Alice at Wonderland
noch immer als sein »kleines Frauchen« bezeich net. Markus fährt fort. Er sei sehr verletzt gewesen, als er herausbekommen habe, dass Nina was mit diesem Kevin hat. Aber dann sei ihm klar geworden, dass er selbst daran schuld sei. Die Art und Weise, wie er Nina behandelt habe, sei falsch gewesen, und nun möchte er von mir erfahren, wie er seine »große Liebe« zurückerobern kann.
»Ich würde zu gerne wissen, wie ihr Frauen so tickt. Alice, ich bin sicher, wenn ich herausfinde, was Nina sich von ihrem Partner wünscht, kann ich es ihr auch geben«, schließt er seine Ausführungen.
Was du ihr bisher gegeben hast, konntest du auch mit deiner Kreditkarte bezahlen, denke ich bei mir. Das war einfach. Aber da muss schon mehr kommen als ein Scheck buch, um Nina wiederzubekommen. Markus sieht mich flehend an, und es scheint, als sei es ihm wirklich ernst.
»Hilfst du mir?«
»Okay. Aber ich fürchte, es wird nicht ganz einfach!«
Die Kellnerin geht vorbei, und Markus winkt sie zu uns her. Er spricht sie mit »Mäuschen« an und ordert für »Papa« noch einen weiteren Likör.
»Ich muss mich korrigieren«, sage ich, als die Bedienung gegangen ist, »es wird sauschwer!«
Markus erklärt mir, er habe auch schon eine Idee, wie er Ninas Aufmerksamkeit wieder auf sich lenken kann. Er habe sich überlegt, für seine Frau eine Art Versöhnungs video zu drehen. Zu dem Zweck habe er sich bereits für 5000 Euro eine neue DV-Kamera gekauft und auch schon ein Drehbuch geschrieben. Eigentlich will ich an dieser Stelle schon etwas einwenden, aber der Aushilfs-Spielberg lässt mich nicht zu Wort kommen. Stolz präsentiert er mir einen Schnellhefter mit einem dreißigseitigen Skript. Der Titel ist: »Markus - ihn kennen heißt ihn lieben!« Markus hat die verschiedenen Szenen schon einmal aufgeschrie ben, und ich soll lediglich die Kamera bedienen. Nach sei nen Anweisungen, versteht sich. Ich gebe zu bedenken, dass das möglicherweise nicht der richtige Weg ist und dass ich ihm zwar helfen will, mich aber nicht von ihm als Kamerafrau herumkommandieren lasse. Markus geht über meine Einwände einfach hinweg und erklärt mir die Message des Films.
Nina solle erkennen, dass er ein schwer beschäftigter Mann ist. Szene eins: Markus im Büro, ständig geht das Telefon, und er wälzt sich nebenbei noch durch einen Stapel Akten. Dann will er Nina zeigen, dass er trotz der vielen Arbeit noch an sie denkt. Szene zwei. Markus steht mitten in einer Konferenz auf und sagt: »Machen Sie Ihre Millionengeschäfte allein, meine Herren. Heute ist mein Hochzeitstag, und ich muss meiner Frau noch ein Geschenk kaufen.« Gefolgt von Szene drei, in der Markus für Nina eine goldene Armbanduhr ersteht. Danach folgt eine Collage aus verschiedenen Szenen: Markus in seinem Auto, Markus beim Reiten, Markus beim Tennis, Mar kus mit verschiedenen Frauen, die ihn anhimmeln. Damit wolle er seiner Frau zeigen, dass er ein begehrenswerter Mann ist.
Endlich gelingt es mir, ihm das Drehbuch aus der Hand zu nehmen. Scheinbar interessiert blättere ich ein paar Sei ten durch und schleudere es dann in hohem Bogen in einen
zwei Meter entfernten Mülleimer. Ich bin selbst erstaunt, dass ich so gut getroffen habe, und ein Michael »Air« Jor dan am Nachbartisch gibt verhaltenen Applaus.
»Hey, lass den Scheiß!«, poltert Markus los, »da steckt viel Arbeit drin. Daran hat meine Sekretärin den ganzen Tag getippt.«
Ich erkläre ihm, dass das genau der Punkt ist. Erstens sei es nicht mal sein Verdienst, und zweitens stelle er dabei wieder nur sich in den Mittelpunkt und Nina bleibe auch hier auf der Strecke.
Markus denkt nach und schlägt vor, auch eine Szene einzubauen, in der man eine Blumenwiese sieht. So was gefalle Nina.
Ich schüttle verzweifelt den Kopf und spiele schon mit dem Gedanken, das Experiment abzubrechen. Doch letztlich packt mich der Ehrgeiz. Vielleicht bekomme ich als erste Frau den Nobelpreis dafür, aus einem arroganten Macho-Arsch einen feinfühligen Ehemann gemacht zu haben.
»Du zahlst. Wir treffen uns in fünf Minuten bei Doug las!«, sage ich und stehe auf. »Und vergiss nicht, dass Papi dem Mäuschen ein ordentliches Trinkgeld geben muss!«
Während ich in der Parfümerie warte, überlege ich, wie ich nun vorgehen soll. In gewisser Weise hat Markus Recht. Er wird nie eine richtige Chance haben, wenn er nicht ansatzweise versteht, wie seine Frau tickt. Also wer de ich ihm die Welt des weiblichen Geschlechts mal etwas näher
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