Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Tiere in einem Halbkreis geführt und zur Rückkehr zum Granikos gezwungen wurden.
Parmenions Sohn grinste. »Du klingst gierig. Herakleitos sagte, Krieg sei der Vater aller Dinge. Gier muß die Mutter sein.«
Ptolemaios lachte. »Sehr schön, Philotas. Nebenbei – ich liebe diese Mutter; wenn ich die Augen behalten darf, werd ich da glatt zu Oidipus. Außerdem – was immer da zu finden ist, wir brauchen es.«
Philotas nickte und deutete auf die Karren. »Nach dem ersten Durchsuchen sieht’s so aus, als ob hier nur kleine Mengen Münzen wären. Kein Kriegsschatz. Wo mag der sein?«
»Wieviel Mann kann ich haben?«
»Reichen fünfzig?«
Ptolemaios hob die Schultern. »Muß wohl reichen. Schick mir noch ein paar, sobald du welche entbehren kannst.«
Philotas beugte sich zu ihm herüber und schlug ihm auf die Schulter. »Gutes Jagen!«
Sie galoppierten los, überquerten einen kleinen Fluß, folgten einem langgestreckten Hügelzug, kamen in ein grünes Tal mit niedergebrannten Häusern – einige rauchten noch – und jagten durch einen nicht allzu hoch gelegenen Paß. Von dort sahen sie, was sie gesucht hatten: einen weiteren Zug mit Karren und Packtieren. Die wenigen Berittenen, die ihn begleiteten, leisteten kaum Widerstand, als die Hetairenreiter sie umzingelten und den Zug anhielten.
Ein besonders prächtiger Karren, eher ein Schiff, mit acht Rädern und vier Achsen, gezogen von zwölf Pferden, erregte sofort Ptolemaios’ besondere Aufmerksamkeit und Zuneigung. Mit einigen Begleitern ritt er dorthin, befahl den drei Männern, die den Wagen lenkten, sofort abzusteigen, und ließ einen seiner Leute mit dem Schwert den schweren, bestickten Vorhang öffnen.
Innen war ein Palast, mit kostbar geschnitzten Möbeln und Truhen. Auf einem Lager aus unbezahlbaren, feinstgeknüpften Teppichen lag ein sehr fetter, alter, kahlköpfiger Mann. Er war in gelbe und schwarze Tücher aus Seide gewickelt und trug Ringe an sämtlichen Fingern und in den Ohren. In einer Hand hielt er einen wunderbar gearbeiteten Rankenkelch aus Gold, in der anderen ein halbes gebratenes Huhn. Zwischen seinen haarigen Beinen kniete eine nackte Sklavin, die sich mit Mund und Händen um sein Wohlergehen bemühte. Der fette Mann zeigte keinerlei Überraschung oder Empörung, als der Vorhang zerschlitzt wurde. Er knurrte etwas; das Mädchen kroch über sein rechtes Bein und verbarg sich hinter dem Teppichstapel. Beinahe freundlich wedelte er mit dem Huhn, hob den Kelch, trank Ptolemaios zu.
»Wie ersprießlich, auf der Straße liebenswerten Fremden zu begegnen«, sagte er. »Trübsinnig ist es, ja, und ohne jedes Ergötzen für einen alten Mann, allein zu reisen.«
»Wahrlich, sehr ohne Ergötzen.« Ptolemaios sprang vom Pferd auf den Palastkarren. »Überhaupt einer der trübsinnigsten Anblicke, die ich je sah. Wer bist du?«
Der fette alte Mann lächelte wieder und neigte das kahle Haupt. »Bagoas lautet der nicht erwähnenswerte Name. Fünfundsechzig Jahre habe ich vergeudet, ehe mir das Vergnügen ward, dein edles Antlitz schauen zu dürfen.«
Ptolemaios grinste, kratzte sich den Kopf und öffnete den Mund. Die Pferde, unruhig ob des Getümmels um sie her, machten plötzlich ein paar Schritte, ehe die Makedonen sie wieder zum Stehen bringen konnten. Der Karren rumpelte über einen Stein; Ptolemaios wäre fast gestürzt, konnte sich aber aufrecht halten, indem er nach dem kostbaren Tuch über sich griff. Es riß; blauer Himmel wurde sichtbar.
»Alt und brüchig, ohne jeden Wert«, sagte Bagoas. »Ich schulde dir Dank für die Güte, daß du mir die erbärmliche Beschaffenheit des Tuchs zeigst.« Er biß in sein Huhn; die Augen waren kalt und scharf. Ptolemaios nickte langsam und rief einen Befehl.
Der Palastkarren bewegte sich – ein Halbkreis, zurück nach Nordwesten.
»Es ist unziemlich, der Eile zu frönen, wenn man in guter Gesellschaft ist«, sagte Bagoas. »Laß mich teilhaftig werden deiner Honigstimme, edler Makedone. Habe ich vielleicht wesentliche Dinge vergessen beim Aufbruch heute früh?«
Ptolemaios grinste wieder. »Ich will den Honig meines Namens in dein Ohr ergießen, o würdiger Bagoas. Ptolemaios, Sohn des Lagos – damit ich nicht unhöflich erscheine.«
Bagoas nickte überaus freundlich. »Sehr zuvorkommend. Und welche Ehre. Jener Ptolemaios, von dem es heißt, sein richtiger Vater sei Philipp?«
Ptolemaios starrte ihn einen Moment fassungslos an.
Bagoas lächelte. »Eine unverdiente Ehre, wahrlich. Und –
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