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Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Titel: Alicia - Gefaehrtin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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niemals begegnet!»
    Laurean stieß ein raues Lachen aus, wie immer, wenn meine Unwissenheit ihn erheiterte. Normalerweise lachten die Salizaren nicht, genauso wenig wie sie weinten. Sie freuten sich weder, noch trauerten sie. Ich fragte mich nicht zum ersten Mal, ob in Laurean, Desan und Jezebel nicht doch ein Tröpfchen Menschenblut floss, doch dies auszusprechen hätte ich niemals gewagt. Es wäre einem Frevel gleichgekommen, dem Stammesfürsten zu unterstellen, sein Blut sei nicht rein. Und dennoch war ich mir sicher, dass Desans Hass sowie Laureans Zuneigung zu mir über das hinausgingen, was Salizaren üblicherweise fühlten.
    «Ich weiß, was du von mir hören willst, Alicia. Ich habe mich lange genug bei den Menschen aufgehalten. Ihr redet von Liebe und ewiger Treue und lebt doch nur für einen Wimpernschlag. Ewig, was bedeutet das für ein Menschenleben, wie viele Blutfeste dauert es? Das ist doch nicht der Rede wert. Ich habe dich zu meiner Gefährtin erwählt, weil es so vorbestimmt ist. Reicht das nicht? Ist das nicht mehr wert als nutzlose Schwüre?»
    Ich dachte lange nach, und schließlich nickte ich, weil ich einsah, dass er recht hatte. Es wäre zwecklos, eine menschliche Regung wie Liebe von Laurean zu erwarten. Unsere Verbindung war vorbestimmt und wir würden für immer zusammen sein. Mehr wollte ich ja gar nicht!
    In diesem Moment fiel mir ein, was mich an der Weissagung gestört hatte.
    « Laurean! Du … sie … es hat geheißen, ich wäre die zukünftige Fürstin der Salizaren. Wie kann das sein?»
    Ich hob den Kopf und betrachtete sein schmales, bleiches Gesicht. Er lag so reglos, als schliefe er.
    «Und ich liebe dich trotzdem», flüsterte ich und hoffte, dass das tatsächlich stimmte. In diesem Moment fühlte ic h es wirklich. Laureans wunderschön geschwungene Lippen sahen aus, als lächelte er. Ich seufzte lautlos, dann streckte ich mich neben ihm aus, meinem Fürsten, Herrn und Geliebten, dann schloss ich ebenfalls die Augen und folgte ihm eilig in das Land der Menschenträume.

7. Kapitel
    Als sie das blutige, brüllende Bündel von mir forttrugen, flehte ich Laurean an: «Tu es nicht, ich bitte dich, lass ihn bei uns bleiben!», doch es war vergebens.
    Ich hatte Alesh unter grauenvollen Schmerzen geboren, weil der Salizarennachwuchs viel größer war als ein normales Baby, doch Laurean war unerbittlich geblieben: «Er ist kein Menschenkind, Alicia, das wusstest du von Anfang an. Für uns gelten die Gesetze der Salizaren, und auch du hast dich nach ihnen zu richten!»
    Immer wieder hatte er mir dies eingeschärft, seitdem mein Leib sich zu wölben begonnen hatte, doch wieder einmal konnte ich meine menschliche Herkunft nicht verleugnen. Wenn ich auch die meisten Regungen aus meinem alten Leben abgelegt hatte, so war die Trennung doch schwer. Eben noch hatte ich Alesh in einem roten Schwall zwischen meinen Schenkeln hinausgepresst, und nun war er schon fort, nachdem ich kaum einen Blick auf ihn hatte werfen können.
    «Er braucht mich », wimmerte ich, ohne dass eine Träne über meine Wangen rann. «Laurean, ich bin doch seine Mutter!»
    « Er ist in deinem Leib gewachsen, aber deswegen bist du noch lange keine Mutter! Du vergisst immer wieder, dass du keine Menschenfrau mehr bist. Du könntest ihn nicht mal säugen.» Er legte seine Hände auf meine nackte Brust. «Sieh nur, du hast keine Milch, und wenn du sie hättest, würde es ihn umbringen. Alicia, Alesh gehört weder dir noch mir. Er ist kein Kind, er ist ein Salizarenjunges, und er braucht jetzt das Blut seines Stammes.»
    «Aber er ist doch noch ein Baby!»
    «Alesh ist kein Baby, Alicia, er ist nur noch nicht fertig. Die Blutammen werden sich um ihn kümmern, bis Orlathat uns das Zeichen ihrer Wiederkehr schickt. Du weißt, nur Alesh kann unser Volk vor der Vernichtung bewahren! Wenn es so weit ist, wirst du ihn wiedersehen.»
    «Aber Laurean …»
    «Schweig!»
    Ich verstummte. In meinem Kopf wirbelte so vieles durcheinander und ich fühlte mich seltsam entrückt. Der körperliche Schmerz war bedeutungslos, aber da war noch etwas, das wie eine tiefe Wunde in meinem Inneren brannte. Ich warf den Kopf in den Nacken und heulte wie ein verletztes Tier.
    Natürlich wusste ich, dass der Samen keine meiner Eizellen befruchtet hatte, sondern allein zu seinem Abkömmling herangewachsen war, und dass er für die Fortpflanzung meinen Leib nur als nährende Hülle gebraucht hatte. Aber dennoch hatte ich Alesh wie ein Baby in mir

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