Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood
aufgeschlitzt?“
Ich stand etwa drei Meter daneben in einer Gruppe von unseren Jungs und sah mir den Vorfall an. Alles hatte nur wenige Sekunden gedauert. Aber was als nächstes passierte, war absolut unglaublich! Das blutüberströmte Opfer bückte sich, hob die Rasierklinge auf und bewegte sich auf uns zu. Die Wachen im Turm zielten schon mit den Gewehren auf ihn.
Snake ging auf ihn zu und starrte ihn mit seinem Killerblick an, der signalisierte „Spül die Klinge im Klo runter! Jetzt!“ An der gegenüberliegenden Ecke war eine Toilette, nur etwa fünf Meter entfernt. Der Marine schleppte sich mit aufgeschnittenem Hals zur Toilette, schmiss die Klinge hinein und drückte die Spülung. Gerade schnell genug, um der ersten Kugel zu entgehen, die uns um die Ohren flog.
Die Alarmsirene ging los und überall warfen sich Gefangene auf den Boden, als das SWAT-Team den Hof stürmte, wie die Gestapo ins Warschauer Ghetto.
So lief es fast einmal pro Woche ab, machmal auch täglich. Und der Spuk hörte in der Regel so schnell auf, wie er begonnen hatte. Verstehen Sie, es ist eine Sache, die Wachen zum Warnschuss zu provozieren, aber es ist eine ganz andere Sache, eine Kugel in den Kopf zu kriegen.
Während dieser Zeit stellte sich heraus, dass Nathan „Chance“ Johnson, der zu uns gehörte, wegen Vergewaltigung seines Zellengenossen verurteilt worden war. Ziska hatte uns die Information weitergeleitet. Chance stritt den Vorwurf vehement ab und die Knastpolitik gebietet, dass man sich seine Anklageschrift ansieht und dann urteilt. Officer Ziska wollte uns um jeden Preis davonüberzeugen, dass Chance gegen die Regeln verstoßen hatte. Und genau das sagten seine Papiere aus.
Snake und ich entschieden uns also dafür, jemanden damit zu beauftragen, Chance zu töten. Mother Fucking Sulky, den wir kurz MFS nannten, war unser Mann dafür. Er nahm den Auftrag an, schlich sich von hinten unauffällig an Chance ran, zog dessen Kopf nach hinten und schnitt ihm mit der Klinge eines Teppichmessers den Hals auf. Es war genau das, was wir eine kolumbianische Krawatte nannten. Blut, das aussah wie rote Götterspeise, lief aus seinem Hals. Chance schrie unter Qualen und Verwirrung. Der Anblick war ekelhaft. Ganz, ganz schlimm. Umso schlimmer war, dass Chance überlebt hat. Jetzt sitzt er seine Zeit in Schutzhaft mit einer riesigen Narbe am Hals ab.
Am nächsten Tag kam „Z“ zu Snake und fragte ihn, warum er die Angelegenheit nicht dezenter hatte regeln können. „Weil ich der Teufel bin. Niemand kommt mit Vergewaltigung davon. Wir sind die Nazi Low Riders, man.“
Einige Tage später wurden wir Zellenkumpanen und außerdem sehr gute Freunde. Snake war politisch gebildet, hatte Köpfchen und unterstütze mich immer wie einen Bruder. Loyalität war sehr wichtig für ihn.
Nach vier Monaten, am 5. Mai 1989, entließ man mich zurück auf die Straße. Das System hat keine Anstalten gemacht mich wirklich zu resozialisieren. Im Gegenteil. Nach nur vier Monaten kam ich aus dem Knast mit der Absicht, so rücksichtslos wie nie zuvor über die Drogendealer von Orange County zu herrschen. Ich organisierte die Waffen, die Fluchtwagen, machte neue Ziele und Treffpunkte aus und fast jeden Tag waren wir auf Raubzug.
AUF RAUBZUG
Durch meinen Aufenthalt in Chino kannte ich alle wichtigen Leute und hatte Zugriff auf alle Nazi Low Riders von Los Angeles und Orange County. Wir haben Türen eingetreten, Dealer zusammengeschlagen, abkassiert und Chaos hinterlassen. Den Dealern haben wir zuerst gesagt, dass sie zehn Prozent ihrer Einnahmen an uns abtreten sollten. Weigerten sie sich, haben wir das Haus ausgeräumt und die Labore zerstört. Ihre Waffen haben wir uns auch genommen. Meine Jungs und ich haben im Laufe der Zeit ein riesiges Waffenarsenal angehäuft; 22mm und 38mm Pistolen, 357er Magnums und 9mm Handfeuerwaffen, ein AR-15 Sturmgewehr, M-1 Karabiner, eine Mini-14 mit Pistolengriff und ein paar Pumpguns.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich mich wohl fühlte in dieser Welt. Es war genau das, was mich nach 10 Jahren Knast und einem Leben ohne Fixpunkte glücklich machte. Ihre Welt gibt mir nichts. Weder MTV, noch die Spring Breaks, Familienleben, ein guter bezahlter Job, ein Reihenhaus mit weißen Palisadenzaun, noch der Golden Retriever und das dicke SUV in der Einfahrt. Ihre Hoffnungen und Träume bedeuten mir einen Scheiß. Denken Sie an Typen wie mich, die Ihre Söhne auf Meth bringen und ihre Töchter entjungfern, wenn Sie
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