Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Entschluss.
    «Es ist mir sogar sehr angenehm, dass Sie die Sache zur Sprache bringen», sagte ich. «Ich schwankte, ob ich alles offen heraussagen sollte oder nicht. Das heißt, ich war bereits entschlossen, Ihnen alles mitzuteilen, doch wollte ich erst eine günstige Gelegenheit abwarten. Es kann ebenso gut auch jetzt sein.»
    Und dann berichtete ich den Gang der Ereignisse, wie ich sie hier schon niedergeschrieben habe. Der Inspektor hörte gespannt zu und warf hin und wieder auch eine Frage ein.
    «Die merkwürdigste Geschichte, die mir je vorgekommen ist», sagte er, als ich geendet hatte. «Und Sie sagen, der Brief sei spurlos verschwunden? Das sieht schlimm aus – sogar sehr schlimm. Das führt uns zu etwas, was wir dringend suchen … zu dem Motiv für den Mord.»
    Ich nickte.
    «Sie sagen, Mr. Ackroyd habe durchblicken lassen, dass ein Mitglied seines Hauses mit der Sache in Zusammenhang stehe. ‹Haus› ist in diesem Fall ein dehnbarer Begriff.»
    «Glauben Sie nicht, Parker könnte vielleicht selbst der Mann sein, den wir suchen?», deutete ich an.
    «Möglich. Offenbar horchte er an der Tür, als Sie herauskamen. Später stieß Miss Flora wieder auf ihn, als er eben das Arbeitszimmer betreten wollte. Nehmen wir an, er versuchte es nochmals, als sie sich entfernt hatte; er erstach Ackroyd, versperrte die Tür von innen, öffnete das Fenster, sprang hinaus und ging rund um das Haus bis zum rückwärtigen Eingang, den er vorher offengelassen hatte. Was halten Sie davon?»
    «Es spricht nur eines dagegen», erwiderte ich langsam. «Wenn Ackroyd sofort nach meinem Weggang den Brief zu Ende las, wie er beabsichtigte, sehe ich nicht ein, weshalb er dann regungslos hier sitzen blieb, um noch eine Stunde lang über die Sache nachzugrübeln. Er hätte doch Parker sofort hereingerufen, ihn auf der Stelle beschuldigt, und es wäre zu einer scharfen Auseinandersetzung gekommen. Vergessen Sie vor allem Ackroyds Jähzorn nicht.»
    «Vielleicht blieb ihm nicht genug Zeit, den Brief weiterzulesen», meinte der Inspektor. «Wir wissen, dass jemand um halb zehn bei ihm war. Wenn sich der Besucher gleich nach Ihrem Weggang einstellte und wenn Miss Ackroyd kurz darauf eintrat, nachdem dieser gegangen war, und gute Nacht wünschte – nun, dann dürfte er erst knapp vor zehn Uhr zur Lektüre seines Briefes gelangt sein.»
    «Und der Telefonanruf?»
    «Stammt natürlich von Parker – vielleicht bevor er an die versperrte Tür und das geöffnete Fenster dachte. Dann überlegte er es sich anders oder bekam es mit der Angst zu tun – und entschloss sich, alles abzuleugnen. So war es, verlassen Sie sich darauf.»
    «Ja – ja», sagte ich zögernd.
    «Jedenfalls können wir durch das Fernsprechamt die Wahrheit über den Anruf erfahren. Wenn das Gespräch von hier erfolgte, wüsste ich nicht, wer außer Parker in Betracht käme. Verlassen Sie sich darauf, er ist unser Mann. Aber schweigen Sie darüber – wir wollen ihn lieber nicht beunruhigen, solange wir nicht alle Beweise in der Hand haben. Ich werde schon aufpassen, dass er uns nicht entschlüpft. Zum Schein wollen wir unsere ganze Aufmerksamkeit Ihrem Fremden zuwenden.»
    Er erhob sich von dem Stuhl, auf dem er rittlings gesessen hatte, und näherte sich der leblosen Gestalt im Lehnstuhl.
    «Die Waffe müsste uns einen Anhaltspunkt geben», bemerkte er. «Sie ist ganz einzig in ihrer Art – eine Rarität, soweit ich das beurteilen kann.»
    Er beugte sich nieder, prüfte aufmerksam den Griff und brummte zufrieden. Dann zog er vorsichtig die Klinge aus der Wunde, ohne den Griff zu berühren, und stellte sie in einen Porzellankrug auf dem Kamin.
    «Ja», sagte er und wies auf den Dolch. «Ein wahres Kunstwerk. Es gibt bestimmt nicht viele dieser Art.»
    Es war wirklich ein wunderschönes Stück. Eine schmale, flache, spitz zulaufende Klinge und ein Griff aus kunstvoll verschlungenem Metall. Vorsichtig berührte er die Klinge mit dem Finger und nickte anerkennend.
    «Du lieber Gott, was für eine Schneide!», rief er. «Ein Kind könnte einen Mann damit durchbohren. Ein gefährliches Spielzeug.»
    «Dürfte ich jetzt den Toten untersuchen?», fragte ich.
    Er nickte.
    «Beginnen Sie.»
    Ich nahm eine gründliche Untersuchung vor.
    «Nun?», fragte der Inspektor, als ich damit fertig war.
    «Ich will Ihnen die technischen Ausdrücke ersparen», sagte ich. «Der Stoß wurde von einer hinter ihm stehenden Person mit der rechten Hand ausgeführt, der Tod muss sofort eingetreten

Weitere Kostenlose Bücher