Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Emes und ein weiteres Dutzend Hopliten aus der Taxis des Krateros. Auf Befehl des Königs sollte Ptolemaios mit Hilfe einiger Gefangener und unterstützt von eigenen Leuten die gefallenen Perser sammeln und sichten, die Edlen und die Schlichten trennen, die Namen der toten Führer verzeichnen und alle zur Bestattung vorbereiten. Krateros und seine Leute hatten erst spät in die Schlacht eingegriffen und waren nicht allzu erschöpft; außerdem konnte Ptolemaios sich darauf verlassen, daß Emes und die von diesem ausgesuchten Kameraden schlimmstenfalls die Hälfte der wertvollen Dinge einstecken würden, die ein beliebiger anderer Trupp hätte verschwinden lassen.
Aber für seinen Geschmack waren ohnehin zu viele Männer auf dem Schlachtfeld. Perdikkas ließ drüben an den Hügeln von Gefangenen und ein paar Makedonen die toten Söldner plündern, zusammentragen und eine riesige Grube ausheben. Drakon und Philippos mit anderen Heilern und Helfern kümmerten sich um die Verwundeten; Alexander, Parmenion und andere gingen umher und sprachen mit den Überlebenden; Hephaistion stand neben dem wachsenden Berg aus Waffen und Rüstungsteilen der gefangenen und gefallenen hellenischen Söldner und beaufsichtigte deren Bewachung und Versorgung. Ptolemaios unterdrückte ein Grinsen; die hochmütigen Edlen Hephaistion und Perdikkas hätten gewiß andere Tätigkeiten vorgezogen. Aber insgesamt ...
Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff, lang und schrill. Von den weit über zweihundert Männern, die auf dem Schlachtfeld umherwanderten, sich immer wieder bückten und dann weitergingen, zuckten viele zusammen und schauten herüber.
Erigyios, der langsam das Ufer entlangritt, trieb sein Pferd zu Ptolemaios.
»Ist was?«
Ptolemaios deutete allgemein über das Feld. »Kannst du dir ein paar Mann schnappen und all die zusammentreiben, die nicht Drakon oder mir helfen?«
Erigyios kniff die Augen zusammen. »Plünderer, was? Da wird gründlich gefleddert. Fehlt hinterher alles in der Kriegskasse. Ist gut; ich kümmer mich drum.«
Wenige Momente später entstand, wie aus dem Boden gestampft, eine Sperrmauer zwischen Schlachtfeld und Fluß; Erigyios hatte in der Nähe lagernde Thessalier aus Parmenions Kerntruppe aufgetrieben.
Erleichtert wandte sich Ptolemaios wieder seiner Aufgabe zu. Der persische Offizier neben ihm – aus der Leibwache des geflohenen Satrapen Arsites – weinte, als er aufgereiht nebeneinander liegende Gefallene abschritt. Er raufte sich die Haare und zerriß sein Brustgewand. Aus der Zeit, da Laomedon ihnen in der Verbannung Persisch beigebracht hatte, waren Ptolemaios genug Brocken geblieben, um sich mit dem Mann zu verständigen; nach und nach begriff er, was den Offizier so sehr erschütterte.
Es war nicht die Menge der Toten. Ein Gefallener ist ein schlimmer Anblick, zwei, drei, vier ebenfalls, und irgendwie wird es in der Wiederholung, nach der fünften oder sechsten Schlacht, nicht leichter für den, der sie anzufassen, auszuziehen und zu begraben hat. Aber die Menge vervielfacht das Entsetzen nicht. Bei Chaironeia und in Thrakien hatte Ptolemaios Schlimmeres gesehen, größere Leichenberge, auch gräßlichere Verletzungen. Es mochten vielleicht 600 gefallene Perser sein, die hier zusammengetragen wurden; Perdikkas’ Leute bei den Hügeln hatten fast 3000 tote Söldner zu verarbeiten.
Es war nicht die Menge; es waren die Namen und Gesichter. Die mit dem Großkönig verwandten Tausendschaftsführer Roisakes, Niphates und Petines. Spithridates, Satrap von Lydien und Ionien. Mithrobarzanes, Satrap von Kappadokien. Mithradates, Schwiegersohn des Großkönigs Dareios. Arbupales, Sohn des Dareios und Enkel des Artaxerxes. Pharnakes, Bruder der Gemahlin des Dareios. Omares, Führer aller Söldnertruppen im persischen Westheer.
Je länger die Liste wurde, desto deutlicher begriff Ptolemaios, was das wirkliche Ergebnis der Schlacht war. Die in Hellas unbesiegten, unbesiegbaren Reiter und Fußkämpfer, von Philipp und Parmenion zu einer wunderbaren Waffe geschmiedet, hatten ihre Unbesiegbarkeit in Asien bewiesen, geführt von Alexander. Die Verluste der Gegner waren geringer als in vielen Kämpfen mit vergleichbarem Einsatz – aber es war das einzige Heer zwischen dem Hellespont und Babylon. Von den fast vierzig Tausendschaften, die geflohen waren – neben den 2000 Hellenen hatte man kaum 500 Perser gefangen –, würden die meisten im Land versickern, heimkehren in die Küstenstädte, in denen man sie
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