Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
hinter seinen Tisch und fletschte die Zähne. »Edle und verwegene Gedanken, Makedone, sowie Glück helfen nicht aus derartigen Klemmen. Wir werden ein paar häßliche Dinge tun müssen.«
Ptolemaios hob die Schultern. »Das kennen wir doch; die Ränke der edlen Häuser Makedoniens ... Wie häßlich?«
»Parmenion kennt Charidemos und ein paar seiner wichtigsten Leute; außerdem kennt er die Dinge und die Menschen und hat keine falschen Träume, was die Schlechtigkeit des Kosmos angeht. Er hat einen Teil entworfen; Alexander hat zugestimmt. Ich werde es dir erzählen, wenn du von deiner Reise heimkehrst.«
»Reise?«
»Solltest du den falschen Leuten in die Hände fallen, wäre es nicht gut, wenn du noch mehr wüßtest; du weißt ohnehin zuviel. Du wirst ein paar Begleiter aussuchen und auf der Königsstraße nach Sardeis, von dort nach Ephesos reisen – so schnell es geht.«
Ptolemaios holte tief Luft. »Was soll ich dort tun?« Seine Stimme war belegt.
Demaratos zögerte; langsam sagte er: »Diesen Teil, Freund, hat Alexander beigetragen. Erdacht. Ich, das heißt, du und ich, wir werden ihn ausführen. Es ist sehr häßlich, und sehr kühn. Ich wäre nicht im Traum darauf gekommen – obwohl es naheliegt, aber ...«
»Sprich!«
»Alexander wies darauf hin, daß neben Persien, Hellas und Makedonien noch ein Spieler mit am Würfeltisch sitzt. Ein wichtiger Spieler, an den keiner von uns gedacht hat.«
»Nun sprich doch endlich!«
Demaratos sprach, und Ptolemaios war sprachlos.
Die Hetairen Ophellas und Sakadas, der lange Emes und fünf von ihm ausgewählte Hopliten – Fußkämpfer, aber gute Reiter – und Ptolemaios jagten nach Westen. Alle waren bewaffnet, wie reisende Händler, trugen aber keine Rüstungen. Das Päckchen mit Kräutern, vom König selbst zusammengestellt, das Alexander ihm beim Aufbruch gegeben hatte, steckte in einem Lederbeutel, den Ptolemaios um den Hals trug, unter dem Brustgewand. Am zweiten Tag holten sie Hegelochos, Amphoteros und Proteas ein, die mit ihren zahlreichen Packtieren nicht so schnell reisen konnten. Am fünften Tag ritten sie durch einen Engpaß; mitten in der Schlucht, im Schatten spitzer Felsen, lag ein Baum auf der Straße. Sakadas sah ihn zu spät, konnte sein Pferd nicht mehr zügeln, wurde vornüber geschleudert, als das Tier kreischend gegen das Hindernis prallte, und blieb mit gebrochenem Genick liegen. Einer der Hopliten starb mit einer Miene der Verwunderung, die Finger am Schaft des Pfeils, der ihm die Kehle durchbohrte. Beide blieben unbestattet, wie die acht Wegelagerer, die der Kampfkraft und dem Zorn der vermeintlichen Händler nicht gewachsen waren. Ihre Pferde und das des Hopliten ließen sie laufen, Ophellas erlöste das Reittier des toten Hetairen von den Schmerzen zweier gebrochener Beine und vom Leben; die Geldbeutel der Räuber – und der toten Kameraden – nahmen sie an sich.
In Sardeis erhielten sie frische Pferde und einige Ratschläge von Asandros, der kurz zuvor die Besatzung in Ephesos hatte verstärken lassen. Sie wichen daraufhin von ihrer geplanten Strecke ab und erreichten Notion, den Hafen der Stadt Kolophon, an einem schwülen Spätnachmittag. Ptolemaios, Emes und ein Hoplit begaben sich sofort zum Hafenmarkt; Ophellas und die übrigen blieben bei den Pferden in einem Gasthaus vor den Mauern.
Die Hafenbucht von Notion war gewissermaßen getäfelt; zahllose Schiffe ankerten hier, um kriegerischen Verwicklungen zu entgehen.
Ptolemaios fragte nach dem Fischer Paralos und wurde zu einem kleinen Schiff gewiesen, das in Ufernähe bereitlag zum Aufbrechen.
Emes und der andere Krieger blieben am Strand; Ptolemaios watete durchs flache Wasser zu dem einmastigen Küstenboot hinaus. Unmittelbar neben dem Schiff reichte ihm das Wasser bis über den Nabel. Der alte Mann, der mit einem Jungen – vielleicht sein Enkel – sandgefüllte Ballastkörbe trimmte und dabei durch die wenigen verbliebenen Zähne pfiff, warf ihm einen ausdruckslosen Blick zu, als er eine Hand auf die Bordwand legte.
»Bist du Paralos der Fischer?«
»Jedenfalls nicht Paralos der Zeuspriester. Was willst du?«
Ptolemaios schlug mit der flachen Hand aufs Wasser. »Darf ich an Bord kommen?«
Der Alte richtete sich auf. »Ich will gleich raus; wenn du mich nicht aufhältst...«
Ptolemaios stemmte sich hoch und kroch über die Bordwand. »Willst du Nachtfische fangen, mit golden zwinkernden Augen?«
Paralos verzog das Gesicht. »Wenn es davon nur mehr gäbe ...«
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