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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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Captain gewähren zu lassen. Er entließ ihn zugunsten eines von Walls Ärzten, der doppelt so zungenfertig und fast ebenso gut informiert war wie Mrs. Harper. Er hielt ihm eine Vorlesung über Schlaflosigkeit, Albträume, postoperative Erregungszustände und Toms Reaktion auf Morphium.
    »Eine Morphinvergiftung?«, fragte Davies-Frank.
    »Von Vergiftung würde ich nicht sprechen«, sagte der Arzt.
    »Empfindlichkeit trifft es vielleicht besser. Sergeant Wall scheint in einem Feldlazarett zu hoch dosiert worden zu sein, und das Morphium, das ihm während der Operation vergangener Woche verabreicht wurde …«
    Davies-Frank hatte die Akte gelesen. »Ich hab gehört, er wäre so gut wie geheilt, wenn er eine Nacht lang durchschlafen könnte.«
    »Sie haben mit den Schwestern gesprochen«, sagte der Arzt.
    »Haben sie behauptet, Mr. Wall würde ›Amok laufen‹? Sie entwickeln Vorstellungen, die jenseits ihrer fachlichen Kompetenz liegen.«
    Schlaf würde ihn also nicht wieder auf die Beine bringen – was sowieso keine Rolle spielte, weil Wall kaum zum Schlafen kommen würde. »Ich brauche den Sergeant mit einem klaren Kopf, Doktor. Für einen Tag, vielleicht zwei. Gibt es irgendwas, was Sie ihm geben könnten?«
    Der Arzt legte die Fingerspitzen aneinander. »Nichts.«
    »Keine Medikamente? Keine Notfallmaßnahmen?« Davies-Frank beugte sich vor. »Es gibt, rein theoretisch, also nichts, damit Wall zumindest zeitweise wieder funktioniert – koste es, was es wolle?«
    »Nein, gibt es nicht.«
    Davies-Frank fragte ihn weitere zehn nutzlose Minuten aus, bevor er ans Telefon gerufen wurde. Er nahm den Anruf im Büro des Direktors entgegen, den Blick auf die beschauliche Rasenfläche gerichtet. Highcastle war dran, seine schroffe Stimme störte den beruhigenden Anblick.
    »Sie haben ihn geschnappt«, sagte Highcastle. »In der amerikanischen Botschaft.«
    »Die Yanks liefern ihn aus?«
    »Sind froh, wenn sie ihn loswerden. Ist schon unterwegs zum Rowansea.«
    »Gut.« Davies-Frank sah auf seine Uhr. Er hatte noch Zeit.
    »Irgendwas in Erfahrung gebracht?«
    »Nichts Weltbewegendes. Er ist allergisch auf Morphium, hat einen Granatenschock-Rückfall …«
    Highcastle schnaubte. Diagnosen wie Granatenschock ließ Highcastle nicht gelten. Während seiner neunundfünfzig Lebensjahre hatte Highcastle noch nie einen Grund gesehen, an seelische Leiden zu glauben. Wahrscheinlich glaubte er noch nicht mal an körperliche Leiden.
    »Behalten Sie das lieber mal für sich«, sagte Davies-Frank, obwohl Highcastle in der Rangstufe über ihm stand. Er nahm sich diese Freiheit heraus, weil Highcastle keine Männer brauchte, die mit ihrer Meinung hinterm Berg hielten, und weil Davies-Frank sowieso nicht zu diesen Männern gehörte.
    »Ich kann den Mund halten«, sagte Highcastle.
    »Obwohl Sie doch so eine Plaudertasche sind.« Davies-Frank sah unnötigerweise auf seine Notizen. »Walls Rückfall ist möglicherweise nur temporär, möglicherweise auch nicht. Er leidet unter Schlaflosigkeit – ist auf jeden Fall erschöpft und fantasiert vielleicht.«
    »Warum hat er sich gemeldet?«
    »Zu den Kanadiern? Er ist Idealist, nehme ich an. Ein Antifaschist.«
    »Bolschewik?«
    »Keine Ahnung. Darüber steht nichts in den Akten …« Er sah den weißen Lieferwagen auf die lange, kreisrunde Auffahrt einbiegen. »Ah, der verlorene Sohn kehrt heim.«
     
    Tom sah zum Wachmann, der hinten im Lieferwagen neben ihm saß. Er wurde »Ginger« genannt – und sah aus, als wäre er aus einem grauen Felsblock herausgemeißelt, dem der rote Haarschopf erst nachträglich hinzugefügt worden war. An einem guten Tag hätte Tom es mit ihm aufnehmen können.
    »Denk noch nicht mal dran, Kumpel«, sagte Ginger.
    »Heute nicht.«
    Ginger musterte ihn. »In Frankreich gekämpft?«
    »In Griechenland und auf Kreta.«
    »Gegen Mussolini also.«
    »Und nach Mussolini«, sagte Tom. »Wir haben an der Seite der Griechen gekämpft, bis die Politik verrückt spielte.«
    »Wusste gar nicht, dass wir Leute dort hatten, bis dann die Jerrys auftauchten.«
    »RAF und ein Verbindungskommando, das war alles. Wir haben uns an der Aliakmon-Linie eingegraben. Die Vierzigste der Deutschen löschte die Jugos aus, umging unsere Linie und machte den Griechen Feuer unterm Arsch.«
    »Und ihr habt euch zurückfallen lassen? Hab gehört, ihr habt den Jerrys ziemlich zugesetzt?«
    Tom lächelte beinahe. »Die verdammten Kiwis. Wo haben die bloß so zu kämpfen gelernt?«
    »Dann wurdet

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