Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache
Redefluss. »Und zwar ganz ehrlich: Ich halte dich für eine ziemliche Rakete, und das geht Marcus nicht anders. Er hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit er dich mit deinen ganzen Qualifikationen hier in unsere Dienststelle bekommt, andere Kandidaten sind gar nicht erst in Frage gekommen. Und das hat nichts mit deinem hübschen Passfoto zu tun, Kollegin. Und anfangen muss schließlich jeder mal. Außerdem bist du ja wohl jetzt mit seiner hochoffiziellen Billigung und auf seinen ausdrücklichen Wunsch mittendrin in den Ermittlungen. Was willst du mehr?«
Alex starrte Schneider an. Stemmle hatte so was gesagt, dass Marcus sich so sehr für sie eingesetzt habe. Ein Kollege, der unbedingt neue Wege gehen wolle, so hatte Stemmle sich ausgedrückt. Dabei erschien ihr Marcus gar nicht so innovationsfreudig. Okay, er kannte sich gut mit PC s und solchen Dingen aus, und wenn irgendwer mit seinem Rechner mal Probleme hatte, behob Marcus sie ganz undiplomatisch höchstpersönlich. Er hatte auch einen Antrag auf Generalüberholung der hoffnungslos überalterten Hardware-Ausstattung gestellt.
»Und jetzt erzähl mal, wie war das denn nun bei König?«, fragte Schneider.
Alex dachte daran, wie peinlich berührt sie danach gewesen war – angesichts dessen, was sie alles übersehen hatte, während sie empathisch auf König eingegangen war. »Er kommt als Tatverdächtiger in Frage. Ist allerdings nur ein Gefühl, kann ich noch nicht festmachen. Zudem meint Marcus, König könnte etwas mit dem Kornkreis zu tun haben. In dem Raum hing die große Ansicht eines Feldes und lagerten schmutzige Vermessungsstangen, Schaufeln – und einige Seile, die ein ähnliches Muster aufwiesen wie die am Opfer sichergestellten.«
Schneider tippte im Rhythmus der Musik mit dem Zeigefinger auf das Lenkrad. Sie fuhren auf dem Innenstadtring an einigen Geschäftszeilen und Hotels vorbei und hielten an der Ampelkreuzung, die von dem gewaltigen Glastempel der Sparkasse Lemfelder Land dominiert wurde.
»Ja, wir haben das überprüft, es sind handelsübliche Nylonseile gewesen, nichts Besonderes. Die Kollegen recherchieren gerade, welche Baumärkte das Produkt führen und wann zuletzt etwas davon gekauft wurde. Bei dem König sollten wir zum Abgleich etwas sicherstellen lassen von den Stricken und dem Erdreich an diesen Schaufeln und Stangen. Das schicken wir dann mit den ganzen anderen Sachen zur Analyse. Na ja, und Dr.Woyta ist eigentlich auch sehr schnell.«
»Dr.Woyta?«, fragte Alex.
Schneider nickte und lächelte. »So eine kleine, süße Lustige ist das, kommt aus der Tschechei, ganz mein Kaliber.«
Alex rollte mit den Augen. »So genau wollte ich es gar nicht wissen.«
Schneider lachte heiser und fuhr wieder an, als die Ampel auf Grün schaltete. »Dr. Irina Woyta ist Rechtsmedizinerin und hat bei der Lukoschik die Obduktion gemacht.«
»Ach, ich dachte, das macht dieser andere, wie hieß er noch?«
»Dr. Schröter meinst du. Nee, der ist Oberarzt an der Pathologie hier am Krankenhaus und hat in der Rechtsmedizin promoviert. Den rufen wir an, wenn absehbar ist, dass der Notarzt nicht mehr kommen muss, damit er bei der Leichenbeschau und beim Ausfüllen des Totenscheins schon mal eine erste Einschätzung vornehmen kann, eine Art Erstgutachten, wenn du so willst. Die amtlichen Obduktionen macht natürlich das Rechtsmedizinische Institut des Uni-Klinikums Münster. Die kommen meist rüber in die Pathologie des Krankenhauses Lemfeld. Da ist ja alles, was sie brauchen, da muss man mit den Toten nicht durch die Gegend schüsseln. Und was sie analysieren müssen, nehmen sie mit nach Münster.«
»Ah, okay.« Alex kannte noch längst nicht alle Namen der Kollegen aus der »Kaserne« und war Schneider dankbar dafür, dass er sie über einige weitere Partner informierte, mit denen Alex es im Lauf der kommenden Monate und Jahre zu tun bekommen würde.
»Ich habe kurz mit Dr.Woyta telefoniert«, fuhr Schneider fort. »Sie hat sich das alles noch mal genau angeschaut und lässt nun im Institut in Münster DNA -Untersuchungen und eine toxikologische Überprüfung vornehmen, das volle Programm. Den Kowarsch kannste zu solchen Fachleuten ja eigentlich nicht hinschicken, mit seinen Muskelbergen und seinem Araberbart verschreckt der bloß alle.«
Alex lachte hellauf. Sie erinnerte sich daran, wie Kowarsch bei der Dienstbesprechung gesagt hatte, er habe nur mal kurz im Krankenhaus vorbeigeschaut. »Wahrscheinlich hasst Mario Obduktionen, manche
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