Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
beiden wichtigsten sind im Moment bei Nearchos und Antigonos; sie versorgen uns mit Botschaften, halten uns gleichzeitig mit dem Schwert den Rücken frei. Ich werde nicht ewig leben; das ist allein dadurch erwiesen, daß bisher keiner nicht gestorben ist. Deshalb, und weil es nie genug gute Leute geben kann, suche ich immer wieder nach Männern, die mir heute helfen und morgen ohne mich allein weitermachen können.«
»Warum ich?«
Demaratos schob das Kinn vor und deutete auf den jungen Makedonen. »Du, Ptolemaios, Sohn des Lagos, hast in Illyrien von Laomedon ein wenig Iranisch gelernt, nicht wahr? Der König, dein Jugendfreund, hat dich geprüft; du kannst Latrinen und Küchen leiten und eine Tausendschaft gegen eine Bergfestung führen. Die Männer, die dir untergeben sind, lieben dich, weil du sie als deinesgleichen behandelst und Tugend der Anmaßung vorziehst. Perdikkas ist der bessere Truppenführer; aber er hat eine Taxis. Ebenso Krateros. Hephaistion mag den schärferen Verstand haben, aber er verwendet ihn nur im Gespräch mit Alexander. Du bist – noch – nicht gut genug, um eine Taxis zu führen; oder vielleicht bist du gut genug, aber es ist keine Taxiarchenstelle frei. Für die Latrinen und andere ähnliche Dinge bist du zu gut, zu schade. Du bist in einer edlen Familie aufgewachsen, kennst seit deiner Kindheit die Scheußlichkeiten der Politik; mit deiner krummen Nase und deinem treuherzigen Blick wirkst du so, als ob du dich niemals verstellen könntest. Du bist klug genug, um meine Rede zu durchschauen und Absichten dahinter zu vermuten, aber dumm genug, mein Geschwätz über dich trotzdem für schmeichelhaft zu halten. Kurz gesagt, du bist geeignet.«
Ptolemaios lachte laut. »Danke, danke; was hast du mit mir vor?«
Demaratos blickte ihn lauernd an. »Wer sind meine besten Helfer – hier und jetzt?«
Ptolemaios runzelte die Stirn. »Deine Helfer? Was willst du hören – Namen, Ämter, Aufgaben?«
Demaratos schnaubte; er wirkte ein wenig ungeduldig. »Komm, benutz deinen Verstand.«
»Du bist der alte Korinther Demaratos, Gastfreund des Königs. Daß du die Kundschafter leitest, wissen nur wenige. Hmf. Wer hilft dir dabei?« Ptolemaios starrte an die häßliche, brüchige Decke. »Laomedon? Er ist zuständig für die Gefangenen; er wird sie wohl auch verhören.«
Demaratos nickte. »Weiter.«
»Leonnatos und Seleukos? Von Alexander immer wieder mit politischen Aufgaben betraut – auch von dir?«
»Weiter!«
»Eumenes, als Sammelstelle aller wissenswerten Tatsachen? Harpalos, weil er das Geld hütet und zu mehren versucht, die geheimste aller Tätigkeiten?« Er grinste.
Demaratos nahm seinen unterbrochenen Vor- und Rückmarsch wieder auf. »Nicht schlecht. Und jetzt hör zu. Es gibt da einige Meldungen ... Wahrscheinlich laufen längst Gerüchte um, aber das ganze Bild muß im Moment unter uns bleiben. Alexander ...«
»Kennt er es?«
»Das ganze Bild?« Demaratos grunzte. »Mein junger Freund, hier geschieht nichts, was Alexander nicht wüßte.«
Dies war das Bild, das er Ptolemaios mit Worten malte, und je weiter es Gestalt annahm, desto kälter schien der Raum zu werden.
Kleandros, einer der Hetairenführer, hatte die Neuvermählten nach Makedonien begleitet und war von Pella südwärts geritten, durch ganz Hellas, bis zum Vorgebirge Tainaron im Süden der Peloponnes, wo sich arbeitsuchende Söldner aufhielten und anwerben ließen. Er hatte kaum Söldner auftreiben können, wohl aber erschreckende Nachrichten. Dareios hatte endlich seinen besten Mann, Memnon aus Rhodos, zum obersten Strategen des Westens gemacht und mit Vollmachten und Geld ausgestattet. Memnon ließ Söldner werben; Memnon schickte Botschafter in alle wichtigen Städte; Memnon unterstützte alle, die unterstützt werden konnten, mit persischem Silber und Gold. Memnon verfügte über die von phönikischen Städten gestellte persische Flotte, mehr als 300 Kampfschiffe. Agis, König von Sparta, bereitete die Erhebung des südlichen Hellas gegen Makedonien vor; sein Heer war in den letzten Monden verdoppelt worden; seine Flotte – fast 200 Schiffe – sperrte die Zufahrt nach Tainaron für alle, die nicht wie er gegen Makedonien waren. Athen hatte im Schatten der Ereignisse seine Flotte auf fast 400 Schiffe vergrößert. Sparta, Athen, Boiotien, sogar Teile des alten makedonischen Verbündeten Thessalien warteten nur auf das Zeichen. Memnon ging gründlich vor, besetzte von Süden nach Norden die Inseln vor der
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