Alice@Hollywood
Tiefschlaf versetzt, aus dem ihn nicht mal ein thermonuklearer Erstschlag wecken könnte. Nina und ich hingegen haben das Vergnügen, jede Einzelheit des Liebesspiels im Nachbarzimmer mitzubekommen. Bis die Jubelarie ihr furioses Finale findet, haben wir Zeit zu duschen, uns in aller Ruhe anzuziehen und dabei die Ausdauer sämtlicher Liebhaber zu diskutieren, die wir seit Teenietagen hatten. Keiner kann es mit dem Tier aufnehmen, das da gerade ausgiebigst unsere Freundin bearbeitet. Natürlich sind wir wahnsinnig neugierig. Trotzdem halten wir es für angebracht, den beiden noch etwas Zeit zu lassen. Deshalb klopfen wir erst zwei Minuten nach dem Höhepunkt an die Tür des Nachbarzimmers. Tapsende Schritte nähern sich der Tür. Sie öffnet sich einen Spalt, und Ruths beischlafgerötetes Gesicht erscheint.
»Oh, ihr. Was macht ihr denn hier ?«
»Was du hier machst, konnten wir hören«, sagt Nina mit spöttischem Grinsen.
Ruth bedeckt schamvoll ihr Gesicht mit Frotte. Nina drückt gegen die Tür. Sie will einen Blick auf den wilden Mann werfen. Lautes Geplätscher weist darauf hin, dass er unter der Dusche steckt.
»Wo warst du denn ?« , frage ich Ruth.
Sie ergreift die Flucht nach vorn.
»Das könnte ich euch auch fragen .«
Nina wehrt mit den Händen ab. Sie ist, was die vergangene Nacht angeht, eindeutig die Unschuldige.
»Ich wollte mich gestern nur ein bisschen unterhalten«, sagt Ruth, »was etwas schwierig war, weil ja draußen vor der Bar jemand eine Schießerei anzetteln musste .«
Erwischt. Der Vorwurf in ihrem Blick ist garniert mit echter Sorge um mein Seelenheil. In ihren Augen bin ich wohl nicht mehr weit von dem entfernt, was man früher als Flintenweib bezeichnet hat. Betreten sehe ich zu Boden. Nina reckt den Hals, um ins Zimmer zu spähen. Das Durcheinander lässt auf eine Orgie schließen, die sich nicht auf das Bett beschränkt hat.
»Sieht nicht so aus, als ob ihr euch nur unterhalten hättet«, bemerkt Nina mit hochgezogener Augenbraue.
»Am Anfang schon«, kontert Ruth trotzig.
Die Tür des Badezimmers öffnet sich, und ein kräftiger Typ erscheint. Er sieht uns neugierig an, und ganz unamerikanisch schamlos kommt er, ohne, seine Blöße zu bedecken, auf uns zu. Ninas Blick heftet sich unverhohlen interessiert an seine beeindruckende Männlichkeit, bis er sie mit dem Rest seines Unterkörpers hinter Ruths Rücken verbirgt. Er küsst Ruth sanft in den Nacken und sieht uns fröhlich an.
»Hi.«
Der Typ hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Tanzbär von der Pumpgun-Party, mit dem Ruth ein paar Runden gedreht hatte.
»Das ist Ron«, sagt Ruth und schmiegt sich lächelnd an den Koloss. Nina, die sich jetzt mit dem Gesicht des Kerls zufrieden geben muss, scheint die Ähnlichkeit auch aufgefallen zu sein.
»Sind wir uns schon mal begegnet ?«
Ron pustet Ruth von hinten eine ihrer Haarsträhnen ins Gesicht. »Hätt ich mir gewünscht .«
Ruth lächelt verlegen: »Wie sieht's aus mit Frühstück ?«
Eine halbe Stunde später sitzen wir beisammen. Es gibt drei Frühstücksvariationen. Wir entscheiden uns für die, die den gängigen Vorstellungen dieser Mahlzeit am nächsten kommt, Ron nimmt alle drei. Hat sich ja auch ziemlich verausgabt. Ruth regeneriert ihren Energiehaushalt mit einem Riesenteller Obst und erzählt, auf welchen Umwegen es sie in das Nachbarzimmer unseres Motels verschlagen hat.
»Wenn ein Abend mit einer Schießerei anfängt, sollte man meinen, dass es nicht mehr viel dicker kommen kann .«
Als sie von der Toilette zurückgekommen war, hatte sie in einer Ecke der Bar Ron entdeckt. Sie hatte ihn angesprochen, weil auch sie ihn zunächst für den Pumpgun-Party-Tanzbären hielt. Kurz darauf) fing der »schmächtige Schläger«, mit dem sie gekommen waren, an, drei harmlose Holzfäller zu provozieren. Bevor sie noch richtig begriff, was da vor sich ging, verlagerte sich der Streit vor die Tür. Und dann fielen auch schon die Schüsse. Als sie mich in dem Getümmel nicht mehr ausmachen konnte, wollte sie nach draußen stürmen, lief aber den Holzfällern in die Arme, die gerade in die Bar zurückkehrten.
»Was ist passiert, um Himmels willen ?«
»Die Mieze und das kleine Arschloch sind abgehauen !« , grunzte sie einer der Vierschröter an.
»Lebend?«
»Klar! Schließlich hatten sie ja die Kanone !«
»Alice!«
Ron beruhigte die Gemüter, allein schon durch seinen Körperbau, und bugsierte Ruth zurück an ihren Platz.
»Hat deine Freundin ein Faible für
Weitere Kostenlose Bücher