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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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machen und schuf ihm, was seinem Leben erst Sinn und Köstlichkeit gab.«
    Auch Hephaistion lachte, sanft und gerührt. Kleitos erzählte weiter.
    »Leider hatte Enkidu manchmal häßliche Traume; er konnte sich wohl an das Stadtleben, das üppig war, nicht ganz gewöhnen. Sie opferten, damit es besser würde, dem Sonnengott Schamasch, indem sie in einen Napf aus rötlichem Gesteine Honig, in eine Schale aus Lapislazuli Butter füllten und die Sonne beides auflecken ließen. Doch die Gottheit ließ sich nicht abspeisen, sie verlangte von ihnen ein Abenteuer. Sie sollten, wurde gefordert, den Unhold Chumbaba töten, der am Götterberg im Zedernwalde sein Unwesen trieb.
    Da die Vorzeichen günstig waren, machten die beiden Freunde sich auf; aber das Wagnis war gräßlich. Nichts konnte so erschreckend anzusehen sein wie Chumbaba: seine Augen waren Feuer, sein Maul spie Gift, sein Zeugungsglied war eine zischende Flamme. Mit seinem feurigen Horne spießte er beide auf, schleuderte sie, so daß sie tausend Meter durch die Luft flogen, versuchte dann, auf ihnen herumzutrampeln. Aber sie waren geschwinder. Mit ihren Speeren fuhren sie ihm in den Hals. Ihren innig vereinten Kräften gelang es schließlich, ihn zu erlegen.«
    Durch den Kreis ging ein Aufatmen, in dem Genugtuung war. Auch Alexander, der mit hingerissenen Augen vorgeneigt lauschte, atmete befreit. Sie hatten gesiegt, mit den innig vereinten Kräften! – Indes fuhr Kleitos schon fort, jetzt mit einer triumphierenden Stimme.
    »Durch die Lust der Freundschaft und das Siegesglück verschönt, erblühte Gilgamesch so über alle Maßen prachtvoll, daß Ischtar selber, die doch etwas verstand, ihm Anträge machte. Da war sie an den Richtigen gekommen.
    Der Held, dem ihre fette Wollust ein Greuel war, schrie ihr das Allerschlimmste ins Gesicht; war dreist genug, sie einen Schlauch zu nennen, der seinen Träger belästigt; einen Elefanten, der seine Decke abschüttelt; einen Schuh, der seinen Besitzer drückt. Er sagte ihr die Meinung so offen, wie sie ihr noch keiner gesagt, hielt ihr schonungslos vor alles, was sie je verbrochen hatte, ihre Bosheiten, Flüche und Listen; schließlich alle Liebhaber, die sie jemals gehabt – und es waren ihrer nicht wenig –, wie abscheulich sie mit jedem einzelnen verfahren und umgesprungen.
    Ischtar schrie, stampfte und fuhr Rache sinnend gen Himmel.«
    Man kannte Ischtar, alle wußten, auch Alexander, daß sie so grausam wie bezaubernd sein konnte. So lauschte man mit einer dumpfen Erregtheit, was kommen würde. – Es kam noch trauriger, als irgend jemand hatte glauben mögen.
    Zunächst freilich sandte Ischtar, die ihren Gegner unterschätzte, den schnaubenden Drachenstier gegen Gilgamesch, damit er ihn zerstampfe und in Stücke reiße. Aber der, mit seinem Enkidu kämpfend Seite an Seite, war unbesiegbar, er vernichtete das Ungeheuer. Da die Bestie verröchelt war, riß er ihr zum Hohn und Spott noch eine Keule aus und warf sie der Ischtar ins Gesicht, worauf die vor Zornesraserei zu tanzen, zu singen und zu jubilieren begann.
    »Aber nun traf sie ihn, wo er empfindlich war«, sagte Kleitos, und jeder wußte, wo sie ihn traf. »Sie schickte dem Enkidu, dem Geliebten, das Fieber. Der Schöne lag entkräftet danieder, ach, in seinen Phantasien klagte er die Dirne an, die ihn einstmals aus Wildnis, Unschuld und Einsamkeit nach Uruk verlockt. Er wünschte ihr mit seinen letzten Atemzügen, daß Trunkene und Durstige sie auf die Backe schlagen sollten.«
    An dieser Stelle hatte Kleitos ein Lächeln, das sowohl spöttisch als traurig war und in Alexander einen Zorn entstehen ließ, der dunkel anwuchs und den er zunächst selbst unbegreiflich fand. Sowohl traurig als spöttisch fuhr Kleitos fort.
    »Diese Verwünschungen waren freilich besonders kränkend für Gilgamesch; denn ohne die Dirne, die Enkidu nun verfluchte, wären die beiden doch niemals zueinander gekommen. – Enkidu starb in den Armen des Freundes, ohne ihn noch einmal erkannt zu haben. Gilgamesch erstarrte vor Schmerz.«
    Auch Kleitos schwieg, schüttelte nur bekümmert den Kopf. »Und so große Taten hatten sie doch miteinander vollbracht«, sann er kopfschüttelnd. »Nun klagte der König: Finster siehst du aus und hörst nicht meine Stimme. – Er breitete über ihn den Mantel, wie über die Braut.«
    Alexander erschrak vor sich selbst, denn er verspürte auch jetzt nur Zorn, nicht Trauer. Sein Zorn wuchs, als Kleitos weiter erzählte.
    »In Gilgameschs

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