Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
löste selbst Rüstung und Chiton und sagte dabei versonnen, fast verträumt:
»Das also heißt es, König zu sein.«
»Und das heißt es, König zu bleiben.« Kallisthenes schnippte mit den Fingern; sechs makedonische Hopliten mit Helm, Brustschutz, Beinschienen, Xyston und Kurzschwert traten aus schattigen Winkeln hinter Stoffbahnen hervor, legten die Faust aufs Herz und zogen sich leicht grinsend wieder zurück.
Peukestas, unauffällig verschwunden, erschien wieder; ihm folgte Alexanders Freund und Arzt Philippos, der die Wunden des Königs reinigte, die Wasserwärme prüfte, während des Bads von Verletzungen und Heldentaten einzelner Männer sprach und nach dem Bad Alexanders Wunden behandelte, ehe er ihn (und Hephaistion) den feinen fetten Fingern des Salbmeisters von Dareios überließ.
Auch das große Zelt war mehr als prunkvoll; es war ein Königstraum. Auch hier dicke vielfarbige Teppiche, auf denen die Berater, Offiziere und Freunde Alexanders barfuß gingen, nachdem sie zunächst mit einem Grinsen oder Mienen des Unbehagens Fußwaschungen durch unterwürfige Sklaven erduldet hatten; auch hier geschmückte Wände, Gold und edle Steine. Zwischen den Klinen – gepolstert und mit schweren Stoffen belegt – standen keine klapprigen Tischchen, sondern schwere dunkle Gestelle mit hellen Einlegearbeiten (Laomedon, der sich besser auskannte als die meisten, sprach von Elefantenbein); auf ihnen türmten sich goldene und silberne Platten mit süßem Gebäck, eingelegten und mit durchsichtigem Zucker überzogenen Früchten, köstlich gewürzten Fleisch- und Teigspeisen. Überall liefen Sklaven herum und gossen aus goldenen und silbernen Krügen wohlschmeckende, duftende Weine in Becher, die silberne Bäumchen oder goldene Tierköpfe waren, mit getriebenen Ranken, mit Früchten oder Augen aus funkelnden Steinen.
Auf diesen Liegen fläzten sich Makedonen mit blutigen Gewändern; aus diesen Bechern tranken sie, von diesen Platten und Schalen aßen sie. Auf Eisenbecken, gefüllt mit Holzkohle und Weihrauch, lagen von unten erhitzte Roste, auf diesen dünne Zedernstäbchen. Säulen aus vergoldetem Holz verzweigten sich zu drei, fünf oder sieben Armen mit feinstens nachgebildeten Fäusten, die aus Kien- und Zedernholz geformte Fackeln mit eingeschlossenen Weihrauchkügelchen trugen. Auch hier, auf kostbaren Ständern oder schweren Truhen, die vielfarbigen Öllampen, die alles mit unwirklichen Lichtspielen überzogen und jedem zahlreiche Schatten verliehen.
Asiatische und hellenische Musiker, Gaukler und Feuerschlucker, biegsame Tanzmädchen unterhielten sie während des Mahls. Alexander mußte heftige Schmerzen haben; ihm war jedoch nichts anzumerken. Allerdings trank er ausnahmsweise Wein, auf Zureden von Philippos. Viele der anderen schliefen auf den Klinen ein, oder sie verabschiedeten sich vom König und wankten erschöpft in ihre Zelte. Als es später und leiser wurde, hörte man zunächst schwach, dann immer deutlicher Frauen weinen.
Irgendwann richtete Alexander sich von der Liege auf und hob die Hand. »Was ist das? Diese Klagen?« Er versuchte aufzustehen, faßte an den verbundenen Oberschenkel und sank zurück.
Laomedon räusperte sich; sein Gesicht war betont ausdruckslos. »Die Mutter, die Frau und die Kinder des Großkönigs. Wir haben ihre feinen Zelte neben deinem aufgebaut.«
Alexander starrte ihn an, als hätte Laomedon eben behauptet, Arabiens Wüsten bestünden aus Käse. »Wer ist das?«
Parmenion schnaubte. »Du hast richtig gehört. Die wichtigen Dinge hat er nach Damaskos geschickt – den Schatz und die schwere Ausrüstung. Heute, bei seiner Flucht, hat er ein paar unbedeutende Kleinigkeiten zurückgelassen. Mutter, Frau, Kinder.«
Alexander sah aus, als ob er sich übergeben müsse. »Er hat was zurückgelassen? Mutter, Frau und Kinder?«
»Unfaßlich, nicht wahr? Und noch ein paar andere Sachen. Dieses karge Zelt, zum Beispiel. Und ein bißchen Gold und Silber, Münzen und Gefäße – und andere Frauen, zum Vergnügen unserer Männer ...«
Leonnatos deutete auf die Zeltwand, aus der die Klagelaute zu kommen schienen. »Wir wußten nicht so recht, wohin mit ihnen. Deine Beute, Alexander. Wir können sie ja nicht einfach zu den gefangenen Kriegern stecken.«
Alexander fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Man kann eine Schlacht verlieren und Herrscher bleiben. Aber das ... Er hat kein Recht mehr, sich Herr über was auch immer zu nennen.«
»Ich glaube«, sagte Laomedon
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