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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albrecht von Haller
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Frage. Wo fängt der König an, sein Recht zum Throne zu verwürken? wo ist die Gränze die er überschreiten muß, wann sein Volk das Recht erwerben sol ihn zu stürzen? Amund vergißt, daß eines Fürsten Fehler unendlich verschieden an Größe sind, daß auch das Volk kein erleuchteter Richter ist, der diese Fehler richtig abzuwägen weiß: will das Volk den geringsten Fehler der Fürsten ahnden, so wird keine Regierung fest seyn: denn ein jeder Fürst begeht Fehler, und das Vorurtheil, oder der Eigennuz, kan dem Volke Fehler an dem Fürsten zeigen, wo nichts als Tugenden sind. Wann ein Vergleich zwischen dem Fürsten und dem Volke angenommen wird, der dem Fürsten das Recht zur Herrschaft giebt, so lang er die Bedinge erfült; und dem Volke das Recht ertheilt, den Gehorsam aufzusagen, so bald die Bedinge vom Herrscher nicht aufs genaueste erfült werden: wann dieser Vergleich das Grundgesez aller Regierungen ausmacht, so bedaure ich den Fürsten, der einen so wankelbaren Thron besteigt: ich bedaure das Volk, das unaufhörlich mit Gewaltthätigkeiten und Blut den Umsturz eines Fürsten und die Wahl eines andern erkaufen muß, den es eben so viele Ursache finden wird zu stürzen, als es beym erstern fand.
    Wann hingegen der Fürst sein Volk sicher unterdrüken kan, wann unterm Vorwande der algemeinen Ruh, niemand sich seinen Gewaltthaten wiedersezen soll; wann er mit unbarmherzigen Auflagen den nöhtigsten Unterhalt der Armen an sich reißt, und nakte Bürger verhungern läßt, seine Begierden zu sättigen; wann er eigenmächtig nach der Freyheit, nach dem Leben der Unterthanen greift, unverhört in die Kerker wirft, und unüberwiesen durch erkaufte Richter, hinrichtet; wann er die Ehre, die Würde der besten Bürger, die uralten Gerichtshöfe der Nation wilkührlich stürzt, wann er die Stimme des Elends, die Vorstellungen der warnenden Wahrheit mit Unwillen, mit Straffen brandmarket: sollen dann Millionen elend seyn, weil ein einziger Sterblicher ungerecht ist? hat der oberste Herrscher diese Millionen für einen Einzigen geschaffen? sol die Glükseligkeit so vieler Tausenden in keinem Gleichgewicht gegen den thörichten Willen eines Einzigen stehn? sollen sich die freyen Bürger wie Schaafe würgen lassen, und noch die Hand des Mörders küssen? Es muß also eine March gefunden werden, bey welcher der Widerstand rechtmäßig wird, bey welcher der Fürst das Recht verlieret, im Genuße seiner Vorzüge zu bleiben; aber kennt Amund diese March?
    »Schwer ists, weiser Alfred, sagte der Redliche, schwer ists diese March zu ziehen, und dennoch muß sie gezogen seyn. Selbst unter den mildesten Völkern, selbst unter den feigen Seren ist eine March, die Tscheu überschrit, und vom tugendhaften Wuwang gestürzt wurde. Wuwang berief sich auf die Stimme des Himmels: Er, sagte er, Er, der Tien heißt mich, die Erde wieder des Tyrannen Gewaltthaten zu schüzen.«
    »Das einzige Mittel diese Gränze zu bestimmen, ist die genaueste Ausmarchung der Grundgeseze, und der Schranken der königlichen Macht. Wann der König keine Steuern auflegen soll, und dennoch auflegt, wann er sich selbst nicht Recht schaffen sol, und dennoch aus eigener Macht verhaftet und hinrichtet, wann er Geseze macht, die weder von den Edlen, noch von den Ausgeschossenen des Volks gutgeheissen worden sind, wann er die Geseze, die von allen gesezgebenden Machten ihre Kraft erhalten haben, durch eigenmächtige Erlassung der Straffen, entkräftet, wann er die Freyheit der Meynungen und der Schlüsse der übrigen Machten des Reichs hindert, wann er folglich die Grundgeseze des Reichs umstößt: so verwürkt er allerdings sein Recht zum algemeinen Gehorsam, er ist ein Feind seines Volkes geworden, und das Volk kan seine Feindschaft erwiedern; die übrigen Machten sind berechtigt, ihn in die Schranken der Geseze zurük zu sezen.«
    »So lang er bloß fehlt, ohne die Grundgeseze anzutasten, so lang er nur durch übel gewählte Rähte schadet, nur die weisesten Auswege in den Staatsgeschäften miskennet, nur schwach und nicht ein Wüterich ist: so lang verdient er die ernsthaften Vorstellungen seiner Edeln, und des Volkes, er verscherzt die algemeine Hochachtung, er kan an seinen Bedienten bestraft, und an der Ausführung seiner unweisen Entschlüsse durch die übrigen Machten des Reichs gehindert werden. Aber die Entsezung des Fürsten ist ein so großes Uebel, daß man die harte Arzney nicht eher zu versuchen hat, bis kein anderes Mittel zur Rettung des Staates

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