Alexander
daß seine Geste berechnet und künstlich war. Sie jubelten nur. Sie weinten wieder, aber vor Glück. So selig waren sie nach keinem Sieg gewesen. Sie liebten Alexander, so sehr hatten sie ihn noch niemals geliebt. Merkte er es nicht, wurde ihm dabei nicht wärmer? Er schien, so innig von ihrer Wärme umgeben, zu frieren. Sie nannten ihn ihren Führer, ihren jungen Gott. Sie umringten ihn, nun trugen sie ihn auf den Schultern. –
Beim Versöhnungsmahle, das er ihnen gab, erlaubte er den Nächstsitzenden, ihn zu küssen. Sie taten es etwas verlegen, umständlich und ausführlich. Wenn sie ihre rauhen Backen an seine weichere legten, sah man ihn gekitzelt und flüchtig lachen, nach jedem dieser kleinen Gelächter schloß er für eine Sekunde die Augen, wie nach einem hastig genossenen Glück. –
Politisch war durch den ganzen rührenden und erregenden Zwischenfall nichts geändert. Die Veteranen wurden nach Hause geschickt, ihnen Krateros als Führer mitgegeben. Es hieß, daß der General als Reichsverweser in Pella bleiben sollte, während Antipatros, mit neuen Truppen, nach Babylon beordert war.
Die persischen Offiziere blieben in den neuen Ehrenämtern, die ihnen während des Aufstandes, zunächst provisorisch, zugeteilt worden waren.
Allgemeines Entsetzen erregten die beiden neuen Gesetze, die Alexander nach Griechenland gehen ließ.
Er beanspruchte für seine Person göttliche Ehren, auch bei den Griechen. Gleichzeitig stieß er die Nation, die er zu solcher Demütigung zwang, vor den Kopf, nicht einmal auf die Scheinfreiheit, die er ihnen gelassen, nahm er Rücksicht. Er verlangte, daß die griechischen Städte ihre politischen Verbannten zurückkommen ließen, sie als Bürger wieder bei sich aufnähmen. Beide Gesetze verkündigte der Gesandte des Königs, Nikanor aus Stageira, den versammelten Völkern Griechenlands bei dem Feste der Olympiade. Ihm antwortete eisiges Schweigen.
Wer saß dort in Asien auf einem Thron, nannte sich Sohn des Zeus und wagte ihnen solche Befehle zu geben? Waren sie nicht, heute wie stets, das freie Volk dieser Erde? Hatten sie nicht den Xerxes besiegt?
Die Manner haßten ihn beinah alle. Aber manche Frau, mancher Knabe fing an ihn zu lieben. Manche träumten von ihm.
Wer saß da auf seinem Throne in Babylon? Der Gesandte der Gottheit, der siebenfach geliebte Sohn des Zeus-Ammon-Ré, der geschickt war, der Menschheit das Heil zu bringen. Er trug den Silbermantel mit der großen Schleppe, den königlich gerichteten Hut, darunter strahlte sein Angesicht milde. Vor ihm niederzufallen war Wonne, denn er brachte das Glück. Er erfüllte wahrlich, was verheißen war, das Goldene Zeitalter kam, da die Raubtiere zärtlich werden.
Sie träumten ihn als die griechisch-asiatische Gottheit, mit dem athletischen Leib der Jünglinge, die sie liebten, funkelnd im geheimnisvoll geweihten Putze Ägyptens, Persiens und Indiens. Er war genannt: Hermes-Osiris, Apollo-Tammuz; seine glänzende Stimme kam auf Riesenschwingen über die Kontinente.
»Ich regiere die Meere und Festländer, die Inseln, Flüsse und Gebirge. Ich verwalte das Reich dieser Erde, damit Glück sei und damit sich die Verheißung erfülle.
Ich bin der Sohn des Gottes und der Geliebte der Menschheit.
Ich bin der Bräutigam«, frohlockte seine Stimme über die Länder, deren angebeteter Herr er war.
III
Eumenes von Kardia war mit Abstand der Unbeliebteste aus der Umgebung des Königs. Er schien nicht einmal geachtet, obwohl man wußte, daß er dem Alexander als Sekretär unentbehrlich war. Wie er schielte und grinste, fand man allgemein widerlich. Er war unverschämt und zugleich demütig, das war gerade die Mischung, die man am wenigsten mochte.
Auch Alexander fand ihn unsympathisch, andererseits aber brauchbar. Ein Gedächtnis wie dieses fand sich nicht mehr. Eumenes merkte sich alles und wußte im rechten Augenblick daran zu erinnern. Zwar fiel sein schmeichlerisches, händereibendes und gebücktes Wesen auf die Nerven, manchmal war es aber auch ergötzlich, denn der minderwertige Mensch fand drollige und schlaue Redensarten der Devotion. Auch durfte man mit ihm, was viel wert war, umspringen, ohne daß er gleich muckte. In Indien hatte sich der König, seinen übertriebenen Geiz zu bestrafen, einen ziemlich kräftigen Spaß mit ihm erlaubt.
Damals hatte dieser Bursche sich besonders unangenehm benommen. Obwohl alle, wie vermögend er war, recht genau wußten, hatte er, als der König selbst bei seinen Großen für
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