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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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Alexanderplatz ein komplettes Menü inklusive Wein bekommen. Und im Drehcafe vom Fernsehturm habe ich zwei schnuckelige Ossis allein schon damit beeindruckt, dass ich Benson and Hedges geraucht habe. Mal sehen, was heutzutage so geht.
    Ich fange an, mich auf Berlin zu freuen, und auch der Yuppie neben mir, der beginnt, mich vollzuseiern, kann mir die Laune jetzt nicht mehr verderben. Ich lächle so gar, als er mir erzählt, dass er Vielflieger sei und ihn die Stewardessen bei der Deutschen BA schon mit Hand schlag begrüßt hätten. Aber mit der Gesellschaft fliege er nicht mehr. Zu teuer. Auf seinen vielen Reisen versuche er immer, einen Sitzplatz neben einem anderen Single zu bekommen, denn er habe das Bedürfnis, allein stehende Frauen an seinen reichhaltigen Erfahrungen an deutschen Städtetrips teilhaben zu lassen. Er quasselt noch einige Zeit weiter und bemerkt nicht, dass ich aus Langeweile schon zum dritten Mal den Text der Kotztüte lese. Erst als er anfängt, mir im Duktus der Stewardessen sein letztes Sexabenteuer zu beschreiben - »... und nun noch einige Sicherheitshinweise: Die Kondome befinden sich rechts und links in der obersten Nachttischschublade ...« - und sich die Nase zuhält, um den Tonfall einer Lautsprecher durchsage zu simulieren - »This is your captain speaking: Wir fliegen heute gemeinsam ins Nirwana!« -, muss ich mir etwas einfallen lassen. Beherzt öffne ich die Kotztü te und fange an, hineinzuwürgen. Es funktioniert. Aus Angst um sein hellblaues
    Boss-Hemd mit weißem Kragen wechselt er unverzüglich den Platz. Im Gehen droht er mir allerdings, falls wir uns wieder sähen, wolle er mir ein paar Dinge zeigen, von denen ich noch lange träumen würde. Dann lässt er mich bis zur Landung in Ruhe. Beim Aussteigen höre ich ihn noch zur Stewardess sagen: »Dan ke, dass Sie mit mir geflogen sind!«, und sehe ihn dann nicht wieder. Lediglich eine der Flugbegleiterinnen bittet mich, eine Petition zu unterschreiben, die für den Knaben ein Flugverbot bei Germanwings erwirken soll. Bei der Deutschen BA hätte das ja auch geklappt.
    Das Auschecken geht reibungslos, ich habe ja kein Ge päck, und eine Stunde später frage ich im Riverside nach Sandra. Die ist im Urlaub, drei Wochen Florida, aber eine Kollegin von ihr findet, wir Frauen müssten zusammenhalten. Und ich bekomme eine Suite in der sechsten Eta ge zum Preis von einem normalen Doppelzimmer. Und das ist richtig geil. Ein begehbares Ankleidezimmer, eine Badewanne mit Whirlpool-Funktion, ein Wasserbett, ein Videorecorder, ein eigener Computer mit Internetzugang und eine Minibar, in der sich sogar eine Flasche Jose Cuer vo befindet. Bei Tequila komme ich immer ins Träumen.
    Was will man mehr?! Mein Abendessen lasse ich mir aufs Zimmer kommen, und nach all dem hassle des Tages schla fe ich schon bei der Tagesschau friedlich ein.
    Am nächsten Morgen beginnt nun endlich mein Urlaub. Das Frühstücksbuffet ist hervorragend, und es gibt sogar diese kleinen Nürnberger Bratwürstchen. An der Rezep tion lasse ich mir ein paar Prospekte über Berlin geben und mache es mir in der Lobby gemütlich. Eine Weile be obachte ich die Gäste und denke mir zu jeder Person klei ne Geschichten aus. Die dicke Frau mit dem Chihuahua, die wahrscheinlich ihren Mann erschlagen hat, weil er es nicht ertragen konnte, dass das Hündchen im Bett schläft. Oder die beiden Typen mit den schlecht sitzenden An zügen, die ihren Freundinnen zu Hause noch nie Blumen mitgebracht haben, hier aber den großen Max raushängen lassen. Oder das Mädchen mit dem Lederrock, das vor dem Fahrstuhl auf- und abgeht. Wahrscheinlich eine 20- EuroNutte, die davon "träumt, dass hier im Riverside das Pretty-Woman-Märchen für sie wahr wird. Etwas später beginne ich damit, mir einen kleinen Sightseeingplan für die Reichshauptstadt zusammenzustellen. In dem Moment höre ich in einiger Entfernung eine vertraute Stimme.
    »Also, Herrschaften, wir treffen uns in einer halben Stunde im grünen Konferenz-Saal!«
    Ach, du meine Güte! Mein Chef. Und damit nicht genug. In der Gruppe, die sich um ihn versammelt hat, er kenne ich mindesten acht Kollegen aus meiner Redaktion wieder. Allen voran Katja. Das ist wirklich die Allerletz te, der ich hier begegnen möchte. Ein vorbeikommender Koffer-Trolley gibt mir Deckung, und ich schaffe es unbe helligt bis zum Fahrstuhl. Auf Höhe der Gruppe höre ich noch einen Halbsatz, der mir fast das Blut in den Adern gefrieren lässt.
    »Alice hat's gut.

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