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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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was sicher nicht nur an dem Baileys und der Müdigkeit liegt. Las Vegas berauscht mich mit glitzernden Lichtern und blinkenden Dollarzeichen. Mit aller Macht sollen wir hier zum Geldausgeben hypnotisiert werden. Doch Nina und ich bleiben standhaft. Unversehrt erreichen wir den Counter. Der halslose Portier gleicht unsere Pässe mit den Namen in seinem speckigen Reservierungsbuch ab. Wortlos schiebt er einen Zimmerschlüssel mit Jeton-Anhänger über den Tresen. Dazu den Prospekt einer Wedding-Chapel und eine Nachricht von Ruth, die hier mit Ron die Hochzeitssuite im Penthouse belegt hat.
    Hallo, ihr zwei. Ron und ich sehen uns die David-Copperfield-Show an. Morgen früh gehen wir shoppen. Wir sehen uns dann morgen Nachmittag um vier in der Romantic Pirate Chapel zur Hochzeit. Grüße, R + R
    »R + R? Klingt wie C&A oder H&M ...«, findet Nina, »... und gleich nach unserer Hochzeit eröffnen wir eine Herrenboutique in Wuppertal. Gruß, Ruth!«
    Ich überlege, ob mir auch eine pfiffige Buchstabenkombination einfällt, damit ich auf Ninas Bemerkung reagieren kann, aber außer AEG kommt mir nichts in den Sinn. Und zu dieser Abkürzung weiß ich nur, dass sie nicht »Aus Erfahrung gut« bedeutet, wie ich jahrelang gedacht hatte. Also beschränke ich mich auf ein »glaub ich nicht« als Antwort. Nina schaut mich an, als hätte ich mir gerade eine Deppenmütze auf den Kopf gestülpt.
    »Das war ein Witz !« , versucht sie zu erklären.
    Es ist nach Mitternacht, ich bin müde und will ins Bett. »Ach !« , scheint mir aus diesem Grund der passendste Kommentar. Dann trotte ich in Richtung Fahrstuhl. Ein vergilbter Pappkarton vor den Schiebetüren, auf den mit Kuli OUT OF ORDER gekritzelt ist, kommentiert nicht nur den Zustand des Fahrstuhls, sondern auch meiner Physis. Das Portiermännchen kommt mit einer entschuldigenden Geste herangeeilt. Natürlich nicht, um unser Gepäck in die dritte Etage zu tragen, sondern nur, um uns als kleine Entschädigung ein Gutscheinheft in die Hand zu drücken. Dann ist er auch schon wieder verschwunden. Am Counter will ein beleibter Zocker einen Hunderter gewechselt haben. Wir verlassen die Mischung aus Empfangshalle und Spielkasino und quälen uns die Treppen hoch. Das Zimmer ist ausgesprochen sauber. Die Betten frisch bezogen. Wortlos überlässt Nina mir die Bettenwahl. Sie denkt wohl noch immer, ich hätte ernsthaft geglaubt, Ruth wolle einen Klamottenladen eröffnen.
    Fünf Minuten später strecke ich mich ins blütenweiße Laken. Ich lasse meiner Müdigkeit freien Lauf. Keine Ahnung, warum, aber sie läuft weg. Der Schein der leuchtenden Werbetafel von der Straße her lässt mich erkennen, dass Nina schon fest schläft. Wie gemein. Ich habe es immer gehasst, wenn meine Lover vor mir eingeschlafen sind. Dann haben sie etwas, was ich nicht habe, und ich ärgere mich darüber und werde noch munterer. Okay, Alice, denk einfach an etwas Schönes. An Steve. An Steve und wie ich es schaffen kann, ihn zu vergessen. Nein! Ich will ja schlafen und nicht Amok laufen. Denk an etwas Schönes, Alice. An einen Strandspaziergang in der Abendsonne zum Beispiel. Die Sandalen in der Hand stapfe ich durch den weichen Sand. Er fühlt sich warm und angenehm unter meinen Fußsohlen an. Die Luft liegt voller tropischer Düfte. Meine kleine Bambushütte schlummert sanft am Rande eines Palmenhains. Gleich werde ich da sein, mich gemütlich in mein Bettchen kuscheln und schlafen. Ich gehe ein wenig schneller, dass Rauschen des Meeres ist gleichmäßig. Es beruhigt mich. Das ist gut. Sanft umspült eine Welle meine Knöcheln . Uiii, ist das Wasser kalt! Ich bin hellwach: So geht das nicht. Ich muss meine Phantasien besser in den Griff kriegen. Außerdem ist von unten her dieses nervenaufreibende »Dit dit dit di diiih diiih dit dit dit...« der Spielautomaten zu hören. Wer kann dabei schon ein Augen zutun. Außer Nina vielleicht, die ab und zu ein paar Schnarchlaute ausstößt. Das auch noch. Vorsichtig krabbele ich aus meiner Decke und schleiche zu Ninas Bett. Sie hat sich das Kopfkissen unter den Nacken geschoben, wobei der Kopf nach hinten gerutscht ist. Nun führt der überstreckte Hals dazu, dass ihr Mund offen steht und die Geräusche des Atmens den Resonanzraum des Rachens ausfüllen. Ich muss ihr also lediglich das Kissen wieder unter den Kopf schieben, dann hab ich Ruhe. Geht aber nicht, da meine Freundin eine Hand unter dem Kopf hat, mit der sie das Kissen festhält. Sanftes Zerren am Bezug führt nur

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