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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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hatten wir kaum Zeit, uns zu sehen. Wenn, dann nur so kurz, um unser Liebesleben maximal mit einem Quickie einzuläuten. Das, entschied ich für mich, wäre zu unromantisch. Also hielt ich mich zurück.
    Endlich waren Semesterferien. Steve hatte seine Prüfungen relativ ordentlich bestanden. Damit war sein Studienaufenthalt in Deutschland nun offiziell beendet. Das traurige Gefühl des baldigen Abschieds machte sich breit. Die Frage »Was war das jetzt für eine Beziehung ?« beziehungsweise »Was wird das jetzt für eine Beziehung?« raubte mir den Schlaf. Für eine einfache Affäre - wenn auch ohne Sex - war das, was zwischen Steve und mir war, mittlerweile zu groß. Für den ultimativen Schritt, ihm einen Heiratsantrag zu machen, war ich noch zu klein. Aber unsere Liebe einfach so auslaufen zu lassen kam nicht in Frage.
    Steve hatte anscheinend die gleichen Gedanken. Eines Nachts klingelte das Telefon.
    »Alice, ich kann nicht schlafen. Ich muss ständig an dich denken. Was wird, wenn ich zurück nach Amerika gehe? Pack ein paar Sachen ein, ich hole dich in einer Viertelstunde ab !«
    Damit legte er auf. Einen Augenblick lag ich ratlos an die Decke starrend in meinem Bett. Dann überkam mich eine unnatürliche Betriebsamkeit. Innerhalb von fünf Minuten packte ich drei große Reisetaschen und einen kleinen Koffer sowie meine Geburtsurkunde und meine Lieblings-CDs. Ich hatte das untrügliche Gefühl, ich würde mit Steve nach Amerika auswandern. Pünktlich fünfzehn Minuten nach unserem Telefonat klingelte Steve an meiner Tür. Er ließ mich nicht warten. Das liebte ich an ihm.
    »Was hast du vor ?« , sagte er mit Blick auf mein Überseegepäck. »Willst du auswandern ?«
    Steve selbst hatte nur eine kleine Sporttasche mit ein paar T-Shirts und Unterwäsche zum Wechseln dabei. So gut es mit einem Fuß ging, ohne umzufallen, schob ich die drei Reisetaschen beiseite und erklärte meine Waschmaschine für defekt. Dies sei alles für den Waschsalon eingepackt. Dann griff ich nach dem Köfferchen, stellte mich vor ihn wie ein Pudel, der auf eine Scheibe Fleischwurst wartet, und flötete unschuldig: »Wo geht's denn hin ?«
    »Nach Holland. Ich habe meinen Rückflug verschoben, damit wir noch ein paar Tage für uns haben .«
    Auf der Fahrt durch die Nacht in seinem gemieteten Beetle-Cabrio hingen wir beide unseren Gedanken nach. Holland. Eigentlich ja auch ganz nett, dachte ich. Und man kann nicht ernsthaft erwarten, von einem gut aussehenden Collegestudenten nach Amerika entführt zu werden, ohne vorher wenigstens einmal Sex mit ihm gehabt zu haben. Deshalb bestelle ich eigentlich auch nicht mehr per Katalog. Auf dem Foto sieht immer alles ganz klasse aus, aber nachher passt es nicht richtig, ist schlecht verarbeitet und der Umtausch verursacht nur zusätzlichen Ärger. Falls man das Teil überhaupt wieder loswird. Man sollte die Sachen vorher genau begutachten können und in jedem Fall anprobieren. Und das kann man auch in Holland machen. Meine Laune wurde wieder besser.
    Als die Sonne aufging, erreichten wir Zandvoort, und zum ersten Funkeln der noch müden Strahlen lagen wir am Strand und küssten uns. Steve zeigte aufs Meer hinaus und kniff dabei ein wenig die Augen zusammen.
    »Da hinten ist New York. Kann man jetzt aber nicht so genau sehen. Da ist ja noch Nacht !«
    Ich blinzelte ein wenig und erkannte zwei erleuchtete Fenster im dreiundsiebzigsten Stock des Empire State Buildings. Steve war sich allerdings sicher, dass ich das Gebäude mit dem Prudential Tower in Boston verwechselte. Klugscheißer. Ich fing an, ein bisschen rumzuzicken. Ob er denn immer alles besser wüsste und so. Steve verstand nicht, was ich da plötzlich für eine Show abzog. Genaugenommen verstand ich es selber nicht. Ich wusste, dass es nur nach hinten losgehen würde, wenn ich aus so einem blöden Anlass, der noch dazu ein Witz war, einen Streit provozierte. Ich tat es aber trotzdem.
    »Es geht gar nicht um die erleuchteten Fenster«, sagte ich schnippisch und drückte mein Kreuz gerade, um sachlich zu wirken, »ich habe nur das Gefühl, dass du immer Recht haben willst !«
    Ich hatte den Eindruck, mir selbst dabei zuzuhören, wie ich auf Steve einredete. Wahrscheinlich war ich übermüdet, ich hatte ja praktisch seit gestern früh nicht mehr geschlafen. Ich machte ihm noch ein paar völlig idiotische Vorwürfe und ließ ihn dann mit den Worten »So leicht kriegst du mich nicht rum« zurück. Dann stiefelte ich durch die Dünen

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