Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
halblaut, »sie weinen nicht aus Angst vor dem, was sie erwartet, sondern aus Trauer – vielleicht auch Empörung, wer weiß. Trauer sicher; sie haben seinen Wagen gesehen, seine Rüstung und seinen Schild. Ich dachte, sie sollten das haben ...«
    »Du sprichst Persisch, Leonnatos?«
    Leonnatos nickte.
    »Gut.« Alexanders Wangenmuskeln zeichneten sich deutlich ab. »Geh zu ihnen. Sag ihnen von Alexander, daß Dareios geflohen ist, daß er aber lebt, soweit wir wissen. Wir haben ihn weder lebendig gefangen noch tot aufgefunden. Sag ihnen auch, sie haben nichts zu befürchten; sie behalten ihre Diener und ihren Besitz und werden behandelt als königliche Gäste.«
    Leonnatos ging; Parmenion rümpfte die Nase und wandte sich an den König.
    »Wann?«
    Alexander seufzte. »Übermorgen.«
    Parmenion nickte.
    Kallisthenes hob die Hand. »Worüber redet ihr da?«
    Ptolemaios stieß ihn an. »Damaskos«, sagte er leise. »Die Schätze, die Waffen, die Festung, die die Wege zwischen Babylon, Ägypten und den nordwestlichen Ländern hütet. Klar, dummer Hellene?«
    Leonnatos kehrte zurück. Das Weinen im anderen Zelt war leiser geworden, ohne jedoch zu enden. »Ich habe es ausgerichtet, aber ich fürchte, sie glauben mir nicht.«
    Alexander ächzte und setzte sich auf. Hephaistion glitt von seiner Kline und stand neben ihm, half ihm auf die Beine.
    »Wir gehen beide«, sagte Alexander; er stützte sich auf die Schulter des Freundes, biß die Zähne zusammen und verließ aufgerichtet das Zelt. Kallisthenes folgte, ebenso Laomedon und Demaratos. Sklaven oder Diener, darunter ein grauhaariger Perser mit feinem Gesicht und straffer Haltung, gingen ihnen voraus, öffneten das Frauenzelt; der Grauhaarige sagte etwas auf Iranisch.
    Im Hintergrund des reichen Zelts stand verschleiert die Frau und Schwester des Großkönigs, Stateira, von der man sagte, sie sei die schönste Frau Asiens. Sie hatte die Arme um ihre Kinder gelegt, zwei Töchter und den Sohn. Sisygambis, die Mutter des Dareios und der Stateira, trug schlichte helle Trauergewänder und hatte ihren Schmuck abgelegt. Ein weißes Tuch verhüllte das Haar; nur das Gesicht war zu sehen, und im Gesicht vor allem die großen schmerzvollen Augen. Sie blickte Alexander an, dann Hephaistion; beide trugen nur neue weiße Chitone. Alexander hatte das Zelt als erster betreten, wie ein Herold; Hephaistion war stattlicher und kam als zweiter.
    Sisygambis warf sich vor ihm auf den Boden, berührte seine Füße und murmelte etwas, das in einem trockenen Schluchzen unterging.
    Hephaistion, sichtlich verlegen, deutete auf Alexander; der Grauhaarige sagte noch einmal etwas auf Iranisch.
    Sisygambis schaute zu Alexander auf; in fast makellosem Hellenisch sagte sie: »Verzeih meinen unverzeihlichen Fehler, großer König.«
    Alexander lächelte, beugte sich vor, reichte ihr die Hand und zog sie hoch. Er legte den Arm um Hephaistions Schulter. »Sorg dich nicht, Fürstin. Auch er ist Alexander.«
    Mehrere Atemzüge lang sagte niemand etwas. Alexander und die Königsmutter sahen einander in die Augen; langsam hellte sich Sisygambis’ Gesicht auf. Auch Alexander wirkte gelöster.
    Der Grauhaarige trat einen halben Schritt vor. »Dies, o edler König, ist die Mutter des Großkönigs. Da ihr Hellenen, und ich bitte um Vergebung, unsere Namen nicht aussprechen könnt, wie sie ausgesprochen werden sollten, will ich euch sagen, daß ihr Name auf Hellenisch Sisygambis lauten müßte. Aber ...«
    Alexander unterbrach ihn mit einer knappen, unmißverständlichen Handbewegung: als schnitte er etwas ab.
    »Wir brauchen dich hier nicht; geh hinaus und zähl die Sterne.«
    Dann wandte er sich zu Sisygambis. »Überaus edle Tshissagambysh« – er lächelte sanft –, »du wirst uns und vor allem mir eine große Ehre erweisen, indem du unsere Gastfreundschaft annimmst. Du, deine Tochter und deine Enkelkinder. Ich habe befohlen, euch nicht wie Gefangene, sondern wie königliche Gäste zu behandeln. Als Sohn einer Königin bedaure ich zutiefst die Handlungsweise des zweifellos edlen Darayava’ush, der seine Mutter und seine Frau mit den Kindern zurückgelassen hat. Als König preise ich mich jedoch glücklich, denn es ist eine seltene Ehre, solch edle Gäste bewirten zu dürfen.«
    Sisygambis machte eine kaum vernehmbare Verbeugung. »Ich danke dir, Herr der Makedonen. Aber sag mir – was weißt du vom Schicksal meines Sohnes?«
    Alexanders Gesicht verfinsterte sich. »Er ist geflohen. Um schneller fliehen

Weitere Kostenlose Bücher