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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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in die engere Wahl. Drei verschiedene Stapel mit den Attributen »Viel leicht«, »Könnte gehen« und »Eventuell« kristallisieren sich als meine engere Wahl heraus.
    Dann wird's schwierig. Schwarzer Rock, weiße Bluse ... zu sehr Kellnerin. Bauchfreies Top, Wickelrock mit Elefantenmotiven ... zu orientalisch. Dann kann ich mir ja gleich auf die Stirn schreiben: »Nimm mich in deinen Harem auf!« Weiter. Rosa Jeans und der
    lila-grün gestreif te Rollkragenpulli von H&M ... ach du Schreck. Ich sehe aus wie Janina. Ich notiere mir, die Sachen sofort zu ver brennen, sobald ich Zeit dafür habe. Auch die folgenden Kombinationen erfüllen alle nicht ihren Zweck. Entwe der finde ich mich viel zu sexy, quasi eine stoffgewordene Aufforderung zum Koitus, oder viel zu dröge, quasi ein versteckter Hinweis auf Sterilisation.
    Eine SMS von Nina — »Was ist? Wir warten!« - treibt mich zu einer Entscheidung. Der beigefarbene Pulli und der braune Rock. Allerdings lasse ich die Haare offen, zie he die halterlosen Strümpfe an, deren Abschluss man durch den Schlitz im Rock sehen kann, wenn ich mich geschickt hinsetze. Und ich nehme den dunkelroten Lippenstift. Ich betrachte mich im Spiegel und bin mit der Aussage, die mein Outfit vermittelt, zufrieden: »Ich könnte, wenn ich wollte, sogar hier an Ort und Stelle, ich kann mich aber auch einfach über Müsli unterhalten.« Perfekt.
    »Na, du weißt aber auch nicht, was du damit ausdrücken willst!«, empfängt mich Nina im Hausflur und mustert mich eingehend. Im Esszimmer sitzen Markus und zwei weitere Männer am Tisch, und Markus erklärt den beiden gerade stolz sein neues Foto-Handy. Nina macht mich mit den beiden bekannt. Ronny sieht tatsächlich ziemlich gut aus. Mitte dreißig, dunkle Haare, den Nacken frisch vom Friseur ausrasiert. Braune, tief liegende Augen. Ein Kirk- Douglas-Grübchen am Kinn. Er trägt eine olivfarbene Cargohose und einen sandfarbenen
    Gap-Pullover.
    »Du siehst klasse aus, Alice«, sagt er und gibt mir die Hand.
    Mensch, denke ich, der hat seine Hausaufgaben aber gemacht. Einziges vordergründiges Manko sind Ronnys Finger. Schmal an den mittleren Gelenken, aber das Na gelbett und die Fingernägel etwas gnubbelig auseinander gehend. So als sollten es mal Froschhände werden und zwischen den Gliedern Schwimmhäute wachsen. Hände sind mir sehr wichtig, und ohne es zu wollen stelle ich mir vor, wie diese Finger mich streicheln ... Abrupt ziehe ich meine Hand zurück, und Nina macht mich mit dem an deren Mann bekannt. Kevin. Kevin ist einer der schrecklichsten Namen der Welt, wie ich finde.
    »Seine Eltern waren allein zu Hause, als sie ihn gezeugt haben«, versucht Ronny einen Witz.
    Auch Kevin macht einen recht sympathischen Ein druck, allerdings legt er auf sein Äußeres nicht gerade ge steigerten Wert. Nicht ungepflegt, aber eher praktisch als modisch. Er klärt mich darüber auf, dass sein Vater Kevin- Keagan-Fan war und er bis heute unter diesem Namen zu leiden hat. Zumal er sich für Fußball so wenig interessiere wie Boris Becker für Monogamie. Ich halte Kevins Hand eine Sekunde zu lange fest (er hat entschieden die schöne ren Hände), sodass Nina mich von ihm weg in die Küche zieht.
    »Finger weg. Der ist meiner!«, sagt sie, als ich ihr helfe, den Basmatireis auf den Tellern zu verteilen.
    »Moment mal«, will ich wissen »dieser andere Typ da drüben, der mit dem neuen Handy, ist schon noch dein Ehemann. Das weißt du, oder?«
    Nina versichert mir, dass zwischen ihr und Kevin nichts läuft. Noch nicht. Aber Markus sei garantiert nicht ihr Mann fürs Leben. Das wird Nina von Tag zu Tag klarer.
    »Aber ich denke, ihr bekommt noch ein Baby?«, fra ge ich ernsthaft besorgt nach, denn Nina legt die Stirn auf eine Weise in Falten, die bei ihr bedeutet, dass sie ein ernsthaftes Problem hat.
    »Fehlalarm!«, sagt sie. »Klimakterium praecox.«
    Nina klärt mich darüber auf, dass bei ihr der seltene Fall von frühzeitigen Wechseljahren aufgetreten sei. In ihrem Fall, so vermutet Ninas Ärztin, sei die Ursache psychisch. Nina geht seitdem zur Therapie, und ihr Psychologe habe ihr geraten, die Beziehung zu Markus noch einmal zu überdenken. Und genau dabei könne ihr Kevin vielleicht dienlich sein, spekuliert Nina, als sie die indische Hühn chenkasserolle aus dem Backofen holt. Aber ich solle mir keine Sorgen machen. Sie habe alles im Griff, und für mich wäre ja ohnehin Ronny gedacht.
    Die Konversation beim Abendessen ist ebenso zäh wie die

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