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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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nur so wichtig?«
    Das Fest fand im Burghof statt. Über den Feuern, lange vor Sonnenuntergang angefacht, drehten sich halbe Ochsen, Lämmer, Ferkel und gemästete Vögel; Sklaven und Diener schleppten Näpfe und Schalen mit Obst, frischem und säuerlich eingelegtem Gemüse zu den Tischen. Es gab Berge von süßem Gebäck, Seen von Milch, Wasser, Wein und Säften, genug Brotfladen, um damit Thessaliens Senken auszulegen. Auf dem ersten Absatz der großen Treppe spielten Tekhnef und Dymas einige schnelle Tänze, folgten dann Antipatros’ Einladung und ließen sich an seinem Tisch nieder, während andere Musiker, Gaukler und ein keltischer Magier die Gäste unterhielten. Immer wieder blickte Dymas hinüber zur Königsmutter.
    Olympias mußte inzwischen vierzig Jahre alt sein, vielleicht auch etwas mehr, aber sie bewegte sich wie eine junge Frau. Das Alter hatte ebensowenig Spuren hinterlassen wie die Kämpfe und Ränke; oder wenn, dann waren diese Spuren getilgt, verkleidet, verschalt von der Kunst des Schminkens. In dem kurzen Gespräch mit ihr war es Dymas, wie er glaubte, durchaus gelungen, nichts von Bedeutung zu sagen; dennoch hatte er das Gefühl, von den Messern ihrer Augen entkleidet, ausgeweidet und in kleinste Stücke zerteilt worden zu sein.
    »Was für ein Weib«, sagte er leise, als er bemerkte, daß auch Tekhnef immer wieder zu ihr hinschaute.
    »Was für eine Hexe.« Antipatros gluckste. »Sie ist schön, nicht wahr? Fast noch hinreißender als damals, als Philipp sie von Samothrake holte. Aber ich kenne sie, und ich lobe dich, Dymas.«
    »Lob? Wofür?«
    Antipatros lachte. »Sie ist zornig; sie kocht vor Zorn. Wenn sie ein Misthaufen wäre und ihr Zorn Hitze, wäre dieser ganze Burghof unbewohnbar vor Drang, Gestank und Erstickung. Sie wollte vieles von dir wissen, und du hast ihr offenbar nichts gesagt. Wahrscheinlich zieht sie sich bald zurück.«
    Aber sie zog sich nicht zurück; sie blieb, um den Erzählungen des weitgereisten Knephalos zu lauschen, der von seinen Fahrten und Funden berichtete: ein langer, dünner Mann mit schütterem Haar, Sichelnase, blassem Bart und lebhaften Augen. Im linken Ohr trug er einen goldenen Ring, an dem er bisweilen zerrte, als ob er die gesamte Kopfhaut abstreifen wolle. Mit witzigen Abschweifungen und weiträumigen Armbewegungen erzählte er von drei Dirnen des Hafens Lindos, vom Sonnenaufgang über der gewaltigen Kriegsflotte, von den Phönikern im Dienst des Dareios, von seiner Fahrt nach Halikarnassos, wo er blieb, obwohl er weiter nach Norden hatte segeln wollen.
    »Aber da waren ja die anderen – nichts für ungut, edle Fürstinnen und Fürsten, ich meine euch, die Flotte der Verbündeten. Kein gutes Gewässer für Handelsreisende, nein nein.«
    Er berichtete von den wechselnden Stimmungen in Halikarnassos, von den Nachrichten aus dem Norden, von der Spaltung der Bevölkerung in Anhänger und Gegner der Perser. Von der Verblüffung, als man hörte, daß es der großen Flotte nicht gelungen war, Milet zu entsetzen – Milet, dessen Hafen von der viel kleineren Bundesflotte gesperrt wurde, die anzugreifen in dem engen Gewässer vor dem Hafen unmöglich gewesen wäre. Von der noch größeren Verblüffung, als man erfuhr, daß Alexander anschließend die Bundesflotte aufgelöst und heimgeschickt hatte.
    »Da wußten wir, daß wir es mit einem ebenso verzweifelten wie kühnen Gegner zu tun hatten. Um Vergebung, daß ich ›wir‹ sage; ich spreche aus der Sicht der Stadt.«
    »Wieso verzweifelt?« sagte einer der Offiziere.
    »Wenn er Geld und Zutrauen zu den Hellenen besäße, könnte er eine größere Flotte aufbieten. Beides fehlt ihm, Geld und Vertrauen; deshalb hat er die Hellenen heimgeschickt, mit ihren Schiffen. Und beschlossen, durch Eroberung der ganzen Küste die phönikische Flotte der Perser ohnmächtig zu machen. Wenn sie keinen Hafen mehr haben, nirgendwo Vorräte ergänzen oder Wasser finden können, sind sie nicht einzusetzen. – Und dann waren sie plötzlich da, vor Halikarnassos.«

    Die gnadenlose Hitze des achten Mondes hatte das Gras verdorren lassen. Viele Quellen waren versiegt. Am Tag und in den Nächten, in denen ein schwacher auflandiger Wind wehte, stank es rund um Halikarnassos nach faulendem Tang, nach Fisch und abgestandenem Wasser. Das Meer hatte sich in einen blauschimmernden Spiegel verwandelt, der das grelle Licht und die Hitze verdoppelte. Seit zehn Tagen leistete die Hafenstadt erbitterten Widerstand. Die Makedonen waren

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