Alicia - Gefaehrtin der Nacht
um ihn. Zu meiner Überraschung warf ich den Mann vollkommen mühelos zu Boden. Bisher hatte er keinen Laut von sich gegeben, nur ein leichtes, überraschtes Keuchen. Als hätte ich nie etwas anderes getan, bog ich instinktiv seinen Kopf nach hinten und biss zu.
« Aaah», gurgelte er, dann hörte ich nichts mehr, nur noch mein eigenes Schmatzen.
Neben mir knurrte Laurean. Wie ein Jungtier, das widerstrebend dem Anführer des Rudels weicht, zog ich mich zurück. Schließlich, nachdem er selbst sich gestärkt hatte, überließ er mir die Beute ein weiteres Mal. Bald gab Laurean mir ein Zeichen, dass ich aufhören sollte. Ich richtete mich keuchend auf, das Blut des Mannes noch auf den Lippen.
«Wir wollen ihn nicht töten, weißt du. Du musst dich beherrschen.»
Laurean schob die rechte Hand unter sein Hemd und zog das goldene Amulett mit dem roten Edelstein darauf hervor, dann bückte er sich zu dem Mann hinunter, berührte die leblose Gestalt und murmelte ein paar unverständliche Worte. Gebannt beobachtete ich, wie sich die Wunde, die wir dem Mann zugefügt hatten, innerhalb von Sekunden schloss.
Laurean richtete sich auf. Seine schwarzen Augen funkelten und seine Lippen glänzten tiefrot.
«Wenn er nicht … tot ist, was ist dann mit ihm?» , fragte ich.
«Er wird noch eine Weile ohne Bewusstsein sein, dann wird er ohne jede Erinnerung an das Geschehen wieder zu sich kommen. Einige Tage wird er sich noch etwas matt fühlen, doch äußerlich wird ihm nichts anzusehen sein. Das ist wichtig, hörst du? Nur wenn wir sie leben lassen, können auch wir überleben. Das wirst du bald verstehen. Halte dich immer daran. Du darfst sie niemals vollständig ausbluten lassen. Das bringt Unheil für uns alle, merke dir das!»
Ich nickte gehorsam. Wir wandten uns ab und kehrten auf verschlungenen Wegen in die geheimnisvolle Villa zurück. Laurean führte mich an, er sprang über Zäune und andere Hindernisse, als wären sie nicht vorhanden, und zu meinem Erstaunen folgte ich ihm ebenso mühelos. Niemand schien uns zu sehen, es war, als wären wir allein auf der Welt. Mein Körper hatte sich auf geheimnisvolle Weise verändert. Es war, als hätten sich meine Beine in Stahlfedern verwandelt, ich spannte die Muskeln an und sprang, als gäbe es keine Schwerkraft. Das Blut der Beute hatte sich mit dem meinen vermischt, ich konnte förmlich spüren, wie es in meinen Adern pulsierte. Obwohl ich gesättigt war, war es mir einfach nicht genug. Ich wollte mehr und mehr und mehr davon.
Als wir in der Villa ankamen, brannte das von unbekannter Hand entfachte Feuer im Kamin. Laurean entkleidete sich wortlos, ich tat es ihm nach, dann streckten wir uns auf dem Lager aus Teppichen aus und umschlangen einander mit Armen und Beinen. Es war, als lösten sich die Grenzen zwischen uns auf, er konnte mich ebenso nehmen wie ich ihn, ich war in ihm und er zugleich in mir. Zuerst bot er mir den Hals dar, dann bog ich meinen Kopf einladend zurück. Als Laurean seine langen, weißen Zähne in mein Fleisch bohrte, hatte ich Schmerz erwartet, den anzunehmen ich jedoch bereit war, doch was ich dann empfand, war noch viel mehr: Schmerz, ja, aber auch eine Mischung aus Entzücken, Wollust und Erfüllung, die so intensiv war, dass ich wollte, es würde niemals aufhören. In diesem Augenblick begriff ich, dass ich nun endgültig an ihn gebunden war, und nichts anderes wollte ich mehr.
Trotzdem verstand ich so vieles noch nicht, und als wir die Augen geschlossen hatten und sie wieder öffneten und einander im hellen Morgenlicht begegneten, da musste ich es einfach wissen. Ich richtete mich auf und betrachtete den blassen Körper, der ausgestreckt vor mir lag. Seine Brust hob und senkte sich, ruhig und gleichmäßig. Man hätte meinen können, er wäre nur ein Mann, mit dem ich die Nacht verbracht hatte. Wären da nicht die getrockneten Rinnsale gewesen, die sich wie mit roter Farbe kunstvoll aufgemalt über Hals und Oberkörper zogen.
«Warum ich ?», fragte ich.
« Es ist so vorbestimmt», antwortete Laurean geheimnisvoll.
« Aber, wenn ich dir nicht gefolgt wäre, was wäre dann gewesen?»
«Warum fragst du das? Du bist mir gefolgt.»
«Aber wenn …»
»Du musst noch viel lernen, Isabel. Fragen nach dem wenn bringen gar nichts.»
Wir sch wiegen. Da war noch etwas, das mich beschäftigte.
«Was ist mit dem Escortservice? Ich konnte die Seite nicht mehr im Internet finden. Ich meine, das ist es doch, was du tust, für Geld mit Frauen
Weitere Kostenlose Bücher