Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
Himmel!«
»Aber wo ein Verlierer ist, da sind auch immer Gewinner. Sheryl sammelt bereits fleißig die Scherben auf! Die Frau ist wirklich bewundernswert!«
Audrey hüstelte verlegen, was man mit viel gutem Willen als grobe Zustimmung zum Gesagten deuten konnte.
»Natürlich muss es beim nächsten Treffen des Verbandes äußerst diskret zugehen; wir sollten alle so tun, als wüssten wir von nichts. Kein Wort darüber!«
»Aber natürlich, Mr President«, beeilte Audrey sich, ihm beizupflichten.
»So viel dazu.« Sofort wandte Ernie sich einem anderen Thema zu. »Ich habe gehört, Sie bringen Alice Brown als Anwärterin auf den Titel ›aufstrebende Partnervermittlerin des Jahres‹ mit zum Ball.«
Bei Audrey schrillten sämtliche Alarmglocken. Mit gespitzten Ohren lauschte sie auf seinen spöttischen Unterton.
Doch Ernie trompetete mit begeisterter Stimme: »Recht so! Ich habe nur Gutes über unsere kleine Alice gehört. Sie scheint ein aufgehender Stern am Branchenhimmel zu sein!«
Audreys Blick schoss quer durch das Büro zu Alice. Sie trug mal wieder eine alte Strickweste in Haferschleimfarbe und darunter allem Anschein nach eine abgelegte Bluse ihrer Oma. Das konnte Ernie doch nicht ernst meinen. Bestimmt wollte er sie auf den Arm nehmen.
Beunruhigt legte Audrey den Hörer auf. Gleich darauf klopfte es an der Glastür, und Alice zwängte sich vorsichtig durch den Spalt, einen ausladenden, offensichtlich ziemlich schweren Blumenstrauß im Arm.
Mit einer Geste theatralischen Erstaunens griff Audrey sich mit der Hand an die Brust.
»Ach, dieser Verrückte!«, flötete sie mit zuckersüßer Stimme. »Er ist einfach ein hoffnungsloser Romantiker. Ich sage ihm jedes Mal, er soll mir keine Blumen mehr schicken, aber er hört einfach nicht auf mich!«
»Die sind wunderschön«, murmelte Alice lächelnd. »Ihr Mann muss Sie wirklich sehr lieben.«
»Ja, das tut er.« Audrey guckte sie finster an und drückte die Blumen an ihre Brust. Dann scheuchte sie Alice wie eine lästige Fliege mit einer Handbewegung nach draußen. Sie musste unbedingt nachdenken, und von dieser scheußlichen Strickjacke bekam sie Kopfschmerzen.
Kate
K ate knallte die Tür ihrer schicken Stadtwohnung zu und rannte in Windeseile die Treppe hinunter. Sie hasste es, zu spät zu kommen.
Eigentlich hatte sie um sechs das Büro verlassen wollen, um in aller Ruhe zu baden und sich sorgfältig zu schminken, aber dann war ihr in letzter Minute ein Notfall mit einem ihrer Kunden dazwischengekommen, weshalb sie sich erst um halb acht dort loseisen konnte. Da war es schon viel zu spät gewesen, ihre akribisch zusammengestellte Garderobe aus der Reinigung abzuholen, weshalb sie sich notgedrungen mit ihren altbewährten Lieblingsstücken behelfen musste. Der Traum vom großen Beautyprogramm war also ausgeträumt, und ihr blieb nur, schnell unter die Dusche zu springen, etwas Trockenshampoo in die Haare zu stäuben und die letzten kostbaren Minuten damit zuzubringen, in fliegender Hast das Schlafzimmer nach ihrem figurformenden Miederhöschen zu durchforsten. Kein idealer Start in einen gelungenen Abend.
Während sie so schnell wie irgend möglich zum Privet raste, versuchte sie nicht darüber nachzudenken, dass dies ihre erste Verabredung seit beinahe zwei Jahren war. Sebastian würde ihr Wiedereinstieg in den doch ziemlich beängstigenden Dating-Zirkus sein. Wenn sie an ihn dachte, krampfte sich ihr Magen jedes Mal panisch zusammen. Beim Öffnen von Alice’ E-Mail hatte sie ihren Augen kaum getraut, denn Sebastian war nicht bloß ein gut aussehender Mann, er war ein Gott! Das Foto im Anhang war eine professionelle Aufnahme, auf der er nach links schaute, als wäre es ganz spontan geschossen worden. Der Winkel war perfekt gewählt und betonte seine gerade Nase, das gemeißelte Kinn und die dichten dunklen Haare. Er sah aus, als müsse er eigentlich mit einem Filmstar liiert sein, anstatt seine Zeit mit einem Nobody in Kleidergröße 42 mit Trockenshampoo in den Haaren und einem figurformenden Miederhöschen zu verplempern.
Errötend dachte Kate an das Foto, das Sebastian von ihr bekommen hatte – ein Schnappschuss, den Lou irgendwann vor fünf Jahren im Sommerurlaub von ihr gemacht hatte. Das Bild war aus einiger Entfernung aufgenommen und etwas unscharf, aber sie hatte sich bewusst dafür entschieden, da sie durch die Entfernung und ihre knackige Sonnenbräune etliche Kilo schlanker aussah.
Hastig bog Kate um die letzte Ecke, und schon
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