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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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den schwarzen Stein, der von Baal abprallte und in die Flammen stürzte, und die vier Männer schwebten näher, und drei von ihnen kannte er, und weil er sie kannte, wußte er, wer der vierte war, und Nhiyar stieß ein Gebrüll aus wie die Weltenschlange, der die Götter den Kopf spalteten, und die vier Männer beugten sich über ihn, und Dymas flog und rankte sich um den Mondwind.

    Er erwachte mit wehem Schädel. Die Knochen schienen von innen wie mit einer Stahlbürste aufgerauht, das Hirn schwappte wie Bleibrei in einem geschüttelten Behälter, die Kopfhaut flackerte. Etwas, das spitzige Hände hatte, saß hinter seiner Stirn und bohrte Finger in die Rückseite der Augen.
    Er atmete tief und lange, bis der Geschmack von Erbrochenem im Mund kein weiteres Würgen mehr auslöste; bis die verblassenden Sterne über dem Palmwipfel ihren hysterischen Tanz einstellten. Dann richtete er sich auf, langsam und mühevoll, lehnte sich an den Stamm der Palme und sah sich um.
    Jemand mußte ihn aus dem Tempel und vor die Stadt geschleppt haben. In einen kleinen Palmenhain; er hörte das leise Plätschern eines Kanals, roch verglimmendes Feuer und sah vor dem östlichen Himmel verschwommen die Umrisse von Pferden. Männer, in Decken gewickelt, schnarchten ringsum. An einem der anderen Bäume lehnte ein Wächter; er blickte zu Dymas hinüber, bewegte die Hand zum Mund und weckte einen der Schläfer.
    Der Mann stand langsam auf, steif und alt; er murmelte dem Wächter etwas zu und kam, immer noch in die Decke gewickelt, zu Dymas.
    »Na, bist du wieder bei uns?«
    Dymas starrte in das zerfurchte Gesicht, das er in seinem scheußlichen Tempeltraum gesehen hatte, und er erkannte den Mann, auch ehe dieser etwas in den Mund schob und zu kauen begann. Der Bart war grau, die Jahre hatten tiefe Spuren in die Haut geätzt, aber Drakons Augen waren klar und scharf geblieben, und durchdringend.
    »Wb ... wieso ... ah.« Dymas schluckte, räusperte sich und schnitt eine Fratze; langsam ebbten die Schmerzwellen ab.
    »Moment. Ich hab was für dich.« Drakon ging dorthin, wo er gelegen hatte, hob etwas auf, schüttelte es, während er zurückkam. Es war eine Lederflasche.
    »Wein, Wasser, Honig, Kräuter. Sollte dir helfen. Trink.« Er hielt die Flasche an Dymas’ Lippen.
    Der Kitharode trank, würgte, hustete, trank erneut. Die Flüssigkeit war kalt, erfüllte ihn aber mit mildem Feuer.
    »Gut?«
    Er nickte vorsichtig, trank noch einmal. »Besser, viel besser.«
    Drakon hockte sich auf die Fersen und musterte Dymas. »Lange her, was? Ich glaube, ich war jünger, als wir uns zuletzt gesehen haben. Du auch. Elf Jahre?«
    Dymas versuchte ein Grinsen. »Als ich elf war, kannte ich dich noch nicht; da war ich in Karchedon.«
    »Karchedon? Hm.« Drakon blickte zu den Schläfern hinüber. »Die Oikumene wird immer kleiner.«
    »Wir wissen, wer dafür sorgt. Aber – eigentlich müßtest du tot sein; wie ich von Harpalos hörte. Zerschmettert am Fuß eines baktrischen Felsens, oder vergiftet von ... ihm .«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Ich will sie trotzdem hören.«
    Drakon kniff die Augen zusammen. »Jetzt?« Er blickte in den Himmel, seufzte und hob die Schultern. »Die dröhnenden Hufe des Morges. Gleich wird Eos Schminke auflegen; es ist ohnehin nicht mehr an Schlaf zu denken. Warte.«
    Er stand auf und ging zur Feuerstelle, fachte wieder an, stellte eine Bronzekanne in die Glut, wühlte in Beuteln und kam dann mit Brot und kaltem Braten zurück.
    »Fang du an«, sagte er. »Wenn der Würzwein heiß ist, übernehm ich.«
    Es dauerte noch über eine Stunde, bis die ersten Schläfer erwachten. Dymas und Drakon sprachen leise, schnell, gesammelt. Dymas berichtete von den wichtigsten Erlebnissen und Orten, Gerüchten und Besorgnissen; dann holte Drakon seinen heißen Würzwein, und sie tranken, und der Arzt erzählte.
    Er sprach vom Großen Spiel des Demaratos, von der Aufklärung und Kundschaftern, gefangenen und verhörten Spitzeln, von der Suche nach dem immer unauffindbaren Bagoas; von Issos, Ägypten, Siwah, Gaugamela, Babylon, Persepolis, der Teilung des Heers in Ekbatana, der Jagd nach Dareios, später nach dessen Mörder Bessos; von Einöden und Himmelbergen und Eis und brennender Wüste; von murrenden Männern, von merkwürdigen Gerichtsverfahren, Hinrichtungen, Morden; immer wieder von Alexander, der alles sah, alles wußte, alles beherrschte – umgänglich, liebenswert, bester Freund und größter Stratege, klarer Denker, im

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