Alfred - König der Angel-Sachsen
Verdienst zu belohnen. – Er muß ruhig sein Reich den Erben überlassen, eine jede Wahl schwächt die Leitseile des Fürsten bey einem Wahlreiche, bis ihm nichts als der äussere Pomp des Thrones übrig bleibt. Des Königes Person muß geheiligt, muß vor aller Beschimpfung, vor aller Gewalt durch die Geseze gesichert werden. Da an seiner Erhaltung, die Ruhe des Staates liegt; so beleidigt derjenige die Majestät des ganzen Volkes, wer seinen König angreift, dem das Volk aufgetragen hat, die Würde der ganzen Gesellschaft vorzustellen.«
»Aber die Geseze müssen den König beschüzen, selbst muß er sich nicht Recht schaffen. Seine Macht wäre einem jeden Bürger zu sehr überlegen, er würde bald zum Despoten, und zum Tyrannen werden, wenn er selbst straffen, selbst die Güter und die Person desjenigen angreiffen könte, von dem er sich beleidigt glaubte. Er soll allerdings in seiner Würde von den Gesezen wider die Anfälle der Lästerer beschirmt werden, die tiefer als man glaubt, die Grundfeste der Regierung erschüttern, indem sie das Vertrauen des Volks demjenigen entziehn, dem das algemeine Beste zu besorgen übergeben ist. Langsam schüren die Verläumder ein Feuer auf, das endlich, wann es algemein geworden ist, wann die Gemühter des grösten Theils der Nation eingenommen sind, zur alles verzehrenden Lohe ausbricht; und niemahl wird ein Fürst gestürzt, daß nicht der Staat geschwächt, und viele Tausende elend werden.«
»Es ist ein trauriges Bekentniß, aber die Geschichte der Welt ist ein überzeugender Beweis, daß ein böser Fürst mehr Macht hat, und sich besser beschüzt, als ein guter Herrscher. Der tugendhafte Fürst wird ohne Gefahr verschwärzt, und bey seinem Volke verdächtigt, er leidet, was nur immer gelitten werden kan; auch worinn er nicht mehr sich gedulden kan, so ruft er die langsame Hülfe der Geseze späte an, und findet bey denselben keine Hülfe, wenn einmahl eine große Anzahl der Bürger mit Vorurtheilen eingenommen, seine Verkleinerung wünschet. Ein böser Fürst weiß, und in allen Staatsverfassungen, Mittel genug, die Geseze durch die Richter zu gewinnen, den Furchtsamen durch das Beyspiel seiner Rache, den Gierigen durch die verschwendeten Schäze, den Ehrgeizigen durch Erhöhungen in der Ehre zu erkaufen; er braucht Mittel, die der Tugendhafte verschmäht, die aber auf das Verderben der Menschen mit unfehlbarer Kraft würken. Den guten König zu beschüzen, ihn in Augen der Nation ehrwürdig zu machen, müssen also die Geseze eifrig sorgen, und die Stimme der zaumlosen Verläumdung mit Straffen unterdrüken. Je freyer ein Volk ist, je grösser ist die Nohtwenigkeit dieses Schuzes, ohne den ein König nicht die Stärke behalten kan, die zur Lenkung der Leitseile des Staates erfodert ist.«
Alfred lächelte: Amund will doch für meinen Nachruhm sorgen; aber will er dann die Stimme der straffenden Wahrheit zum Verstummen zwingen, die wider böse Fürsten sich erhebt, und den Bürger warnt, den Eingriffen in die algemeine Sicherheit, und dem Wachsthum einer schädlichen Macht sich zeitlich zu wiedersezen.
»Des bösen Fürsten Thaten, sagte Amund, werden lauter wider ihn sprechen als der Mund des Hasses. Wann die Grundgeseze fest stehen, wann die Bedinge wohl versichert sind, an welche der König gebunden ist, wann die übrigen Machten des Reiches ihre Gewalt richtig ausgezeichnet haben: so kan ein Fürst sich nicht vergrößern, nicht über die Geseze erheben, daß er nicht die übrigen Machten des Staates beleidige, daß nicht der Einbruch in die Schranken der Geseze dem gemeinsten Bürger sichtbar werde. Die bösesten Fürsten werden weniger verläumdet, die unfehlbare Rache unterdrükt die Klagen, selbst der Unterdrükten. Aber das Volk fühlt um desto mehr, je tiefer es stillschweigt, und eine Gränze ists, über die der Fürst nicht schreiten kan, ohne alle Kräfte des Reiches wider sich zu wafnen, und ohne unwiederstehbar gestürzt zu werden. Es wäre mir leicht, Fürsten zu nennen, die ein entfalnes Wort mit zweytausend Pfunden Goldes, und die freyern Klagen mit der Verstümmelung bestraften, und in deren Reiche keine andre Stimme gehört wurde, als die Stimme der Schmeicheley. Sie griffen dem Staate an die Grundgeseze, und plözlich fiel der Tyrann durch die vereinigten Kräfte aller Partheyen gestürzt, die einander verfolget hatten, die sich aber wider den algemeinen Unterdrüker schleunig vereinigten.«
Amund, sagte der weise Alfred, rügt hier eine schwere
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