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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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ausstehen, nicht bei sich und nicht bei anderen.
    »Wird mit weiteren Angriffen gerechnet?«, fragte er den Oberportier, als er den Eingang erreichte.
    »Darüber herrscht eine gewisse Unklarheit, M’Lord«, sagte der Portier. »Gasmasken und Helme sind verfügbar, falls Eure Lordschaft auswärts zu speisen wünschen.«
    »Ich gehe nicht weit und bin nicht lange weg.«
    Der Portier war ein guter Mensch, einer aus der alten Schule, ehrerbietig, ohne unterwürfig zu sein. Die alte Schule war am besten: Man war treu seinem Gott ergeben, loyal der eigenen Klasse gegenüber, Herr über seine Familie und zufrieden mit vier Prozent auf sein Geld. Er trat in den frühen Abend hinaus und ging in Richtung Waterloo Place, einem hübschen Straßenzug mit Versicherungsgesellschaften und Banken. Die würde es auch noch geben, wenn die tagesaktuellen Probleme schon lange in Vergessenheit geraten sein würden. Und was das übrige anbelangte: Er vertraute seinem Gott und sorgte sich um seine Klasse und seine Familie. Harriet war das getreue Abbild von Lady Chilton – obwohl sie seine Augen und ein fremdländisches Temperament an sich hatte. Earl hingegen war kein Blutsverwandter. Und dessen Bruder stand ihm noch ferner. Außerdem war Tom lediglich Durchschnitt. Am Leicester Square blieb Chilton stehen und betrachtete die Statue Shakespeares. Früher war der Platz als »Schmollwinkel der Prinzen« bezeichnet worden, jetzt in Kriegszeiten war er nur einer von vielen grauen Plätzen, ein Ort, wo man verweilen konnte, während Rugg und Renard herausfanden, ob einem jemand gefolgt war. An der Ecke zur Gerrard Street tauchten sie dann auf, als hätten sie sich in der einsetzenden Dämmerung aus der diesigen Luft kondensiert. Sie passten sich seinem Tempo an und marschierten recht unverhohlen die Wardour Street hinunter, wo sie vor einem unbeleuchteten Aushang mit Filmplakaten stehen blieben.
    »Ah, Sir, hier läuft Fantasia « , sagte Renard und zeigte auf das Plakat. »Mit dem Zauberer, dem Lehrling. Für Zeiten wie diese nur … nur – das Wort liegt mir auf der Zunge …«
    »Adäquat«, sagte Rugg. Der große Mann hatte kleine Schweinsäuglein, in denen nicht die geringste Spur von Intelligenz aufblitzte. Er würde Rugg nicht aus den Augen lassen dürfen.
    »Adäquat!«, sagte Renard. »Rugg kennt seine Wörter, ja, ja. Na, erzähl Seiner Lordschaft doch mal von deinem Lieblingsfilm – Dr. Jekyll und Mr. Hyde mit Freddie March.«
    »Haben Sie etwas zu berichten?«, fragte Chilton.
    »Das haben wir, Sir. Gestern am späten Abend – oder heute am frühen Morgen – waren wir im Waterfall, nachdem wir uns Ihren anderen Botengang für später aufgehoben haben. Unser Mr. Wall, scheint’s, hat das Nachtleben ein wenig zu ausgiebig genossen.« Renard grinste breit. »Er ist nämlich rausgeschmissen worden.«
    »Am Schlafittchen gepackt, und hops«, sagte Rugg.
    »Er wurde gewaltsam des Waterfalls verwiesen?«, fragte Chilton. In erster Linie war er eigentlich am »anderen Botengang« interessiert, aber er gedachte nicht, ihnen ihre Informationen aus der Nase zu locken. In angemessener Zeit würde er sie einfordern.
    »Die Typen, die ihn verdroschen haben, waren Polizisten«, sagte Renard. »Spezialabteilung oder so was. Sie haben ihn auch nicht rausgeworfen. Sondern woandershin eingeladen.«
    »Ihn eingeladen.« Ein weiteres Treffen mit Davies-Frank. »Wo?«
    »Keine Ahnung. Sie haben ihn sich geschnappt und sind dann verschwunden.«
    »Gut. Observieren Sie weiterhin den Nachtclub. Verfügen Sie über genügend Mittel?« Er regelte die finanziellen Einzelheiten. »Lassen Sie Wall nicht noch mal entkommen. Eine Nachricht im Lion wird Sie erreichen?«
    Renard bejahte. »Aber, Sir? Wir haben auch diesen anderen Botengang ausgeführt.«
    Ausgezeichnet. »Sie kamen mit Mr. Melvilles Wohnung zurecht?«
    »Das Schloss in seiner Tür hat mir förmlich die Hand geküsst.« Renards scharfe Gesichtszüge zuckten.
    »Sie haben etwas gefunden?«
    Rugg streckte ihm seine fleischige Faust hin und reichte ihm eine zerknüllte Seite. Chilton strich das Papier zwischen den Händen glatt, konnte im Abendlicht aber nichts entziffern. »Kurzschrift?«
    »Winzige Buchstaben, mehr nicht.«
    »Sonst haben Sie nichts gefunden?«
    »Nur diesen einen Fetzen. Er ist, wie nennen Sie das … Wie heißt das Wort? Kryptisch. ›Herr Sonder contra Abwehr‹, steht drauf. Rugg meint, dieser deutsche Typ, Sonder, der arbeitet gegen die Nazis …«
    »Verdammter

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