Alice at Wonderland
Nimm mich!!!«
Das Telefon lässt mich zusammenzucken, und ich er tappe mich, wie ich gerade dabei bin, nach Kevins Händen zu greifen. Mist, denke ich. Das ist unter Garantie Ronny, der sich entschuldigen will.
Aber es ist Nina. Ich gehe in die Küche, um in Ruhe zu telefonieren. Sie hatte einen Streit mit Markus, der ihr offenbar unterstellt hat, sie habe den ganzen Abend mit Ronny geflirtet und hätte nicht mal mitbekommen, dass der gar nichts von ihr will. Denn so blind sei er nun auch wieder nicht. Und zum Affen machen lasse er sich schon gar nicht. Jedenfalls hat Nina ihre Sachen gepackt und sitzt jetzt im Taxi auf dem Weg zu mir. Sie sei jede Sekunde da.
Als ich zurück ins Wohnzimmer komme, hat Kevin be reits seine Jacke an und will gehen. Oh Mann, denke ich, wenn Nina Kevin aus meiner Wohnung kommen sieht, gerate ich in absoluten Erklärungsnotstand.
»Hast du eigentlich schon mein Schlafzimmer gesehen«, flüstere ich Kevin zu, während ich ihm seine Jacke wieder ausziehe und ihn sanft von der Eingangstür wegdränge. Kevin sieht mich ungläubig an, und ich füge schnell hinzu, dass es sicher nicht so sei, wie er denke. Es gehe tatsächlich nur um mein Schlafzimmer, denn ich hätte einen begehbaren Wandschrank, und so was sei in der Tat absolut sehenswert!
Als Kevin mir zu verstehen gibt, begehbare Wand schränke seien die größte Erfindung seit dem Rasierappa rat, überlege ich kurz, ob ich Nina nicht einfach vor der Tür stehen lassen soll. Da höre ich auch schon Geräusche aus dem Treppenhaus und schiebe den armen Kevin mit einem Ruck in mein Schlafzimmer, sodass er bäuchlings auf mein Bett fällt. Noch ehe er etwas sagen kann, knalle ich die Schlafzimmertür zu und renne zur Wohnungstür. Ich kann gerade noch öffnen, bevor Nina den Klingel knopf drückt.
Schon im Flur stolpert sie über Kevins Jacke, und meine Erklärung, wir hätten die gleichen und noch dazu beide in XL, das habe ihn mir gleich sympathisch gemacht, scheint wenig glaubwürdig. Aber Nina hat andere Probleme. Sie überlege ernsthaft, sich von Markus zu trennen.
»Der Typ lebt in seinem eigenen Universum und hält sich für den allertollsten. Ich könnte mir >Markus ist ein Arschloch< auf die Stirn tätowieren lassen, das würde ihm nicht mal auffallen«, sagt Nina unter Tränen.
Kevin sei da ganz anders. Bei ihm hätte sie so ein Ge fühl von Nähe und Verbundenheit. Der würde ihr niemals wehtun.
»Was war das?«, will Nina wissen, als ein Poltern aus dem Schlafzimmer zu hören ist.
»Die Katze!«, entgegne ich geistesgegenwärtig, und als mir einfällt, dass ich keine Katze habe, ja sogar eine Katzenhaar-Allergie, füge ich »auf dem heißen Blechdach« hinzu. »Läuft gerade im Fernsehen!«
»Du kleines Miststück«, bellt Nina mich an. »Hast du dir also doch den Ronny geschnappt!«
Ich nicke heftig ertappt, wohl wissend, dass ich mich damit bis in alle Ewigkeiten diskreditiere. Notgedrungen sieht Nina ein, dass sie heute nicht bei mir übernachten kann, und beschließt, in ein Hotel zu gehen. Eine her vorragende Idee, wie ich finde, und zwänge sie in ihren Mantel, während sie noch auf der Couch sitzt. Vorsichtig schiebe ich Nina dann in Richtung Wohnungstür. Als wir auf Höhe des Badezimmers sind, höre ich hinter mir die Schlafzimmertür aufgehen.
»Du musst sicher nochmal pinkeln!«, sage ich, als ich sie mit einem Schubs ins Bad befördere und die Tür hinter ihr zuknalle.
»Toller Wandschrank!«, gibt Kevin neidvoll zu. Aber jetzt müsse er wirklich gehen. Vorher nur nochmal kurz aufs Klo.
In letzter Sekunde gelingt es mir, einen Sessel zwischen Kevin und die Badezimmertür zu schieben und ihn zu fragen, was er davon hielte, wenn ich heute Nacht noch meine Wohnung nach Feng-Shui-Gesichtspunkten um räumen würde. Das wäre eine Überlegung wert, wenn man dran glaube, aber sicherlich nicht unbedingt mehr vor Sonnenaufgang, erklärt er mir. Und ich werde das Ge fühl nicht los, dass Kevin allmählich anfängt, an meinem Geisteszustand zu zweifeln. Er schiebt den Sessel beiseite und legt seine echt schönen Hände auf die Türklinke des Badezimmers. Oh mein Gott. Ich bin geliefert.
Doch der Himmel hat ein Einsehen. Kevins Handy klingelt, und er wendet sich vom Bad ab.
»Nina! Das ist ja eine Überraschung. Wo bist du?«
Als wir eine Minute später alle wieder im Wohnzimmer •sitzen, will Nina nur das glauben, was sie in diese Situation hineininterpretiert. Meine Erklärungsversuche »Ich wollte nicht mit
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