Alice at Wonderland
weiß was unterstellt. Ich fange ein wenig an, mich dafür zu schämen. Das ist ja mal wieder typisch Alice. Wenn ich nur zehn Cent für alles bekommen würde, was ich falsch interpretiere, dann könnten sich die Aldi-Brüder mit ihrer Kohle hinter mir verstecken. Mensch, wie blöd kann man nur sein. Aber
seine Mail klingt ziemlich versöhnlich. Vielleicht habe ich's ja noch nicht komplett versaut. Mal sehen ...
Lieber Alex!
Es tut mir so Leid, das mit deiner Mutter. Ich war ziemlich bescheuert zu glauben, du hättest mich absichtlich versetzt. Aber weißt du, unsere Mails bedeuten mir so viel. Und ich hatte das Gefühl, endlich mal einen Mann kennen gelernt zu haben, der mich wirklich versteht. Der anders ist als die ganzen oberflächlichen Kerle, die ich sonst so kenne. Deshalb war ich so enttäuscht, als du mich ohne ein Wort einfach versetzt hast. Verzeih mir, dass ich so blöd reagiert habe. Kannst du das? Alles Liebe, Alice
Hoffentlich. Ich schicke die Mail ab und gehe noch ein mal zum Fenster. Der Wagen mit den dunklen Fenstern steht immer noch da. So langsam wird mir etwas mulmig. Ich atme tief durch und denke positiv. Im schlimmsten Fall handelt es sich um irgendeinen Typen, dem ich nach dem achten Strawberry-Margarita unvorsichtigerweise meine Adresse gegeben habe. Damit werde ich fertig. Also gehe ich zum Angriff über. Mal sehen, wer da einen auf James Bond macht. Ich ziehe meine schwarzen Stiefel an, die dunkelbraune Lederjacke und setze eine Sonnenbrille auf. Ziemlich cool. So kann man ungestört undercover operieren.
Das Haus verlasse ich durch den Hofausgang und schleiche mich unbemerkt von hinten an den Geländewagen heran. Noch immer kann ich nicht sehen, wer am Steuer sitzt. Also gehe ich in die Hocke und versuche, im toten Winkel des Rückspiegels zu bleiben. Quasi im Entengang gelange ich bis auf Höhe der Fahrertür. Wenn
ich jetzt noch im richtigen Winkel in den Außenspiegel schaue, kann ich den Fahrer erkennen. In dem Moment geht die Autotür auf und trifft mich voll am Kopf. Wie ein Mehlsack klatsche ich auf die Fahrbahn und habe Glück, dass ein vorbeikommendes Mofa in letzter Sekunde ausweichen kann.
»Alice, mein Gott! Ist dir was passiert?«, der Fahrer des Agentenautos beugt sich über mich. Es ist Markus.
»Nein, nein«, versichere ich, »alles in Ordnung. Ich wollte nur da vorn auf der Straße etwas ... was nachgucken. Dann habe ich das Gleichgewicht verloren. Hängt wohl mit meiner Kohlsuppendiät zusammen. Sollte ich besser lassen ...«
Ich stammele noch etwas vor mich hin, während ich mich aufrappele. Markus erklärt mir, dass er schon eine ganze Zeit hier auf mich wartet. Eigentlich habe er mich nach der Arbeit abfangen wollen, aber er habe Angst gehabt, meine Kollegen könnten uns zusammen sehen und das falsch interpretieren. .Ich beruhige ihn: Wenn jemand etwas falsch interpretiert, dann bin mit Sicherheit ich das.
Markus bittet mich, in seinen Wagen einzusteigen. Es ist übrigens sein neuer Geländewagen. Ein Porsche Cayenne. Der Touareg sei ihm zu piefig gewesen. Ich kenne Mar kus nun lange genug als Angeber. Da hätte ich eigentlich selbst drauf kommen können, als ich von oben aus dem Fenster geschaut habe. Dann wäre mir einiges erspart ge blieben. Markus öffnet mir die Beifahrertür, und das ist ein Zeichen dafür, dass es ihm wirklich wichtig ist. Für einen Macho wie ihn fast eine so große Selbstaufgabe wie im Sitzen zu pinkeln.
Wir fahren eine Weile schweigend durch die Stadt. Mar kus singt dabei leise vor sich hin, um seine Unsicherheit zu überspielen. Dann geht sein Gesang in Summen über und schließlich in hohe Pfeifgeräusche. Allein das wäre für mich ein Scheidungsgrund, wenn ich an Ninas Stelle wäre. Er hört mit den Geräuschen auf und sieht mich kurz
an, während wir weiter in Richtung Innenstadt rollen. Ich merke, dass Markus nach Worten sucht, die er erst findet, als er eine Stunde später mit mir in einem Eiscafe sitzt und sich den dritten Amaretto gegönnt hat.
»Ich habe da ein kleines Problem«, fängt er an, ohne mir dabei in die Augen zu schauen, »es geht um Nina!«
Das hatte ich mir schon gedacht. Wahrscheinlich will er, dass ich ihr ins Gewissen rede. So in der Art: >Ohne mich ist sie doch nichts, mach ihr das einfach klar, Alice.< Aber diesmal gelingt es Markus zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, mich zu überraschen.
»Alice, was kann ich tun, damit sie mich liebt?«
Ups. Das ist doch nicht der Markus, der Nina vor Fremden
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