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Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt

Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt

Titel: Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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hält einen kleinen runden Spiegel in der Hand und stutzt sich mit einer winzigen Schere sorgfältig den Schnurrbart.
    Das Tor öffnet sich, ein Surf fährt heraus und biegt langsam in die andere Richtung ab. Alice erhascht einen kurzen Blick auf einen eingegipsten Arm, dessen Hand einen kleinen Jutebeutel behutsam umfasst wie etwas sehr Kostbares. Danach erkennt sie das vertraute Wüstenteufel-Nummernschild und macht sich rasch auf den Weg zur Bushaltestelle.
    Sie beobachtet die Schaffner, die auf der Jagd nach Fahrgästen laut ihre Ziele verkünden, auf die Seiten ihrer Busse schlagen, die Fahrer anschreien, sie sollen sofort die Musik wechseln, jeden mit der seinem Alter entsprechenden Verwandtschaftsbezeichnung anreden, als wären sie nicht an einer Busstation, sondern auf einer übergroßen Familienfeier. Alice sieht mürrisch zu ihnen hinüber. Sie wirft ihnen vor, sie zuerst angelockt zu haben und dann doch nicht ihre Strecke zu fahren.
    Sie biegt in die China Street ein und bleibt vor demersten Geschäft stehen. In seiner Auslage prunkt ein Gebiss von der Größe eines kleinen Sofas mit grellrosa Zahnfleisch und ein Schild, das das schmerzlose Ziehen von Zähnen und „neuartige, natürliche, künstliche Zähne zur Sofortmitnahme“ verspricht. Ein alter Chinese kommt an einem Stieleis lutschend heraus und entblößt seine Zähne. Alice Bhatti geht hastig weiter, überquert einen kleinen Platz und betritt ein Viertel, in dem offenbar die medizinische Zunft herrscht. Sie sieht reihenweise Praxen mit riesigen Werbetafeln, die Heilung für eine unglaublich lange Liste sexueller Störungen versprechen. Ein riesiger Bodybuilder aus Pappe, der physische und spirituelle Erneuerung durch einen siebentägigen Intensivkurs verkündet, schwebt über einer Straßenecke. Alice spürt einen Kloß im Hals. Die Männer, die hier durch die Straßen huschen, scheinen sich durch ihre Anwesenheit in diesem besonderen Stadtteil gestört zu fühlen, als hätte sie sie mit heruntergelassenen Hosen überrascht. Sie wechseln die Straßenseite, um ihr auszuweichen. Sie schauen in die andere Richtung, tun so, als wäre sie nicht vorhanden. Sie findet das ein bisschen unheimlich. Ihre Erfahrung in Basaren, Bussen und Geschäften hat sie gelehrt, dass Männer, ganz gleich, welche Stellung sie einnehmen, ganz gleich, was sie ihr verkaufen oder was sie von ihr brauchen, immer einen Grund haben, sie anzustarren, abschätzig zu mustern und sich dann auf ihre Brüste zu konzentrieren. Sie schauen bald nach oben, bald nach unten, bald zur Seite, bald kratzen sie sich am Schritt oder tun so, als interessierten sie sich für das, was sie sagt, doch ihre Blicke wandern immer wieder zurück zu ihren Brüsten. Mitunter vergraben sie die Hände in den Taschen und zählen derart konzentriert ihre Münzen, dass man meinen könnte, sie beteten den Rosenkranz. An der Schwesternschule gab es einen Lehrer, der völlig ungeniert auf ihre Brüste starrte, dann zur Decke blickte, sich den Zeigefinger ins Ohr steckte und mit solcher Gewalt darin bohrte, dass ihr beinahe selbst die Ohren wehtaten. Sie dachte daran, ihm zu sagen, er solle doch versuchen, ihre Brüste nicht so anzustarren, wenn es sich derart auf seine Ohren auswirke.
    Sie hat den Eindruck, dass die unausgesprochene Sprache, in der Männer und Frauen auf der Straße kommunizieren, in diesem Viertel nicht existiert. Sie fühlt sich ebenso verlegen wie die Männer. Man sollte die Straße vielleicht Meiner-ist-von-Geburt-an-klein-aber-ich-habe-etwas-Geld-gespart-Straße nennen. Sie hastet weiter und kommt an einem Imbiss vorbei, der authentische arabische Parathas verspricht, und an einer Tafel, die mit einem Zweizeiler von Rumi für Stahlbeton wirbt. Ein stämmiger Weißbart überschüttet sie mit lauten Gebeten für gesunde Kinder und streckt ihr seine Mütze entgegen. Seine aufrichtigen Bemühungen beeindrucken sie, sie lässt ein Zwei-Rupien-Stück hineinfallen und beschleunigt erneut ihre Schritte.
    Alice versucht, sich an irgendetwas von Teddys Arbeit zu erinnern, an den Namen seines Chefs. Wenn ihr doch nur der Name des Kommissars mit dem Walross-Schnurrbart einfallen würde, der ihr den Kopf getätschelt, ihr einen in Samt eingeschlagenen digitalen Koran geschenkt und gesagt hat, kein Heim sei vollkommen ohne ihn. Sie wünscht, sie könnte sich an einen Titel, Arbeitszeiten, einen Pensionsplan oder ein Gehalt erinnern, aber sie muss feststellen, dass sie nichts mehr von alldem weiß. Sie

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