Alexander
Finger, seine trainierten Beine waren zottig. Er hatte einen wirksamen, übrigens dummen Blick und den gockelhaften Gang des militärischen Verführers.
Die Reden, die er über Alexander führte, waren so unehrerbietig wie blöde. Seiner Überzeugung nach hatten Verdienst an den mazedonischen Siegen nur sein Vater Parmenion und er; der König genoß einen Ruhm, der ihm keineswegs zukam.
Solche Schwätzereien kamen dem Alexander selbstverständlich zu Ohren; alle sahen das Gewitter, das sich über dem Haupte des Philotas zusammenzog. Der aber schwadronierte weiter.
Alexander ließ ihn scharf beobachten; schließlich hatte man Anlaß, ihn verhaften zulassen. Der Verdacht, der auf ihm lastete, war ein peinlicher: er hatte von einem Mordplan mißvergnügter Offiziere gegen Alexander, der ihm notorisch bekannt war, dem König keine Mitteilung gemacht. Das war so viel, als sei er selber am Komplotte beteiligt.
Er mochte donnern und sich blähen, der Monarch ließ ihn schuldig befinden, am nächsten Tage, angesichts der finster schweigenden Armee, hinrichten.
Alexander wohnte dem Akte auf erhöhter Tribüne bei, im Prunkkleid und von seinen Großen umgeben. Man sah keine Miene in seinem Antlitz bewegt, da sein Jugendfreund um Gnade flehte. Er gab dem Henker das Zeichen mit der Hand, die nicht zitterte.
»Ich werde aufräumen«, rief er schrecklich über die Versammlung hin.
Am selben Tage sandte er Boten nach Ekbatana, wo ahnungslos Parmenion mit Backenbart residierte. Die Gesandtschaft des Königs ließ er eilig vor, er hatte lange nichts vom Hauptquartier gehört. Was man ihm aber brachte, war keine militärische Botschaft; vielmehr stießen die drei Bevollmächtigten des Königs mit drei Messern nach ihm: zwei trafen in die Brust und einer in die Kehle. Dieses war der Auftrag ihres Herrn gewesen.
Der Alte blieb aufrecht stehen, die drei Beauftragten zogen sich mit Entsetzen von ihm zurück, so schrecklich zürnte und klagte sein Blick. Mit der klassischen Gebärde des großen Schmerzes reckte er beide Arme, seine Stimme donnerte, obwohl er das Messer in der Kehle hatte.
»Sagt dem Tyrannen, der euch geschickt hat, daß der letzte freie Grieche mit mir stirbt. Mein Fluch wird der Tyrannenherrschaft gefährlich werden. Ich gehe, um bei den Göttern gegen ihn zu sprechen.«
Die Tafelrunde Alexanders wurde stiller. Es gab zu viel Schlimmes, an das man sich erinnerte: die Tragödie des Kleitos, der Zwist mit Roxane, ihre Kinderlosigkeit; die Pagen Verschwörung; Hinrichtung des Philotas, des Parmenion, die als des mazedonischen Königshauses treueste Diener gegolten hatten.
Der König aber, am Ende des Tisches, sagte mit einer düsteren und radikalen Befriedigung, als genieße er es, so im Leeren zu sitzen: »Wer Hochverräter war, ist beiseite geschafft. Wir können weiter.«
Der Armee wurde bekannt, daß es diesmal bis Indien gehen sollte. Es gab nicht offenen Widerspruch, aber mürrisches Schweigen. »Er führt uns ans Ende der Welt. Was suchen wir dort?« höhnten sie unter sich.
Er aber trat vor sie hin und sagte ihnen mit seiner zugleich drohenden und lockenden Stimme, die immer noch hinriß:
»Ich führe euch ans Ende der Welt.«
VERFÜHRUNG
I
Der ihnen bis zur Grenze des Landes entgegenritt, war Fürst Taxila auf wundervoll geschmücktem Elefanten. Das weiße Tier trug an den Schlappohren Trauben von Perlen, auf dem Rücken einen kleinen Turm aus Gold, Perlmutter und Seide gebaut, darin saß der Raja zwischen lauter Kissen und Köstlichkeiten.
Taxila, und was ihm anhing, war den Mazedonen sehr wohlgesinnt, nicht nur aus Güte, sondern hauptsächlich aus Berechnung, denn sie erhofften sich von den Fremden Hilfe gegen ihren starken und eigenwilligen Nachbarn, den Poros, dessen feste Hauptstadt am Hydaspes lag.
Die Landschaften diesseits des Indus zeigten sich größtenteils friedlich, nur wenige wagten noch Widerstand, zum Beispiel die Aspaier, deren Stadt zerstört werden mußte. Auch von den Assakenern erfuhr man, daß sie rüsteten. Man hatte Schlimmere besiegt, ihre Kapitale Massaga fiel.
Nach den harten Abenteuern der Gebirge erschienen den Soldaten diese Gegenden verführerisch, wie ein Traum. In einer sanften und verlockenden Landschaft gediehen Mandelbäume und Lorbeeren; solche Blüten hatten sie noch nirgends gesehen.
Milde wie das schönbebaute Land waren die Lehren der Heiligen, die im Walde saßen, um Buße zu tun. Sie waren so sanft, daß die Soldaten Alexanders oft erschraken. Für
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