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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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muntere Gebrabbel über Touchdowns und Fieldgoals verstummt kurz, als wir an den Jungs mit den Karohemden vorbeigehen.
    »Der mit der grünen Kappe erinnert mich an jemanden«, sagt Ruth, als wir uns in den engen Toilettenraum zwängen.
    »Karohemd und grüne Mütze? Ganz klar, der erinnert dich an einen Holzfäller !« , gebe ich zurück.
    Ruth verschwindet in einer der Kabinen. Ich kontrolliere die erbärmlichen Reste meiner Schönheit im Spiegel. Für die Dorfjugend mag es vielleicht reichen, aber ich komme mir ziemlich hässlich vor. Okay, mal sehen, was man da heute Abend noch rausholen kann. Erst mal kurz das Gesicht waschen. Ich drehe das Zahnrad am Seifenspender. Eine handvoll Kernseifenraspel fallen mir in die Hand. Das bringt mich auf eine Idee. Kurz anfeuchten, etwas aufschäumen und in die Haare. Kernseife ist der beste Haarlack, den man sich vorstellen kann. Ich drücke meine langen braunen Haare seitlich etwas hoch. Erstaunlich viel Volumen für so ein Provisorium. Dann eine Strähne anfeuchten und exakt so über der Stirn platzieren, dass es total unbeabsichtigt aussieht. Schon besser. Jetzt fehlt eigentlich noch etwas Schminke. Aber meine Tasche ist ja noch im Wagen. Und Ruths Beauty-Accessoires würden nicht mal in der Dritten Welt für Aufregung sorgen.
    »Sag mal, haste echt nur Labello dabei ?« , rufe ich ihr zu, während ich in ihrer Handtasche wühle.
    »Mehr brauche ich nicht. Bei mir steht meine natürliche Schönheit im Vordergrund !« , schallt es durch die Kabinentür zurück.
    Ich überlege, wie ich etwas mehr aus meiner natürlichen Schönheit machen kann, als die Bedienung den Toilettenraum betritt. Sie lächelt mir freundlich zu. Ungefragt legt sie Hand an meine Haare. Unter normalen Umständen würde ich ausrasten, wenn ein wildfremder Mensch meine Locken berührt, aber sie hat mit einem Handgriff zwei weitere Strähnchen neben meine Ohren drapiert, und ich finde, es sieht echt gut aus. Dankbar lächle ich zurück.
    »You definitely need some lipstick !« , stellt sie sachlich fest. Das Cowgirl drückt mir ihren Rubyred in die Hand. Noch einmal schaut sie freundlich aufmunternd zu mir. Dann geht sie zurück an ihre Arbeit. Ein sattes, glänzendes Rot zeichnet die Konturen meiner vollen Lippen nach. Mit jedem Millimeter Farbe kommt auch mein Selbstbewusstsein wieder zurück. In Deutschland laufe ich nie so, wie soll ich sagen ... fast nuttig herum, aber hey, ich bin im Urlaub, und hier, im Wilden Westen, macht es richtig Spaß. Ich bin Kitty, die Chefin des Road-side-Saloons. Draußen warten ein paar Holzfäller auf mich, denen ich mal gehörig den Kopf verdrehen werde. Auf geht's.
    »Kommst du ?« , frage ich Ruth.
    Als Antwort kommt nur so etwas wie: »Käse stopft .«
    »Okay, dann gehe ich schon mal vor !«
    Diesmal genieße ich sogar die Blicke der Jungs an der Theke, denn ich sehe echt verdammt gut aus. Auch Sailor, der inzwischen mit meiner Handtasche wieder an der Bar sitzt, macht ein paar triebgesteuerte Komplimente.
    »Hey Cowboy, wie wär's mit 'ner Runde Billard? Ich könnte meine Reisekasse aufbessern !« , provoziere ich ihn.
    Da habe ich offenbar einen Nerv getroffen, denn Miller Junior hält sich selbst für den ungekrönten Pool-Champion von Brown County. Als der nächste Tisch frei wird, beginnen wir unsere Partie. Natürlich habe ich schon ein paar Mal Billard gespielt und weiß so ungefähr, wie man den Queue hält, aber  das war es dann auch schon. Meine gute Eröffnung ist reine Glückssache, die den Champ für einen Augenblick einen echten Gegner ahnen lässt. Doch schon mein zweiter Stoß versenkt die schwarze Acht und die weiße Kugel gleich hinterher. Sailor triumphiert, gewährt mir aber Revanche. Ein paar Stammgäste begutachten mein unbeholfenes Spiel. Sailor legt eine richtige Show hin.
    »Hey, let me show you something!", einer der Cowboys tritt zu uns an den Tisch. Er legt sanft seine Hand auf meinen Billardstock. Sailor funkelt den Typen an, doch der Holzfäller lässt sich nicht beeindrucken. Der Cowboy stellt sich hinter mich und führt mit mir zusammen den nächsten Stoß durch. Ein guter, der gleich zwei meiner Kugeln in die entsprechenden Taschen befördert. Ich sei ein Naturtalent, raunt er Sailor zu, das nur den richtigen Lehrer brauche, der ihr das Stoßen beibringe. Mein Englisch hinkt etwas hinterher, bis ich die Anspielung kapiere, doch Sailor rastet auf der Stelle aus. Im Nu hat er uns den Queue aus der Hand gerissen und dem Holzfäller

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