grasten, die Vorderbeine zusammengebunden, auf der weiten grünen Fläche. Die Stufen, die zum Tempel hinaufführten, waren uralt, abgenutzt von Millionen Füßen und zahlreichen Jahrhunderten. Vor zweitausend Jahren, sagte man, hatten in diesem Tempel ein Herrscher von Ur, oder Lagash, oder Kish, und ein ägyptischer Pharao Grenzen und Friedensbedingungen ausgehandelt – eine jener Traum- oder Lügengeschichten, an die Dymas nicht glaubte. Aber die Stufen sahen aus, als wären sie damals schon alt gewesen. Er schaute sich noch einmal um. Etwas störte ihn.
    Die Pferde. Reitdecken, Gurte, die Spangen des Zaumzeugs... Es waren Reittiere von Kriegern.
    Die Männer, denen die Pferde gehörten, saßen im Schatten der Säulen, im Vorhof. Sie hatten Schwerter, Bogen, Lanzen und Schilde; bärtige, harte Männer, die dort würfelten und tranken, mitgebrachte Vorräte verzehrten und warteten. Sie starrten mißtrauisch zu Ay, Nhiyar und Dymas herüber; einer sagte leise etwas, die anderen brachen in brüllendes Gelächter aus. Phöniker? Was suchten bewaffnete Phöniker im Baal-Tempel von Tadmor?
    Um ins Tempelinnere zu gelangen, mußten sie nah an den Männern vorbei. Dymas fing ein paar gemurmelte Worte auf und zuckte unmerklich zusammen. Mühsam beherrschte er sich. Es war Phönikisch, aber nicht das reine Phönikisch der Küstenstädte oder des Hinterlandes – es war das abgeschliffene Phönikisch des Westens, der größten Stadt der Oikumene. Karchedonier.
    In der riesigen, kahlen Halle des Tempels stand ein seltsam ausdrucksloser Baal: gigantisch, mit leeren Zügen, aus Gold. Das schräge Dämmerlicht, von dem Standbild gebrochen und vermehrt und versprüht, bildete im Raum Vorhänge, Regenbögen und tanzende Schlieren. Zu

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