Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
Vom Netzwerk:
vorbei und ich kann meinen wohlverdienten Urlaub antreten. Okay, denke ich, als ich zu Hause meine Füße mit Kastanienöl massiere, ist doch eigentlich ganz gut gelaufen. Die gesamte Redaktion ist neidisch, und ich mache mir eine schöne Zeit zu Hause und spare dabei noch jede Menge Geld. Ich bin froh, dass ich New York und nicht Miami gesagt habe. Auf diese Weise muss ich jedenfalls nicht gut gebräunt aus meinem Fake-Urlaub zurückkommen. Irgendwo habe ich noch »Kevin - Allein in New York« auf Video. Das sollte an Informationen reichen, falls mich später mal jemand fragt. Überhaupt, so ein paar Tage ungestört daheim geben mir Zeit, mal endlich alle Videos »abzugucken«, die ich in den letzten Jahren aufgenommen habe. Das wird richtig klasse!
    »Ich denke, du bist in New York?!«, kreischt mich je mand von hinten an, als ich am nächsten Morgen beim Bä cker meine Croissants kaufe. Katja baut sich vor mir auf. »Du hast das doch nicht etwa erfunden, oder? Sieh mich an Alice, mich kannst du nicht anlügen!« Katja blickt mir tief in die Augen.
    »Flug ist verschoben worden«, sage ich, »ich fliege mor gen!«
    »Mensch, das ist ja blöd. Noch einen Tag länger war ten!«
    Katja hat's geschluckt. Ich schätze, sie könnte ihren Freund mit fünf brasilianischen Samba-Tänzerinnen im Bett erwischen. Und wenn er dann sagt: »Schatz, das sind meine lange verschollenen Schwestern«, wäre sie beruhigt und ginge fairen Kaffee für alle kochen.
    Trotzdem. Das Risiko, hier in der Stadt zu bleiben, er scheint mir allmählich doch etwas hoch. Am Nachmittag kann ich nur durch einen Hechtsprung in einen Gemüse stand unerkannt bleiben, als unser Praktikant Focus lesend an mir vorbeigeht. Wahrscheinlich ist er gerade dabei, sich eine zweite Meinung zu bilden. Als am Abend ungefähr sechzehn Mal das Telefon klingelt und jedes Mal aufgelegt wird, wenn ich rangehe, wird mir die Situation eindeu tig zu unentspannt. Entweder ich decke mich für mehrere Wochen mit Lebensmitteln ein und verbarrikadiere mich in meinen vier Wänden, oder ich muss tatsächlich in den sauren Apfel beißen und verreisen. Eine schwierige Ent scheidung.
    Um kurz nach Mitternacht weiß ich noch immer nicht, was ich tun soll. Ich rufe Ruth an und bitte sie um Rat. Sie versteht allerdings nicht ganz, was ich von ihr will, findet es aber lieb, dass ich sie aus dem Urlaub anrufe. Wie ich denn die Zeitumstellung so verkraftet hätte, will sie wis sen. Und ob der Zoll bei der Einreise tatsächlich meine Fingerabdrücke genommen habe. Als ich sie frage, ob es ihr möglich wäre, mich in den nächsten zwei Wochen mit Lebensmitteln zu versorgen, ist die Gute vollends ver wirrt. Dass nach den Terroranschlägen und bei dem mie sen Dollar-Kurs die Versorgungslage so schlecht sei, hätte sie nicht gedacht. Ich gebe es auf. Ich klopfe mit meinen Modeschmuck von QVC ein paar Mal blechern gegen den Telefonhörer und gebe ihr zu verstehen, dass gerade mein letzter Quarter durchgefallen ist. Mitten im Satz lege ich dann auf. Ups, da ist das Geld dann doch schneller alle, als ich gedacht hatte.
    Also gut. Morgen früh geht's zum Flughafen. Last Mi nute. Da wird sich sicher irgendwas Akzeptables finden lassen. Vielleicht sogar Mallorca. Warum nicht? Alex ist schließlich auch da, und das wäre vielleicht eine gute Ge legenheit, ihn mal kennen zu lernen. Also packe ich meinen Koffer. Bikini, Sonnencreme, zwei Tops und sieben Slips sollten reichen. Und noch einen Pulli, falls es abends mal kälter wird. Komme ich also doch noch in den Süden, denke ich, als ich den Wecker auf vier Uhr dreißig stelle und das Licht ausmache.
    Als ich ein paar Stunden später ins Taxi zum Flughafen steige, trage ich ein falsches Haarteil und eine 50er-Jahre- Sonnenbrille. So ein Ding mit Perlmutt, das ich mal ge schenkt bekommen habe und abgrundtief hasse. Aber auf diese Weise erkennt mich niemand, und ich komme un behelligt in die Abflughalle. Der Last-Minute-Schalter ist schon geöffnet. Ich bin die Erste und habe Glück. Für den Flug nach Palma ist tatsächlich noch ein Platz frei. Der ganze Spaß, inklusive Hotel und Halbpension, kostet ge rade mal 149 Euro. Fantastisch. Das scheint ein Wink des Schicksals zu sein. Vielleicht soll es letztlich so kommen, dass ich Alex auf der Insel treffe und wir dort die schönste Zeit unseres Lebens verbringen. Also wird gebucht, und auf geht's nach Mallorca. Das Hinterland soll ja eine un glaubliche Vegetation haben.
    Mein Flieger geht um neun, und um

Weitere Kostenlose Bücher