Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
hochschwanger sogar! Gut, dachte Kate freudig. Genau dafür bezahlte sie schließlich: für einen Express-Fahrschein ins Glück, der ihr alberne Spielchen und zu nichts führenden Nonsens ersparte. Hier war sie offensichtlich in den besten Händen, um ihren zukünftigen Partner kennenzulernen, aus dem ein Ehemann und schließlich ein Vater werden würde. Sie hoffte inständig, man würde auch bei ihr ein glückliches Händchen beweisen – am besten jetzt gleich und sofort.
Die Frau wandte sich ihr wieder zu.
»Sie telefoniert gerade. Nehmen Sie doch noch einen Moment auf dem Sofa Platz und machen Sie es sich bequem. Es wird nicht lange dauern.«
Damit wies sie auf eine kleine Sitzecke, die Kate bisher noch gar nicht aufgefallen war. Linkisch setzte sie sich auf das Polster und versuchte, nicht allzu nervös zu wirken.
Die schwangere Frau war schon wieder am Telefon. Verstohlen schaute Kate sich um. Sie hatte sich natürlich gefragt, wie eine Partnervermittlung wohl von innen aussah. Am Abend zuvor, kurz vor dem Einnicken, hatte sie plötzlich die erschreckende Vorstellung überfallen, an den Wänden könnten Bilder der Vermittlungswilligen hängen – wie Fahndungsfotos –, eine Art Gegenüberstellung mit den verzweifeltsten Gesichtern der Stadt. Der Gedanke hatte sie stundenlang nicht einschlafen lassen. Doch zum Glück entdeckte sie nirgendwo eine solche Galerie der Schande. Nein, eigentlich sah es hier enttäuschend normal aus.
Urplötzlich flog die Tür auf, und herein kam ein Bote mit einem riesengroßen Blumenstrauß im Arm. Unschlüssig stand er da, hinter dem gewaltigen Gebinde aus dicken, üppigen Blüten kaum zu sehen. Mehrere Sekunden vergingen. Dann ließ ein lautes Klopfen Kate hochschrecken, und das Blütenmeer auf Beinen marschierte zu einem Bereich, der durch eine Glaswand vom restlichen Büro abgetrennt war. Dort stand Audrey Cracknell und hämmerte gebieterisch gegen die Scheibe. Ohne ihr Telefonat zu unterbrechen, winkte sie den wandelnden Blumenstrauß herein, nahm ihn, ohne eine Miene zu verziehen, an und scheuchte den Boten dann ungeduldig hinaus. Kate war mit einem Mal sehr erleichtert, dass sie ihren Termin nicht bei Audrey hatte. Die Frau hatte etwas durch und durch Furchteinflößendes an sich. Doch der Erleichterung folgte rasch ein Anflug von Ehrfurcht. Die Frauen hier bekamen von ihren Verehrern Blumen geschickt. Sogar Frauen wie Audrey.
»Hallo Kate.«
Eine nette junge Frau stand plötzlich vor ihr und lächelte ihr freundlich zu.
»Alice!« Kate sprang auf und schüttelte ihr nervös und etwas zu energisch die Hand. Dann wurde sie quer durch das Büro in einen kleinen Raum geführt, wo Alice die Tür hinter ihnen schloss. In dem kleinen Zimmer standen zwei Rattansessel und ein niedriger Couchtisch, auf dem sich nur ein Laptop, ein Strauß weißer Blumen und eine Schachtel Taschentücher befanden.
»Ist das für den Fall, dass ich heulen muss?«, fragte Kate und lachte unbeholfen, wobei sie auf die Taschentücher wies.
»Na ja«, erklärte Alice freundlich, »hier im Gesprächsraum gehen wir in die Tiefe, um herauszufinden, wer Sie sind, was Sie mögen und was Sie wirklich wollen. Manchen Menschen fällt es nicht leicht, über diese Dinge zu reden. Vor allem dann nicht, wenn sie schon lange auf der Suche nach einem neuen Partner sind.« Ihr Blick fiel auf Kates erschrockenes Gesicht, und sie lächelte. »Keine Sorge. Den meisten macht es eher Spaß, darüber nachzudenken, wie der Mensch sein soll, den sie gerne kennenlernen möchten. Also gut! Dann fangen wir doch gleich an, ja?«
Schon nach wenigen Minuten begann Kate sich langsam zu entspannen. Sie hatte sich in Alice nicht geirrt; die Frau war ihr durch und durch sympathisch. Dagegen konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, dieses ganze Prozedere mit Audrey durchzustehen. Allein der Gedanke, dieser Frau ihr Herz zu öffnen, war beängstigend. Aber Alice war alles andere als Furcht einflößend; sie war nett und warmherzig und sprühte regelrecht vor Liebenswürdigkeit. Zwar sah sie etwas abgerissen aus – ein taillierter Blazer und eine Nylonstrumpfhose hätten eine entschiedene Verbesserung ihrer Optik dargestellt, und ihre Schuhe waren ein klein wenig zu … vintage. Aber sie hatte schöne markante Wangenknochen, einen makellosen Teint und schien ziemlich auf Draht zu sein. Und man konnte gut mit ihr reden. So gut, dass Kate sich dabei ertappte, wie sie mehr erzählte, als sie eigentlich wollte. Das
Weitere Kostenlose Bücher