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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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antwortete nicht, sondern drehte sich weg. Keine Antwort war auch eine Antwort, und für Kowarsch lügen würde sie nicht. Sollte Marcus eben denken, Mario wäre auf der Toilette gewesen. In jedem Fall gab es nun einen Grund, aus dem sie mit Mario sprechen musste.
    »Ich weiß nicht, ob wir da jetzt noch drauf rumreiten müssen, Marcus. Es war Mist, dumm gelaufen, tut mir leid.«
    »So etwas darf nicht wieder passieren, Alex«, sagte Marcus und hob eine Augenbraue.
    »Mhm.«
    »Ist das klar?«
    »Jahaaaaaa«, fauchte Alex und hätte sich im gleichen Augenblick für ihre unkontrollierte Reaktion ohrfeigen mögen, denn immerhin war Marcus ihr Chef. Sie war ihm dankbar, dass er mit einem souveränen »Okay« darüber hinwegging.
    »Darf ich mir das drinnen mal genauer ansehen?«, fragte sie und deutete auf das Haus, in dem Kraft wohnte.
    »Ich lege sogar Wert darauf, Alex.«
    Alex drehte sich um und ging einige Schritte auf das Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu, als sie mit einem heftigen Ruck zurückgerissen wurde. Im nächsten Moment hupte es in ohrenbetäubender Lautstärke. Blendendes Licht. Weniger Zentimeter vor ihr huschte ein schwarzer Schatten vorbei. Dann sah sie die roten Rücklichter des eleganten Geländewagens, vor dessen Kühler sie um ein Haar geraten wäre. Sie spürte Marcus’ schweren Atem an ihrem Ohr. Seine Brust an ihrem Rücken, die Hände, die ihre Oberarme fest umschlossen hielten.
    »Bist du irre?«
    Alex löste sich verwirrt aus dem Griff. Sie hatte das Auto nicht kommen sehen. Marcus hatte schnell gehandelt. Er war außer sich. Seine Brust hob und senkte sich, und er rang nach Fassung.
    »Wie kannst du …? Du kannst doch nicht …«
    »Tut mir leid, ich habe den nicht gesehen, ich …«
    Marcus sah sie aus weit aufgerissenen Augen an. Dann wurde sein Blick wieder weicher. Er atmete schwer aus und schüttelte verständnislos den Kopf. »Das war knapp, Alex. Echt knapp.«
    Sie nickte. »Tut mir leid. Danke.«
    »Es ist nur …«, rang Marcus nach Worten. »Meine Frau, es war auch ein Unfall damals, verstehst du?«
    Alex nickte beschämt. Sie verstand.
     
    Die Wohngegend nahe dem Zentrum galt als eine der elegantesten der Stadt. Mehrstöckige Gründerzeitvillen, verzierte Fassaden, neogotische Gemäuer, andere waren mit klassizistischen Säulen und Kapitellen versehen. Die Treppe vor dem Hauseingang, auf den Marcus und Alex zusteuerten, war links von gusseisernen Geländern gesäumt, die mit floralen Ornamenten überwuchert waren. Über der zur Hälfte aus bunten Bleiglasfenstern gefertigten Pforte thronten drei mannshohe griechische Musen aus Gips. Das Haus, ein Jugendstil-Traum – wenngleich er einen Alptraum in seinem Inneren barg. Der Donner grummelte, als die Haustür schwer ins Schloss fiel. Nicht mehr lange, dann würde sich die aufgeheizte Luft in einem gewaltigen Gewitter entladen.
    Marlons Wohnung glich der eines Messies. Wobei Messies ja eher von dem Zwang geplagt sind, sich von nichts trennen und kein System in ihr Chaos bringen zu können. Hier sah es eher so aus, als seien Ordnung und Sauberkeit für Marlon grundsätzlich so etwas wie Jehovas Zeugen, denen bei jedem Besuch regelmäßig die Tür vor der Nase zugeknallt wurde. Keine Freude für die Männer von der Spurensicherung, die in den Wäschebergen im Schlafzimmer wühlten, die Töpfe, Teller und Pizzakartons mit den schimmeligen Speiseresten neu stapelten und über den versehentlich umgekippten Aschenbecher fluchten, der die Tastatur des gerade abgebauten Computers und ein paar CD s mit einem dicken grauen Staubfilm überzogen hatte. Aus dem Badezimmer strahlte der Blitz des Polizeifotografen. Mit zusammengekniffenen Augen stolperte der Assistent des Notarztes in seiner orangeroten Weste aus dem Raum, riss ein Fenster auf und beugte sich hinaus. Alex konnte nicht erkennen, ob er sich übergeben musste.
    »Haben wir schon irgendwas?«, fragte Marcus einen jungen Polizeibeamten.
    »Nein. Im Haus hat keiner was gesehen. Und die Tür ist sauber. Das sind zentrale Sicherheitsschlösser. Die gehen nur mit dem richtigen Schlüssel auf.«
    »Hm, Danke.« Marcus sah Alex bedeutungsvoll an und zeigte in Richtung Badezimmer.
    »Sollen wir?«
    Alex räusperte sich und versuchte, den Kloß in ihrem Hals mit Schlucken zu vertreiben, aber ihre Kehle blieb wie mit einem Strick zugeschnürt. Sie ballte die Fäuste, bis die Fingernägel sich tief in das Fleisch der Handballen drückten. Dann ging sie rein.
    Die Frau

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