Alexander
Truppen; die Ansprache, die er ihnen zurief, war begeisternd. »Diese Schlacht«, verkündigte er und hob klirrend den Arm, »ist unsere letzte bei unserem Ringen und Werben um Asien. Es geht nicht mehr um den Besitz Syriens oder Ägyptens, es geht um die Herrschaft über den unendlichen Orient!«
Er war so schön, daß sie sich zuflüsterten: diesen habe kein Sterblicher gezeugt, das Gerücht müsse wahr sein, ihr König sei des geheimnisvollen Zeus – Helios Sohn.
Das gegürtete Oberkleid, das er trug, war von sizilianischer Arbeit; darüber, der linnene Doppelpanzer, bei Issos erbeutet. Der Helm von Eisen schimmerte wie reinstes Silber, auch der eiserne Halskragen, mit Edelsteinen besetzt. Das kurze Schwert, hart, leicht, gefährlich, ein Geschenk des Königs vonCypern. – Alles an ihm war ein Funkeln. Die Truppen dankten seiner Schönheit, indem sie jubelten, da sie für ihn sterben sollten.
Drüben hatte Dareios seine letzte Macht aufgeboten; man wußte, daß aus den entlegenen Satrapien seines Reiches mehr als eine Million Menschen zusammengekommen waren, 40.000 Pferde, viele hundert Streitwagen, die mit blitzenden Sensen fürchterlich wirkten. Mit ihren Herren waren baktrische und sogdianische, turkestanische, medische, gedrosische und persische Scharen eingetroffen.
Was den Truppen Alexanders hier gegenüberstand, war nicht mehr eine Armee gemieteter Söldner, es war Volksheer; freilich schien, der es führte, ermattet, schon ehe der Kampf begann. Während der Mazedonenkönig den Jubel seiner Soldaten empfing, die er seine Kameraden nannte, ritt Dareios, von den Fürstlichkeiten begleitet, seiner Truppen endlose Reihe ab. Sie wagten nicht zu jubeln, sein Prunkkleid blendete sie. Stumm und in ihr Schicksal ergeben, füllten sie die ebene Landschaft, als seien sie für nichts anderes bestimmt, bis hinüber zum Horizont.
Der Großkönig sagte Worte, die ermunternd sein sollten; aber die wenigsten kannten seine Sprache, sie verstanden ihn kaum. Sie hielten, schicksalergeben und blöd wie das Schlachtvieh, ihre fremden Gesichter hin; lange Reihen gelber Gesichter; lange Reihen schwärzlicher, kaffeebrauner. Schlachtviehgesichter mit starken Backenknochen, Schlitzaugen, zottigen kleinen Bärten; andere mit Wulstlippen und traurig golden schimmerndem Blick.
Dem Dareios verging der Mut zu weiterer Ansprache; er wandte sich und blickte hilfesuchend seine Generale an. Bessos, Satrap von Baktrien, böser kleiner Geselle mit durchdringenden Augen, ergriff für ihn das Wort: er schmetterte schneidige Redensarten über das Menschenmeer hin, das unbewegt blieb. Dareios schaute traurig dazu; wenn sein Offizier besonders siegesgewisse Sätze schleuderte, nickte er mit dem schweren Kopf melancholisch Bestätigung.
Die Mazedonen griffen mit Besessenheit an, der Zustand, in dem sie sich befanden, war Raserei und Verzückung. So glühend hatten sie ihren Alexander noch nie geliebt. Es gab auf Erden keinen anderen Wunsch mehr, als in seiner Nähe zu sterben.
Mit dem triumphierenden Alala!, den vorstarrenden Spießen überrannten sie das persische Zentrum, dann den linken Flügel; am rechten hätte Parmenion, der sich lahm und apathisch befand, beinah alles verdorben. In entscheidendem Augenblick, da Alexander mit seiner Elite schon hinter dem planlos fliehenden Großkönig selber drein war, kamen die atemlosen Abgesandten des schläfrigen alten Generals: Parmenion brauche Hilfe, sonst sei alles verloren. Alexander antwortete schroff und nervös: ob der Alte wahnsinnig sei, daß er glaube, mitten im Kampf könne das Zentrum Kräfte entbehren?
Trotzdem sandte er sie; inzwischen war der Großkönig über alle Berge.
Die Stadt Babylon, Nabel des Orients, Beherrscherin der aramäischen Tieflande, Winterresidenz des Großkönigs, übergab, nach dem beispiellosen Sieg von Gaugamela, der Satrap Mazaios dem Mazedonenkönig ohne einen Schwertstreich. Mit Blumengewinden erwarteten ihn vor der Mauer die ältesten Bürger der Stadt, sowie die reichsten; bei ihnen, auf ihren bunten kleinen Eseln, die Chaldäer von Borsippa, welche die Zukunft kennen.
Sie zogen durchs Ischtartor, die mit Tierbildern geschmückte Prozessionsstraße zum Palaste, der sie mit schwarzen Statuen feierlich erwartete. Um sie herum: nichts als Blumen und das verantwortungslose Freudengeheul der Menge, die den neuen Herren begrüßte. Die Weiber reckten sich auf die Zehenspitzen und winkten verliebt; sie sahen, daß von diesen Soldaten viele sehr schön
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