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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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gekommen, weil ich Ihnen sagen will, dass ich jetzt das Geheimnis des Drachen kenne. Ich war heute bei Ihrem Vater. Er hat mir Ihr Zimmer gezeigt. Und er hat mir den Weg des Drachen verraten.«
    »Wie schön. Papa besucht mich so selten.«
    »Schon bald werden Sie wieder zu Hause sein, Jürgen. Ich weiß jetzt, dass die anderen gelogen haben. Dass Sie den Drachen fangen wollten, damit er die Wahrheit nicht verrät.«
    »Si, amigo.«
    Roth war nach wie vor vollkommen zugedröhnt. Er sprach wie ein Roboter.
    »Aber damit ich Sie befreien und der Drache wieder fliegen kann, müssen Sie mir etwas verraten.«
    »Si, amigo.«
    »Auch wenn Sie versprochen und geschworen haben, es nicht zu tun. Diese Versprechen haben
die anderen
von Ihnen verlangt, verstehen Sie? Sie sind nichts wert.«
    »Sie sind nichts wert.«
    Mein Gott, was haben die dem bloß gegeben?
    Marlon leckte sich über die Lippen. Er spürte, wie ihm das Herz von innen gegen die Brust hämmerte. »Wer ist der Bruder des Drachen?«
    »Er ist da, wo es ihm gutgeht.«
    »Aber
wer
ist es, Jürgen? Wie ist sein Name?«
    »Er heißt Ludger. Ludger Siemer. Er ist mein Freund. Ich darf Lou zu ihm sagen.«
    Heiß schoss die Erkenntnis durch Marlons Adern, ließ seine Nasenflügel beben und die Augenlider zucken. Ludger. Ludger Siemer.
Der
Ludger Siemer. Zufall oder Vorsehung. Was auch immer. Marlon versuchte zu schlucken, aber eine eiserne Faust hielt seine Kehle fest verschlossen.
    »Kennt er auch das Geheimnis des Drachen?«
    »Ja, ich habe es ihm erzählt. Da waren auch viele andere«, erzählte Roth tonlos, »aber Lou war wie mein Bruder. Es gab große Angst. Sehr große Angst in dem Zimmer mit den Kacheln. Es war ganz weiß und mit einem Spiegel. Wir haben viel geweint. Aber dann hat uns der Drache stark gemacht. Die Angst war weg. Und die schlimmen Träume.«
    »Und niemand sonst kennt das wahre Geheimnis des Drachen?«
    Roth schüttelte den Kopf. »Nur mein Freund Lou und ich – und Sie.«
    Marlon presste die Lippen zusammen. »Wo war das Zimmer mit den Kacheln, Jürgen? Wie sind Sie dahin gekommen?«
    Roth senkte den Kopf einen Moment lang und hob ihn dann ruckartig hoch.
    »Sie haben recht. Es ist ein schlechtes Versprechen gewesen. Dr.Engberts wollte es. Ich kenne ihn schon so lange. Er war mit mir und Lou und den anderen im Flugzeug. Es war schön, die Welt von oben zu sehen. So wie der Drache im Flug.«
    Marlon ballte die Hände zu Fäusten. »Und da«, flüsterte er, »wo das Zimmer war, haben Sie so gut Spanisch gelernt?«
    »Si, amigo. Viele sprachen es in Glücksberg. So ein schöner Name.
Muy bien.
«
    »Danke.« Marlon legte die Hand kurz auf Roths. »Danke. Ich muss jetzt gehen.«
    »Si. Ich bin müde.«
    Marlon stand auf. »Dann schlafen Sie jetzt, Jürgen. Und ich verspreche Ihnen, dass ich den Drachen befreien werde. Er wird wieder fliegen. Hoch zum Polarstern.«
    »Gracias«,
antwortete Roth, legte sich wieder flach auf das Bett und starrte zum Fenster hinaus.
    Marlons Anspannung vermischte sich mit rasender Wut. Was hatten sie dem armen Kerl angetan? Und was den anderen? Das Puzzle fügte sich zusammen: Sie hatten psychisch Kranke zu medizinischen Versuchen missbraucht und waren dazu nach Paraguay geflogen, wo andere Regeln und Gesetze galten. Aber es musste einen Zweck gehabt haben. Nur um ein neues Medikament am Markt zu etablieren, würde so etwas nicht geschehen.
    Leise schlich Marlon sich aus der Tür. Der Flur war nach wie vor leer. Aus dem Stationsraum flackerte weiterhin das hellblaue Licht. Er huschte durch die Glastür und ging über die hölzerne Empore in Richtung Verwaltungstrakt. Mit einem Blick nach unten stellte er fest, dass der Student wieder den Kopfhörer aufgesetzt hatte und versunken über seinen Büchern brütete.
    Das ist ziemlich okaaaaaay von dir, Bursche …
    Als Marlon den Türknauf zu Engberts Büro in der Hand hielt, traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Selbstverständlich würde sie verschlossen sein. Wie hatte er annehmen können, dass sie offen sei? Andererseits war die Glastür, die zu den wenigen Zimmern des Verwaltungstrakts führte, auch nicht verschlossen gewesen. Das Reinigungspersonal hatte vielleicht …
    Was soll’s, du wirst nicht umhinkommen, es zu versuchen.
    Marlon drehte den Griff, und die Tür sprang auf. Engberts Büro war gewaltig. Ein annähernd raumhohes Gemälde nahm fast die komplette Stirnseite in Beschlag. Sein Blick schweifte über die großen Eichenschränke, die mit Akten,

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