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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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schmeißt er, da er uns benutzt hat, fort.« Sie brummten verbittert in ihre Bärte. Da der König zur großen Versammlung die Armee einberief, fand man sich in widerspenstiger Stimmung zusammen. Man murmelte aufsässig, als Alexander im Prunkkleid, von persischen Militärs umgeben, die Tribüne betrat.
    Er spürte, auf seinem Podium, die Abwehr, die von ihnen kam; trotzdem redete er mit kühler Liebenswürdigkeit, in der Hochmut zu spüren war. Er näselte sogar etwas. »Meine Lieben«, sagte er und lächelte fremd, »die Mitteilung, die ich euch zu machen habe, ist eine durchaus erfreuliche. Ich weiß, viele von euch sind müde, mitgenommen, verbraucht.« Die unten murmelten wehleidig, um so entfernter lächelte droben der fremde Herr. »Ich pflegte die Veteranen und die Kampfesunfähigen in den neubegründeten Städten anzusiedeln. Ihr, meine Lieben, sollt es besser haben! Ich weiß, daß ihr euch nirgends hinsehnt als nach Hause. Meine Freunde, meine Veteranen, ihr sollt Mazedonien wiedersehen!« Er breitete theatralisch die Arme, seine Stimme tremolierte unnatürlich. »Zum Danke für alles, was ihr getan und gelitten, entlasse ich euch in die Heimat, wo ihr es gut haben sollt!«
    Da fingen sie an zu schreien. Er verharrte noch in der pathetisch gönnerhaften Geste, aber die unten schrien schon vor Wut. Einige Sekunden lang lauschte er, nicht entsetzt, doch verwundert, ihren Flüchen, Anklagen, Verwünschungen. »Jetzt erkennen wir dich, darauf haben wir nur gewartet! Er schickt uns heim, nachdem er alle Kraft aus uns gesogen! Wofür haben wir geblutet?!« fragten sie drohend. »Damit du dich eitel spreizest, persischer Pfau! Und uns hinschmeißt! – Was sollen wir denn zu Haus? Womit sollen wir arbeiten, da du uns keine Kräfte gelassen? He?! – He?« fragten sie immer wieder, dabei schüttelten sie grimmig Barte und Fäuste, von denen sie behaupteten, daß sie kraftlos geworden seien.
    In ihren lahmen, unorganisierten Lärm fuhr Alexanders zornklirrende Stimme als Blitzstrahl. »Ruhe!!« schmetterte er, aber sie schwiegen noch nicht. Da sprang er in ihre Mitte.
    Unbewaffnet sprang er von seiner Tribüne, um ihn tat sich ein scheuer Kreis auf, seine Augen machten ihnen Angst. Er packte etliche an, die besonders geschrien hatten, »der wird hingerichtet, der, der und der!« schnaubte er, wobei er jeden rüttelte. Nun schwiegen alle. Er, schon wieder auf seinem Podium, reckte den Arm, warf den Kopf in den Nacken, schrie über sie hin.
    So hatte ihn noch keiner sprechen hören, vor dem Anprall seiner ungeheueren Rede senkte die mazedonische Armee die Stirn, wie ein Mann sie vorm Wirbelsturm senkt. Mit einer Stimme, die vor Hochmut jubelte, erzählte er ihnen die beispiellose Geschichte seines Lebens. Welchen Schauspiels waren sie teilhaftig gewesen? Wozu hatten sie Werkzeug sein dürfen, wenn auch nur unvollkommenes, schwaches? »Ich habe die Welt besiegt«, jauchzte er, daß sie sich noch erschrockener duckten. »Ihr, meine Geschöpfe, wagt mir zu widerstehen?!«
    Er hielt ihnen vor, was sie gewesen waren. Sein Vater hatte sie aus armen und zerlumpten Hirten zu schlichten Soldaten gemacht, er aber aus schlichten Soldaten zu den Herren der Kontinente. »Wofür habe ich gekämpft wenn nicht für euch?« behauptete er plötzlich, da sein Hochmut sich ausgetobt hatte. Sie hatten den Gewinn von seinen Siegen; er nur für den nächsten die enervierende Sorge. Sie schliefen besser als er, sie freuten sich der Weiber, sie aßen mit mehr Genuß. Er tat alles für sie; wie dankten sie‘s ihm? »Der komme und zeige sich mir!« verlangte er, beinah weinend, »der mehr Wunden aufzuweisen hat als sein König! Ich bin mit den Geschossen aller Völker verletzt!« Er riß sein üppiges Kleid auf, damit sie die mit Narben bedeckte Brust sähen.
    Da er sie weich hatte, wurde er wieder aggressiv. So stand es, nun wußten sie, was sie ihm angetan hatten. »Ich habe euch wie meine Söhne geliebt!« rief er, wieder mit gebreiteten Armen; sowieso schluchzten schon alle. »Die unter euch, die in meinen Diensten kampfesunfähig geworden sind, wollte ich mit Ehren überhäuft in die Heimat schicken, von der ich dachte, daß ihr sie liebtet und suchtet. Nun geht alle, alle, alle! – Ihr seid entlassen!« schrie er, wobei er stampfte. »Weg aus meinen Augen! Ihr seid Alexanders Soldaten nicht mehr!«
    Während er sich schon zum Gehen wandte, höhnte er noch, mit geraffter Schleppe, schräg über die Schulter zurück: »Rühmt euch nur

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