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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Antipatros.
    Dymas fühlte sich verloren, nutzlos, zum Tode durch Ersticken in Seide oder Ertrinken in Jauche verurteilt. Er haßte Tekhnef, die ihn antrieb, und Antipatros, der ihn als Werkzeug gegen Olympias nutzte, und vor allem sich selbst, weil er Dinge geschehen ließ, statt sie zu bestimmen.
    Mit spröder Stimme sagte er. »Es gibt da noch einige Verse; sie sind unfertig, und es ist keinerlei Weisheit oder gar Weissagung darin. Nur ... Dinge, die ich empfunden habe.«
    Seine Finger machten sich selbständig; er schloß erneut die Augen, starrte nach innen, in einen bodenlosen Schlund aus Ängsten und verschüttetem Trotz. Die Finger spielten eine spöttische Tanzweise in den oberen Lagen; dann ließ er die metallbesetzten Kuppen abwärts gleiten, die Saiten ächzten und quiekten, durch Umkehr und Abwandlung wurde der Tanz zum feierlich-gequälten Totenlied.
    Der Hundsstern bellt. Erhaben ziehen Die Andren vorüber. Krios, der Widder des Ammon – ihm zieht man das Goldene Vlies
    über die Ohren. Minos und Mithras schlachteten Tauros; Knochen, mehr bleibt nicht von Knaben und Maiden im Labyrinth.
    Kastor und Polydeukes, die Didymoi, fuhren nach Osten, wo sie gespalten vergingen. Zerquetscht wurde Karkinos, als er mit seinen Krebsklauen schroff des Herakles Ferse verletzte.
    Leon der Mächtige, schmachvoll verendet am Dorn in der Pfote,
    sterbend zerfleischt er Kore die Maid, die ihm Heil bringen könnte,
    und Chelai, die Klauen von Skorpios, wie eine Waage ausgerichtet am Himmel, reißen sie vollends entzwei. Skorpios selbst, dessen Schwanz den gewaltigen Jäger bezwang, wird von den Pfeilen des Toxotes, der ihm folgt, überwältigt. Aber der Bogner stirbt auf den Hörnern des Bocks Aigokeros, der in dem Wasser verendet, das Hydrochöos vergießt. Ichthye schwimmen darin – als Aphrodite und Eros vor Typhon flohen, dem Drachen, entkamen sie ihm nur als Fische.
    Aber sie kommen nie mehr an Land, nie mehr zu uns Menschen,
    nur wie vom Tode berauscht ertrinken wir trunken in Liebe.
    Lieben, Schlafen und Sterben sind das dreiköpfige Dunkel, Kampf ist der hellichte Tag, bewußtlos das, was nicht Kampf ist.
    Licht im Dunkel, Stern in der Nacht oder logos im Chaos möchtest du sein, heller Heros, um Dunkel und Licht zu vermählen?
    Dann mußt du sterben, so wie vor dir die vergöttlichten Sterne. Widdergefäß, vom Stier gezeugt, von der Löwin geboren, tausendfach Kastor und Polydeukes in deiner Brust – Lehm oder Labsal, Hauch oder Brand für die Oikumene, ob du Skorpion wirst, ob Krebs, ob Bogner, ob Wasserträger: Tausende Lichter und Finsternisse in einer Amphore, Herr der zehntausend Wesen, Knecht der zehntausend Schrecken,
    Sonnenstern auf deinem Wappen, schwärzeste Nacht im Gemüt,
    Untergang im Sonnenaufgang suchst du; von Westen gekommen
    mußt du im Osten den Westen verfinstern, um Halbgott zu werden,
    dem die unsterblichen Götter Heimstatt am Himmel gewähren:
    Stern unter Sternen. Doch sind die Götter von Menschen erfunden,
    menschengleich. Wären wir Molche, kröchen die Götter in Höhlen.
    Sterne sind glühende Schlacke, öde ist der Olymp, sicher sind nur dein Untergang und die Verfinsterung aller. Der Drache Mond, den du träumtest, hat deine Sterne verschlungen;
    er scheidet Nacht aus, die bald schon in deiner Seele versickert. Besser tritt sengend und klaffend dem Hundsstern bei, als Geselle.
    Antipatros sagte, langsam und gewichtig:
    »Ist es so? So könnte es sein. Man sollte sich ... vorsehen.«
    Medios kicherte – ein hämisches Greisenkichern, ein häßliches Geräusch. »Mag sein – mag sein. Du solltest die Vorwerke verstärken und die Mauern bemannen, Freund.«
    Dymas öffnete die Augen, wie aus einem Albtraum erwachend. Tekhnef betrachtete ihn nachdenklich; in ihren Augen las er Fragen, eine Spur von Ermunterung, eine Andeutung – eine verhallende Erinnerung? – von Liebe.
    Der Platz, auf dem Olympias gesessen hatte, war leer.

5. DER AUFTRAG DES LAGIDEN
    Eher zerstreut überflog Peukestas die nächste Rolle, auch sie von Dymas beschrieben; die Ansichten des Musikers, an den er sich von mehreren Begegnungen her erinnerte, mochten unter anderen Umständen fesselnd sein, ebenso seine wirren Erlebnisse. Ein langer Blick auf Aristoteles, der immer mehr zerfiel oder – Peukestas suchte nach einem Vergleich; ein altes, einst kostbares, nun fadenscheiniges Tuch, zu oft zu heiß gewaschen, ausgefranst und eingelaufen. Die Umrisse des Schädels schienen von innen Haut und Fleisch zu

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