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Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sein. Nach dem Gesichtsausdruck des Toten möchte ich schließen, dass der Stoß ihn völlig unerwartet traf. Er verschied vielleicht, ohne zu wissen, wer der Angreifer war.»
    «Butler schleichen umher wie die Katzen», sagte Inspektor Davis. «Dieses Verbrechen birgt nicht viel Geheimnisvolles. Werfen Sie einen Blick auf den Griff des Dolches.»
    Ich sah hin.
    «Mir scheint, für Sie sind sie nicht deutlich genug, aber ich sehe sie.» Er senkte die Stimme. «Fingerabdrücke!» Er wich einige Schritte zurück, um die Wirkung seiner Worte noch besser genießen zu können.
    «Ja», sagte ich leichthin. «Das dachte ich mir.»
    Ich sehe nicht ein, weshalb man mir jeglichen Verstand abspricht. Schließlich lese ich Detektivgeschichten und Zeitungen und bin ein Mann mit durchschnittlichen Fähigkeiten. Hätten zehnerlei Spuren an dem Griff gehaftet, wäre es anders gewesen. Dann hätte ich Erstaunen und Ehrfurcht in jedem beliebigen Maße bezeugt.
    Ich glaube, der Inspektor verübelte es mir, dass ich mich nicht erregter zeigte. Er langte nach der Porzellanvase und forderte mich auf, ihm in das Billardzimmer zu folgen.
    «Ich möchte hören, ob Raymond uns etwas über diesen Dolch sagen kann», erklärte er.
    Nachdem wir die äußere Tür wieder hinter uns verschlossen hatten, gingen wir in das Billardzimmer, wo wir Raymond vorfanden. Der Inspektor hielt ihm die Vase entgegen.
    «Ja, ich glaube … Ich möchte beinahe mit Sicherheit behaupten, dass es der Dolch ist, den Major Blunt Mr. Ackroyd geschenkt hat. Stammt aus Marokko, nein, aus Tunis. Damit wurde also das Verbrechen verübt? Wie seltsam! Es scheint fast unmöglich, und doch dürfte es kaum zwei gleiche Dolche dieser Art geben. Soll ich Major Blunt holen?»
    Er eilte davon, ohne die Antwort abzuwarten.
    «Netter junger Mann», sagte der Inspektor. «Offen und ehrlich.» Ich stimmte bei. Während der zwei Jahre, in denen Geoffrey Raymond als Sekretär für Ackroyd gearbeitet hatte, hatte ich ihn niemals gereizt oder schlecht gelaunt gesehen. Und soviel ich weiß, war er auch äußerst tüchtig.
    Kurz darauf kehrte Raymond mit Blunt zurück.
    «Ich hatte recht», sagte er. «Es ist der tunesische Dolch.»
    «Major Blunt hat es doch noch gar nicht bestätigt», warf der Inspektor ein.
    «Bemerkte es sofort, als ich das Arbeitszimmer betrat», sagte der wortkarge Mann. «Sie erkannten den Dolch?» Blunt nickte.
    «Und Sie erwähnten es nicht?», fragte der Inspektor misstrauisch.
    «War nicht der rechte Augenblick», sagte Blunt. «Schon viel Unheil entstanden durch unbesonnenes Schwatzen zur falschen Zeit.»
    Er hielt dem Blick des Inspektors ruhig stand. Dieser wandte sich schließlich brummend ab und wies auf den Dolch. «Sind Sie ganz sicher, Major? Erkennen Sie ihn ganz gewiss?»
    Der Major war seiner Sache sicher.
    «Absolut. Ohne jeden Zweifel.»
    «Wo war diese – hm – Seltenheit aufbewahrt? Können Sie mir das sagen, Major?»
    Nun antwortete der Sekretär: «In der Vitrine im Salon.»
    «Was?», rief ich.
    Die anderen sahen mich an.
    «Nun, Doktor?», sagte der Inspektor ermutigend.
    «Es ist so unbedeutend», entschuldigte ich mich. «Aber als ich gestern zum Essen kam, hörte ich, wie jemand den Deckel der Vitrine im Salon schloss.»
    Des Inspektors Haltung verriet Zweifel und ein wenig Misstrauen.
    «Woher wussten Sie, dass es der Deckel der Vitrine war?»
    Ich war gezwungen, alle Einzelheiten bekannt zu geben – eine langwierige Erklärung, die ich mir gern erspart hätte. Der Inspektor lauschte aufmerksam.
    «Lag der Dolch an seinem Platz, als Sie den Inhalt der Vitrine betrachteten?», fragte er.
    «Das weiß ich nicht», sagte ich. «Ich kann mich nicht erinnern, ihn bemerkt zu haben, aber er kann trotzdem die ganze Zeit dort gewesen sein.»
    «Es wäre klüger, die Haushälterin zu fragen», bemerkte der Inspektor und gab ein Glockenzeichen.
    Wenig später trat Miss Russell ins Zimmer.
    «Ich glaube nicht, dass ich in die Nähe der Vitrine kam», sagte sie, als der Inspektor die Frage gestellt hatte. «Ich wollte nachsehen, ob die Blumen noch frisch waren. O ja, nun entsinne ich mich. Die Vitrine stand offen, und ich schloss den Deckel, als ich vorüberging.»
    Sie sah ihn herausfordernd an.
    «Ich verstehe», sagte der Inspektor. «Können Sie mir sagen, ob damals dieser Dolch an seinem Platz lag?»
    Miss Russell betrachtete die Waffe.
    «Ich weiß es nicht bestimmt», erwiderte sie. «Ich hielt mich nicht weiter auf. Ich wusste, die Familie

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