Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
tauchte das Privet in seiner ganzen einschüchternden Größe vor ihr auf. Nun gab es kein Zurück mehr. Heute könnte es passieren, dachte sie ganz kribbelig – das Date, das der Beginn ihres neuen Lebens sein würde! Ein Leben, das ihr Singledasein zur Vergangenheit machte, um schließlich mit einem freistehenden Haus mit fünf Zimmern, einem umwerfenden Ehemann, zwei Kindern und einem Golden Retriever zu enden.
»Haben Sie reserviert?« Misstrauisch wurde Kate von der hochgewachsenen, hochnäsigen Dame am Empfang beäugt.
Worauf Kate sich räusperte und versuchte, ganz selbstsicher zu antworten.
»Ja, ich bin mit Sebastian Lincoln verabredet.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah die Frau sie an.
»Mr Lincoln? Hier entlang.« Kurz, aber unverhohlen musterte sie Kate.
Kleinlaut folgte ihr diese, während sie in den Speiseraum rauschte und leichtfüßig zwischen den Tischen hindurchtänzelte. Kate rutschte das Herz in die Hose, als sie sah, wie dicht die Tische zusammenstanden. Ihre Hüften waren eindeutig zu breit für dieses Restaurant; früher oder später würde sie im Vorbeigehen unfreiwillig einen Teller oder eine Vase abräumen. Doch die Frau lief unbarmherzig weiter, und so blieb ihr keine andere Wahl, als zu folgen. Sie holte tief Luft und marschierte tapfer los, wobei sie jedes Mal den Atem anhielt und den Bauch einzog, wenn sie sich zwischen zwei Tischen hindurchzwängen musste. Ihr entging nicht, wie einige der Gäste vorsorglich ihre Weingläser beiseitenahmen, sobald sie wie ein Eisberg auf Kollisionskurs in ihre Richtung steuerte.
Unvermittelt blieb die hochnäsige Dame stehen.
»Ihr Tisch, bitte schön.«
Und damit war sie verschwunden, und Kate stand urplötzlich vor dem leibhaftigen Sebastian Lincoln.
»Katy.« Ohne aufzustehen, nickte Sebastian ihr kurz zu. Dann vertiefte er sich umgehend wieder in das Studium der Weinkarte. Kate zögerte und überlegte, ob sie ihm sagen sollte, dass er ihren Namen missverstanden hatte, fand dies dann aber zu direkt für den Anfang. Schnell sank sie auf den freien Stuhl und tat, als läse sie die Speisekarte. Dabei versuchte sie, ganz tief durchzuatmen. Sebastian war die fleischgewordene Perfektion.
»Bringen Sie uns den 68er Chateauneuf-du-Pape«, befahl er dem unauffällig wartenden Kellner.
Der nickte und war verschwunden, noch ehe Kate einen Mucks machen konnte. Sie hätte sich dafür treten können, dass sie ihre Chance vertan hatte, denn nach dem Gewaltmarsch zum Restaurant und der ganzen Aufregung hatte sie einen staubtrockenen Mund und hätte sterben können für ein Glas Wasser.
»Der Hummer hier ist einfach göttlich«, erklärte Sebastian, schaute auf und musterte Kate, als überlegte er, ob er die Ware nehmen oder sich lieber nach etwas anderem umschauen sollte. Sie errötete, während er sie unverhohlen von oben bis unten musterte. »Wobei das Wild auch ganz köstlich ist, aber ich finde es immer etwas … schwer. «
Kate versuchte, die pointierte Betonung des Wortes schwer zu überhören – bestimmt bildete sie sich das nur ein –, und rang sich ein Lächeln ab. Trocken klebten ihr die Lippen an den Zähnen. »Dann den Hummer!« Sie hatte immer schon mal Hummer essen wollen, und ihn im Privet zu probieren, mit dem attraktivsten Mann der Welt, schien doch die beste Gelegenheit dazu. Außerdem stand auf der Speisekarte, dass es als Beilage Pommes frites dazu gab.
Der Kellner erschien wieder am Tisch und schenkte den Wein ein. Mit wehmütigem Blick schaute Kate auf ihr Glas. Rot wäre nicht unbedingt ihre erste Wahl gewesen. Davon bekam man immer so unschöne dunkle Ringe um die Lippen, die Zähne wurden grau, und der Mund wirkte fast faulig. Nicht gerade förderlich für die Aussicht auf einen Kuss am Ende des Abends (beim Gedanken daran, Sebastian vielleicht schon in zwei, drei Stunden zu küssen, wurde sie rot). Doch sie wagte es nicht, nach einem Weißwein zu fragen, wo er doch eine ganze Flasche bestellt hatte. Stattdessen würde sie eben nach jedem Glas schnell zur Toilette verschwinden und sich die Lippen mit dem Fingernagel abschrubben.
»Sie wirken in natura wesentlich pummeliger als auf dem Foto«, stellte Sebastian unvermittelt fest. »Und älter.«
Entsetzt schnappte Kate nach Luft und murmelte zur Entschuldigung, dass das Bild schon etwas älter sei.
»Tja, das scheint öfter vorzukommen«, bemerkte Sebastian gelangweilt. »Sämtliche Frauen, die ich bisher über Table For Two kennengelernt habe, sind mindestens fünf
Weitere Kostenlose Bücher