Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Er wies auf die unübersehbare Menge der Schiffe – große und kleine Ruderboote, Frachtsegler, Lastkähne, zwei oder drei halbwracke Kampfschiffe undeutlicher Herkunft. »Dieses dumme Volk vertreibt die Fische. Schwer genug, sie dazu zu kriegen, daß sie wenigstens eine schmale Ausfahrt für die Fischer freilassen. Was willst du?«
»Goldene Fischaugen loswerden, die mich beschweren. Grüße von einem Fischhändler aus Korinth bestellen.«
Paralos blinzelte. »An wen etwa?«
»Er meint, du wüßtest, ob hier in letzter Zeit jemand ein Seepferd gezähmt und an eine Palme gebunden hat.«
Paralos seufzte und hielt die offene Hand hin; Ptolemaios zog zwei goldene Dareiken aus dem hohlen Gürtel und legte sie in die rissige Pranke des Fischers. Der Gegenwert von vierzig Drachmen – mehr als ein Mond des Arbeitens und Verdienens. »Und dies, wenn wir wieder zurückgekommen sind.« Er zeigte dem Fischer eine weitere Münze, ebenfalls aus Gold; auf einer Seite war eine Palme zu sehen, auf der anderen der Kopf eines Pferds.
Paralos knurrte etwas; dann sagte er: »Guter Landwind; Aufbruch.«
Ptolemaios wandte sich zum Ufer und gab das vereinbarte Zeichen; Emes winkte zurück.
Sie fuhren hinaus, zwischen den anderen Schiffen, in den Sonnenuntergang. Ptolemaios ließ seinen nassen Chiton vom Abendwind trocknen und trank ein paar Schluck aus der Lederflasche, die Paralos ihm reichte. Als es dunkel geworden war, flaute der Wind ab. Seufzend ergab Ptolemaios sich in sein Los, ergriff den Riemen, auf den Paralos deutete, und begann zu rudern. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren und war nur noch Keuchen und Muskelkrampf, als der Fischer das Rudern einstellte und voraus deutete.
Unter dem Licht des abnehmenden Mondes und der Sterne trieb eine dunkle Masse auf dem glatten Wasser: fünf schwere Kampfschiffe mit je drei Ruderdecks – Trieren, so dicht nebeneinander, daß sie wie ein einziger Schiffskörper wirkten. Der Junge, der das Schiff wortlos gesteuert hatte, schlug Feuer, zündete ein Öllicht an, hob es und schwenkte es im Halbkreis. Jemand an Bord des nächsten Schiffs brüllte etwas; Paralos brüllte etwas zurück. Ptolemaios verstand nicht eine Silbe.
Abermals Gebrüll von der Triere. Paralos knurrte und griff wieder zum Riemen; ein paar Schläge und die geschickte Steuerung durch den Jungen brachten das Fischerboot längsseits; von oben – Ptolemaios mußte den Kopf in den Nacken legen, um die Bordwand der Triere hinaufschauen zu können – warf jemand ein Seil. Paralos schlang es um den Mast und wies mit dem Kopf auf die Strickleiter, die von der Triere abgelassen wurde.
Wie in einem Traum, den ein anderer träumt, stieg Ptolemaios die Leiter hinauf. Oben wartete ein Mann in hellem Chiton, mit ledernem Brustschutz; auf der linken Schulter glitzerte eine Spange. Er trug einen dunklen Vollbart und hatte Ringe in beiden Ohren. Sein Hellenisch war gut, die kehlige und trotzdem weiche Aussprache gehörte in den fremden Traum.
»Was willst du und wer bist du?«
Ptolemaios sah sich um, ehe er antwortete. Die während des Einsatzes verschlossenen Sitzschächte der Ruderer – Luken und Wandelgänge bildeten dann ein glattes Kampfdeck – waren hier und da offen; die Männer aller drei Ruderdecks lagen unter dem Sternenlicht und schnarchten; einige, vermutlich durch das Gebrüll geweckt, hatten die Köpfe gehoben und blickten herüber. Im Bug und unter dem erhöhten Achterdeck glitzerten die Waffen und Rüstungsteile der zur Besatzung gehörenden Fußkämpfer; auf dem Achterdeck, beim Schuh des nicht umgelegten Masts und vorn oberhalb des Rammsporns standen Posten. Ptolemaios bedachte, daß die Ruderer keine Sklaven waren, auch nicht wie bei den Hellenen oder Makedonen besoldete Ruderkämpfer, sondern so etwas wie hetairoi, die besten Söhne der mächtigen Stadt im Westen. Einen Moment lang fühlte er sich wie unter fremden Brüdern; dieser unsinnige Gedanke half ihm aus dem seltsamen Traum zurück in die Wirklichkeit der silberschwarzen Nacht.
»Ein makedonischer Pferdehändler will von Palmen reden und Adherbal schmähen.«
Der Offizier grinste knapp. »Warten.« Er wandte sich um und ging zum Achterdeck, sprach mit einem Mann, den er offenbar zunächst wecken mußte, ging dann zur anderen Schiffsseite und redete ins Dunkel. Nach einiger Zeit kam er zurück und führte Ptolemaios vorbei an den Schläfern zur entfernten Bordwand, etwa in Höhe des Masts. Lose, leise knirschende Bretter waren dort verlegt; mit
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