Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
und sickerte zwischen die Holzbohlen.
Dann brachen die Mauern zusammen.
Über die Quadern, durch eine gewaltige Staubwolke hindurch, sprangen und rannten die Verteidiger. Sie waren schwer bewaffnet, und ihr Vorstoß wurde von Hunderten Bogenschützen gedeckt. Sie schleuderten Speere, kaum daß sie vor dem Hintergrund der schwelenden Lagerfeuer die Wachen erkannten. Tödlich trafen die heulenden Pfeile von der Mauer. Schwärme von Verteidigern begannen die Brokken und Quadern wegzuschleppen. Hinter der eingestürzten Mauer konnte man im fahlen, zuckenden Licht der Feuer und Fackeln und der hochzüngelnden Flammen der Belagerungstürme eine halbrunde, zweite, weiter zurückgesetzte Mauer sehen.
Als die ersten Zelte in Flammen aufgingen und die langen, geschliffenen Klingen der Sarissen blinkten, und als das Stampfen von schweren Schritten das Kommen der makedonischen Phalanx ankündigte, zogen sich die Verteidiger Schritt um Schritt zurück. Ihr Rückzug wurde von den verbliebenen Mauern und der neuen Sperre unterstützt, und aus dem Lager kamen die Befehle, die Belagerungsmaschinen mit dem Trinkwasser der Makedonen zu löschen.
Nur wenige Verteidiger, aber viele Angreifer lagen als dunkle Bündel auf dem zerwühlten Land.
Tagelang besserten Verteidiger und Angreifer die Maschinen und Mauern aus. Die Toten wurden begraben, und jeder, der das Geschäft des Krieges und der Belagerung kannte, sah die Zeichen: Es wurde mit mehr Wut, mehr Verbitterung gekämpft. Der Würgegriff der Eroberer schloß sich enger um Halikarnassos.
Einige Nächte später schritten Krieger aus der Taxis des Perdikkas, zwei völlig betrunkene Makedonen, durch einen Teil des riesigen Lagers. Sie galten als gute Kämpfer und als Freunde, die den letzten Trunk Wasser mit ihrem Nebenmann ebenso teilten wie die Wunden, die sie in zahlreichen Kämpfen empfangen hatten. Sie schrien und torkelten noch nicht; aber ihr Mut war ins Unermeßliche gewachsen. Schnell schlossen sich ihnen andere an, die nicht wußten, worum es ging. Die Krieger schafften es, den anderen und einer großen Menge von Männern, die sich um sie versammelten, einen Plan schmackhaft zu machen. Schnell verstreuten sich die Männer, bewaffneten sich und versammelten sich, außerhalb des Lagers. Sie wollten es denen von Halikarnassos zeigen – der neue Schutzwall sollte noch diese Nacht geschleift werden.
Hunderte Makedonen, viele von ihnen berauscht vom guten Wein. Außer ihren Waffen trugen sie Fackeln und Feuerbrände, die sie aus den Lagerfeuern herausgerissen hatten. Ein langer Heerwurm näherte sich dem riesigen Loch in der äußeren Mauer. Die Stille der Nacht wurde von den drohenden, dröhnenden Schritten der Makedonen, vom Waffenklirren und den heiseren Schreien durchbrochen.
Der Boden vor der Stadt war durch ein nächtliches Gewitter naß und tief geworden. Die Verteidiger zeigten sich nicht, als die ersten Krieger im nassen Schlamm ausrutschten. Sie ließen sich auch nicht blicken, als die Makedonen an der Mauer standen und versuchten, die mitgebrachten Leitern anzulegen. Als die Verwirrung der Angreifer den ersten Höhepunkt erreicht hatte, wagten die Verteidiger den Ausfall.
Sie kamen von überall.
Sie kletterten über Strickleitern von der neuen Mauer herunter, sie stürzten aus den schmalen, neuen Toren, sie schwangen sich an Seilen von den Auslegern des Katapults ebenso wie von den Türmen mit den Spuren der langen Belagerung. Zwischen den Kämpfern tauchten Bogenschützen auf und schossen auf die Makedonen. Die Pfeilschleudern tönten dumpf. Die Löffel der Katapulte hoben sich und ließen Steine auf die Angreifer prasseln. Der Gegenangriff, an dessen Spitze sich nach kurzer Zeit Memnon selbst setzte, trieb die Makedonen unter schweren Verlusten zurück. Mehr Fackeln wurden gebracht, und die Fläche unterhalb der Mauer verwandelte sich in eine tödliche Ebene.
Frauen und Männer aus Halikarnassos fluteten hinter den Kriegern nach draußen und schleppten die toten Angreifer in die Stadt. Diejenigen, die noch lebten, wurden erschlagen. Dann erst flammten die Fackeln in der Mitte des makedonischen Lagers auf. Hörner zerfetzten die Mitternacht. Befehle gellten, das Klirren der Waffen weckte auch diejenigen, die am tiefsten schliefen.
Schnell bildeten sich die Reihen der Hopliten. Vor den Sarissen, die senkrecht hochgestellt waren, rannte ein kleinwüchsiger Mann mit fliegendem Haar hin und her, dessen Befehle mit angsteinflößender Geschwindigkeit ausgeführt
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