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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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stieß er auf die rückwärtige Treppe des Waterfall. Stieg zum zweiten Stock hinauf – zum Boxerzimmer. Fummelte in der kalten Dunkelheit, bis er den Schlüssel im Schloss hatte. Drinnen war es warm. Er schaltete das Licht an und setzte sich in den Sessel.
    Auf dem Tisch lag ein zusammengefalteter Zettel: »Lieber Tommy, das Zimmer gehört einen weiteren Monat Ihnen. Bitte kommen Sie zu mir – nachdem Sie geschlafen haben! Ich hab was für Sie. Süße Träume, A. Pritchett.«
    Der Zettel roch nach ihrem Parfüm. Feine weiße Blüten, einfach und rein.
    Er wusch sich im Badezimmer das Gesicht. Seine Kleidung war schlammverschmiert und mit Asche und Steinsplittern bedeckt. Sein Jackett war vom Schaufenster des Buchladens zerrissen. Er badete und ging Earls Sachen im Schrank durch. Im besten Anzug sah er wie ein Lackaffe aus, alles, was ihm noch dazu fehlte, war eine knielange Uhrkette und eine große Fliege. Und ein starker Drink. Unten trat er aufs Parkett und wünschte sich, er hätte eine Zigarette. Eine Kapelle spielte, ein Dutzend Paare schwofte über die Tanzfläche. Er setzte sich an die Theke, umklammerte einen doppelten Scotch und beobachtete die Tanzenden. Audrey war nicht darunter. Inch war nicht an seinem Tisch. Er winkte einem Zigarettenmädchen und kaufte auf Earls Rechnung eine Packung Goldflake. Er fragte, ob diesen Abend noch ein Tableau gezeigt werde, aber das Mädchen meinte, dafür sei es schon viel zu spät. Er fragte nicht nach der Uhrzeit. Er wollte es nicht wissen. Die Kapelle legte eine Pause ein, und ein Komiker trat auf. Noch ein Drink, und er würde es in Audreys Wohnung versuchen, mal sehen, was sie für ihn hatte. Vielleicht Neuigkeiten von Earl. Er wollte tanzen. Er hatte mal gewusst, wie die Drehungen hinzulegen waren.
    Jemand klopfte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um, und Highcastle riss ihn ruppig vom Barhocker.
    »Mein Gott!« Tom versuchte sich loszureißen, aber Highcastle hielt seinen auf den Rücken gedrehten Arm fest. Tom trat heftig mit dem Absatz zu, Highcastle stieß einen Schrei aus und ließ los. Tom schlug ihm in den Magen, trat näher heran, um einen weiteren Schlag anzubringen, aber einer von Highcastles Leuten schob sich dazwischen. Es war Ginger – der aus Granit gemeißelte Rothaarige, der Tom von der Botschaft ins Rowansea gefahren hatte. Er war nicht kleiner geworden. »Nicht hier, Kumpel«, sagte er. Bevor Tom antworten konnte, drehte ihm ein anderer den Arm nach hinten, dann schleiften sie ihn die Treppe hoch.
    »Ich kann allein gehen«, sagte Tom und riss sich los. »Ihr Arschlöcher.«
    Highcastle schob ihn durchs Foyer. »Rupert ist tot.«
     

24
 
3. Dezember 1941, Morgen
    Tom und die Wachen warteten im Wagen, während Highcastle die Stufen zu Davies-Franks Stadthaus hochschritt. Sie warteten, während er reglos vor der geschlossenen Tür stand, während er die Hand zur Klingel führte. Tom kannte die Körperhaltung: Bringe mein tiefstes Bedauern zum Ausdruck, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Sohn im Feld sein Leben gelassen hat … Nach einer kalten Stunde kehrte Highcastle zum Wagen zurück, und sie fuhren nach Hennessey Gate. Auf halber Strecke sagte Highcastle: »Seine Töchter – Ruperts Töchter –, sie haben meine Stimme gehört und mich für ihren Vater gehalten. Sie kamen im Pyjama nach unten, drängelten sich vor, konnten es kaum erwarten, die kleinen Rabauken. Es war ihnen klar, dass sie längst im Bett sein sollten. Aber sie wollten einen Gute-Nacht-Kuss.« Schweigend starrte er auf die dunkle Landschaft. »Was von ihrem Mann noch übrig sei? Das wollte Joan wissen. Gab’s noch was, das man beerdigen konnte? Ein Paar Schuhe mit zwei Füßen drin. Ein paar Brocken von zwei toten Kindern und ein goldener Manschettenknopf. Das ist alles, was von Rupert Davies-Frank noch übrig ist, Gott sei meiner Seele gnädig.«
    Die Morgendämmerung setzte ein. Tom war wieder in Hennessey Gate. Wieder am Ausgangspunkt, zu einem letzten Gespräch mit Sondegger. Highcastle wollte den Aufenthaltsort von Abendammer oder einen Vorwand, um den Hunnen zu hängen. Das Letztere, wie er sagte, wäre ihm lieber – und er würde es bekommen, wenn Sondegger Abendammer nicht rausrückte.
    Oben, im Zimmer am Ende des Flurs, saß Sondegger aufrecht an seinem Schreibtisch. Seine Zähne waren rot vom Blut seiner aufgeplatzten Lippe. »Haben Sie vom japanischen Botschafter gehört, Oshima Hiroshi?«, fragte er Tom mit seidiger Stimme. »Ein lustiger Kumpan des

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