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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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loyaler Bürger. Wir sind wenige, aber an einflussreichen Stellen postiert. Offiziell können wir nichts tun. Dennoch wollen wir diesen japanischen Überraschungsangriff verhindern – ohne zu verraten, woher diese Warnung kommt.«
    »Toller Nazihaufen.«
    Sondeggers geschwollene Lippen formten sich zu einem Lächeln. »Erst letzten Monat haben wir vom Angriffsplan erfahren. Unser Versuch, ihn zu stoppen, beruht notgedrungen auf Improvisation und Verzweiflung – und auf meiner zufälligen Bekanntschaft mit Ihrem Bruder.« Er ließ den Bleistift durch seine Finger wandern. »Darauf, und auf dem kleinen Mitarbeiterstab, über den ich selbst verfüge.«
    »Wo haben Sie meinen Bruder getroffen?«
    »Sie können diesen mörderischen Überfall verhindern. Nur Sie können das.«
    »Abendammer«, sagte Tom. »Geben Sie mir einen Namen, geben Sie mir …«
    »Finden Sie das Buch, Thomas. Übergeben Sie die Informationen Ihren Leuten. Wenn Ihre Regierung von dem Angriff weiß, wird er abgebrochen. Haben Sie verstanden? Er wird nicht stattfinden, wenn Sie ihnen klar machen, was geplant ist.«
    »Sicher. Ich werde sie kurz mal anklingeln.«
    »Den Beweis, Thomas« – Sondegger zwinkerte –, »halten Sie fast schon in der Hand.«
    »Anders als die Informationen zu Abenda …«
    Sondegger rammte die glänzende Bleistiftspitze mitten in Toms Handfläche.
     
    Sondegger hatte zwei ausschlaggebende Beweggründe. Der erste: den Vereinigten Staaten keinen Vorwand zu liefern, um in den Krieg einzutreten, nachdem der republikanische Senat Roosevelt dies ohne triftigen Grund nicht erlauben würde. Das amerikanische Volk verspürte nicht den Wunsch, seine Jungs für die Briten, die Juden und die Kommunisten zu opfern. Wenn sie nicht gezwungen wurden, zu kämpfen, würden sie es nicht tun.
    Das zweite Ziel – von dem einige im SD annahmen, es sei das einzige – bestand darin, herauszufinden, ob das Agentennetz der Abwehr unterwandert worden war. Er konnte mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen. Alles, was er brauchte, war ein kleines Beweisstück, das sich leicht besorgen ließ, wenn er diesem Schmierentheater hier erst einmal entkommen war. Er vermisste die Aufführungen. Die Intonationen, das Timbre seiner Stimme, wenn sie uralte Verse rezitierte: Maledicant illum sacrarum virginum chori, quae mundi vana causa honoris Christi respuenda contempserunt. Möge der heilige Chor der heiligen Jungfrauen, welche um der Ehre Christi willen allem Weltlichen entsagt haben, ihn verdammen. Der arme verfluchte Thomas Wall mit seinem großspurigen Gehabe und seinen traurigen Augen. Er war Sondegger ein wenig ans Herz gewachsen. Er brannte so lichterloh. Er schrie auf, als sich der Bleistift in seine Wunde bohrte. Maledictus sit in capillis, maledictus sit in cerebro. Möge er verflucht sein im Haar seines Hauptes, möge er verflucht sein im Gehirn, in vertice, an den Schläfen, in dentibus, in gutter e , in den Zähnen, in der Gurgel, in pedibus et in unguibus. Möge er verflucht sein in den Händen, in den Fingern. Dunkles Blut sammelte sich in Toms Handfläche. Highcastle kam herangestürzt, überaus schnell für einen so stämmigen Mann wie ihn, und verpasste Sondegger einen Schlag. Sondegger fiel nach vorn und packte Highcastle an der Hüfte. Highcastle stieß ihm das Knie gegen das Kinn. Sondegger wurde der Kopf nach hinten gerissen, er sackte auf dem Boden zusammen.
    Die Tür ging auf. Der Wachmann kam hereingestürmt und rang mit Tom. Genauso gut hätte er sich mit einem Straßenkater balgen können. Der arme Thomas, ein kleiner Nebenspieler, durch Feuer und Hammer und Amboss zu einer interessanten Figur geschmiedet.
    Thomas holte mit der rechten Hand aus, schwarze Bluttropfen flogen durch die Luft. Highcastles fleischiger Unterarm erwischte Tom am Hinterkopf, bevor der Wachmann sich auf ihn stürzte und ihm Handschellen anlegte. Sondegger lag am Boden und hielt sich den Bauch. Er schob sich den Metallstift, den er sich von Highcastles Brille geschnappt hatte, ins Nasenloch. War Tom noch immer der beste Weg zur US-Botschaft? Ja, er war unverzichtbar. Bald würde sich Sondegger zu ihm auf die Bühne Londons gesellen. Er würde sich in den Seitenkulissen aufhalten und ihm, falls nötig, soufflieren.
     
    Der Aufzug war außer Betrieb, weshalb Chilton die drei Stockwerke von der Suite in seinem Londoner Club zu Fuß nach unten ging – ohne auch nur im geringsten außer Atem zu kommen. Er konnte Idioten nicht leiden, er konnte Schwäche nicht

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