Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
paar Männer lachten. »Auch du weißt es, Demetrios. Athen ist wichtig. Wir müssen uns die Athener gewogen halten – so gut es geht. Die anderen folgen, wohin Athen geht. Aber: Die anderen müssen wissen, was sie erwartet, wenn sie als Söldner oder Verbündete der Perser antreten.«
Langsam entspannten sich die Gesichter; die meisten Männer schienen zu begreifen. Viele nickten, einige lächelten.
Parmenion sah Alexander lang an. »Hast du dies schon bedacht vor ... vor dem Gemetzel?«
Alexander stellte den Becher ab, trat zu Parmenion und legte ihm beide Hände auf die Schultern. »Ist das wichtig, Parmenion, mein Vater – solange es richtig ist?«
Perdikkas gluckste. »Wie willst du denn die Athener bei Laune halten? Sie werden weinen, wenn sie von unserem Sieg hören.«
Alexander drehte sich um; sein Lächeln war sehr schräg, sehr gehässig. »Mit einer Gabe – einer Gabe wie Honig, in dem viele Stacheln stecken.«
»Und zwar?«
Alexander schloß die Augen. »Dreihundert der besten erbeuteten Rüstungen für Pallas Athene, mit dem Schriftschild: Von Alexander, Sohn Philipps, und den anderen Hellenen außer den Spartanern, aus der Beute von den Persern, die Asien bewohnen.«
Zum ersten Mal brach Gelächter los. Antigonos der Einäugige klatschte in die Hände. »Außer den Spartanern ... Das ist gut, das gefällt mir. Den Spartanern wird es auch gefallen. Aber warum dreihundert Rüstungen, Freund?«
Alexander öffnete die Augen; er griff nach dem Becher, hob ihn und blickte Antigonos über den Rand hinweg an. »Dreihundert Unsterbliche, mein Freund, haben unter König Leonidas von Sparta die Thermopylen verteidigt, bis zum letzten Blutstropfen, gegen das Heer des Xerxes. Dreihundert Spartaner. Diesmal wollte Sparta nicht – nicht unter Führung der makedonischen Barbaren. Damals waren keine Athener dabei. Diesmal, Freunde, auch nicht – außer einigen Söldnern bei den Persern. Keiner bei uns. Deshalb dreihundert – für die Göttin Athens.«
Ptolemaios lehnte das Gesäß ans Kopfstück einer Kline; er nippte an seinem Wein und kaute immer wieder grinsend auf dieser kostbaren höflichen Unverschämtheit herum. Müdigkeit lähmte seine Glieder, nur der Kopf war wach, überwach. Ein Teil von ihm lauschte den klaren, wohlgesetzten Worten, mit denen der König den Freunden, Gefährten, Edlen und Offizieren dankte; ein zweiter Teil tastete sich zurück zur Schlacht, um noch einmal Grauen und Verzückung zu kosten. Die Gefechte ohne Zahl und Namen, in thrakischen Wäldern und illyrischen Schluchten, selbst der Tag in der Ebene von Chaironeia, sie alle waren ausgelöscht. Das Geschrei der Hauptleute, Schall und Tosen. Ein weiterer Teil wunderte sich über die Helligkeit des Zelts, die weiß durchscheinenden Stoffbahnen, erleuchtet nur von zwei kargen Öllampen. Dann begriff er, mit lautlosem Stöhnen, daß es früher Nachmittag war; daß nicht Abend und Feier und Feuer und Ruhe, sondern lange Stunden der Arbeit vor ihm und den anderen lagen. Der Kampf hatte etwa eine Stunde nach Sonnenaufgang begonnen, nicht länger als eine Stunde gedauert, noch einmal eine Stunde das entsetzliche Blutbad auf den Hügeln. In seiner Erschöpfung konnte er sich nicht einmal erinnern, wieder durch den Fluß gegangen oder geritten zu sein, um das Zelt des Königs zu erreichen.
Man hatte die Karren und den übrigen Troß fast bis zum Westufer des Granikos gebracht; Sklaven, Troßknechte, Fußkämpfer aus an der Schlacht kaum beteiligten Einheiten und Männer der technischen Truppen, allesamt Drakon unterstellt, hatten die nötigen Dinge über den Fluß geschafft und dort unter Aufsicht der Heller begonnen, die Verwundeten zu versorgen. Ptolemaios sah, wie Drakon einen von Eumenes’ Schreibern festhielt.
»Du wirst die Liste der ruhmreichen Toten ergänzen müssen«, sagte er.
Philippos, Bindenschlangen um den Hals und allenthalben von Blutspritzern besudelt, ächzte leise. Drakon hob eine Braue und zog dann ein langes, glitzerndes Messer aus dem Gürtel.
»Hier, Junge. Du hast noch nicht alles gelernt.«
Dann wandte er sich ab und ging dorthin, wo Alexander neben ein paar Leichtverwundeten kauerte, mit ihnen sprach und lachte, sich erzählen ließ, welchen Heldentaten sie ihre Wunden verdankten. Philippos starrte einen Moment in den Himmel, bewegte lautlos die Lippen, betrachtete den langen Dolch. Ptolemaios verlor ihn für kurze Zeit aus den Augen; endlich kamen die Männer, auf die er gewartet hatte: der lange
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