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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albrecht von Haller
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behielt, war wiederum zu gleichen Theilen seinen Hofleuten, den Künstlern und arbeitenden Handwerkern, und den Fremden zugedacht, die sich im Reiche niederließen. Den eigenen Unterhalt des Königes trugen die Kammergüter, die man den Landleuten gegen gewisse Lieferungen überließ: sie brachten dem Hofe die Früchte der Erde, und den Raub der Thiere.
    Seine Zeit, die freylich unser eigenes Daseyn ist, theilte Alfred zur Hälfte mit dem Gottesdienste; er rechnete billig zu demselben die Sprüche, die er aus den geoffenbahrten Büchern oder auch seinem eigenen Nachdenken in eigene Handbücher aufzeichnete, woraus Samlungen entstunden, mit denen sich Alfred am liebsten beschäftigte. Er war so sorgfältig, der Religion nichts von ihrer Zeit zu entziehn, daß in einem Jahrhunderte, wo keine Art von Uhren bekannt war, er eigne Wachsstäbe abwog, und darnach die Stunden abmaß. Man schreibt ihm die Erfindung zu, die freylich den Alten nicht unbekannt, die aber vielleicht in den Zeiten der Unwissenheit verlohren gegangen war, mit durchsichtigem Horn die Wachsstäbe zu versichern; denn die gläsernen Fenster waren noch nicht erfunden. Die Bestimmung der Zeit hatte Alfred nach seinem Siege bey Athelney als ein Gelübd versprochen.
    Zu weit gieng wohl dieses Herrn ernstlich gesinter Wunsch, daß eine Krankheit, oder ein beständiger Schmerz ihn abhalten möchte, sich den sinlichen Lüsten zu ergeben. In seiner Jugend wurde dieser Wunsch die Frucht seiner Furcht Gott zu beleidigen nur alzu volkommen erfüllt; ganze fünf und zwanzig Jahre lang peinigte ihn ein inwendiges und unerkantes Uebel, das auch in der Hälfte seiner Tage sein unschäzbares Leben abkürzte. Solte Alfred an der Weisheit desjenigen gezweifelt haben, von dem er die Enthaltsamkeit erbat? und war der Geber aller guten Gaben nicht reich an andern Mitteln, die Alfreds Tage nicht verkürzt, und sein Leben nicht zu dem Theil unbrauchbar gemacht hätten, in welchem die Schmerzen alle Gedult überstiegen?
    Eine Frucht der lebhaften Empfindung der Pflichten der Religion war die unerschüttbare Sanftmuht, die mitten in so vielen Kriegen bey dem oft gereizten Könige sich erhielt, wenn schon Meineid und Treulosigkeit so oft die Belohnung seiner Güte war. Nichts konte den Schluß überwinden, zu vergeben, wie er wünschte, daß ihm vergeben werden möchte. Er ertheilte den zehnmahl wieder sich Auflehnenden nach dem mühsamsten Siege allemahl die unbedingteste Vergebung, und erlaubte sich niemahls ein Werk der Rache.
    In seinem innern Leben war er ein getreuer und liebreicher Ehemann, ein gütiger Vater, ein gnädiger Herr. So viele Zeit er hatte auf die Rettung seines Volkes und auf unvermeidliche Kriege wenden müssen, so groß seine Vorzüge in ritterlichen Uebungen waren, so zog dennoch bey ihm von seiner ersten Jugend an die Begierde zu den Wissenschaften vor. Schon im zwölften Jahre, da er noch im Unglüke der Zeiten nicht lesen gelernt hatte, gewann ihn ein Buch so kräftig, daß er nicht eher ruhete, bis er dasselbe fertig lesen konte, und seinen Innhalt sich eigen gemacht hatte.
    So rauh noch die Sprache der Sachsen war, so wurde sie dennoch in Alfreds Mund und Feder beredsam; er übersezte in das Sächsische die Werke der alten Weisheit, mit einer Treu, und mit einem Nachdruke, den kein Gelehrter ihnen zu geben vermochte. Diese Bemühung wendete er auf die Geseze der weisen Völker, auf die Geschichte, die Spruchreden und Gleichnüße, auf ganz geistliche Werke an; die ganze Samlung der geoffenbarten Schriften trug er in seine Sprache über. Er schrieb auch seine eigene Geschichte, und die Begebenheiten seines mühsamen, und in so vielen Widerwärtigkeiten geübten Lebens. Auch in diesen minder offenbar nöhtigen Arbeiten behielt er die standhafte Gewohnheit, nichts anzufangen, das er nicht hätte zu Ende bringen sollen.
    Bey den Schmerzen, bey der bemühten Lebensart, bey den vielen empfindlichen Unglüken, die er zu tragen hatte, blieb Alfred allemahl frölich und leutselig; eine Tugend die nur die auserwähltesten Gemühter besizen, die keine Wallung des Ueberdrusses aus ihrer Stille bringen kan. Denn nur allzuoft geben gemeine Seelen dem lezten Eindruke nach, werden durch kleine Ursachen empört, und fühlen bey dem Uebergewichte des herrschenden Verdrusses das Wichtige anderer Vorwürfe nicht. So wenig ihn das Unangenehme erschütterte, so wenig blähte Alfreden das Glük, und das Gefühl seiner eigenen Würdigkeit auf: er focht, er arbeitete mit

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