Alicia - Gefaehrtin der Nacht
ich beherrschte mich. Mein Gefährte erschien mir ernster und sorgenvoller als je zuvor.
«Sie haben uns gefunden, nicht wahr?», fragte ich.
«Nun ja, wenn sie unseren genauen Aufenthaltsort wüssten, dann wären sie wohl längst gekommen. Aber sie wissen zumindest, dass wir in dieser Stadt sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie die Villa ausfindig machen.»
« Aber wie konnte das passieren? Ich meine, wir lassen stets die allergrößte Vorsicht walten, hinterlassen niemals Spuren, wie kann es also sein, dass …»
Laurean brachte mich mit einem wütenden Grunzen zum Schweigen, dann sprang er auf und begann, ruhelos im Raum auf und ab zu schreiten. Sein prachtvoller Köper strahlte Stolz und Kampfeswillen aus und ich glaubte, ihn in diesem Augenblick mehr zu lieben denn je. Einem Menschen mochte Laurean wie ein wildes, triebhaftes Tier erscheinen, doch für mich war er begehrenswerter als jeder Mann, den ich gekannt hatte. Laurean kannte keine Lügen und keine Verstellung, einfach, weil Falschheit in seiner Welt keinen Sinn ergab. Er war, was er war, und ich schätzte mich glücklich, dass dieser hoheitsvolle Mann mich erwählt hatte, auch wenn er natürlich genau genommen kein Mann war, sondern ein Blutdurstiger.
Ich sprang ebenfalls auf und stellte mich i hm in den Weg. Er blieb stehen, ich sah ihm in die Augen, die mein Spiegelbild zurückwarfen, eine blutbefleckte Gestalt, mit breiten Schultern, vollen Brüsten und loderndem Blick. Ich war beinahe ebenso schnell und stark wie er, ich war eine Kriegerin, eine Salizarin wie Laurean, und ich würde gemeinsam mit meinem Gefährten in den Kampf ziehen. Er fletschte warnend die Zähne, doch dieses Mal ließ ich mich nicht zurückweisen. Ich musste wissen, was er wusste.
« Laurean, sprich mit mir! Was ist geschehen?»
«Schweig», fauchte er böse, doch ich sah, dass hinter der Härte und dem Zorn in seinen Augen noch mehr war, etwas Weiches, das in diesem stolzen Salizaren nur für mich existierte. Ob man das nun Liebe nennen wollte, war bedeutungslos. Für mich zählte nur, dass diese Wärme allein mir galt. Ich fasste meinen Mut zusammen und trat einen Schritt näher. Meine Brust berührte die seine und mein Körper schien in Flammen aufzugehen, als Laurean mich mit festem Griff umklammerte. Ich ließ mich zu Boden gleiten und zog ihn mit mir, dann neigte ich den Hals und ließ ihn zubeißen. Der Schmerz steigerte mein Verlangen ins Unermessliche und die Grenze zwischen unseren Leibern löste sich auf. Wir ließen erst voneinander ab, als sich der erste fahle Sonnenstrahl vor den Fenstern zeigte und das Feuer erlosch.
«Wirst du mir nun sagen, was du weißt?», fragte ich schließlich, als unser Atem sich beruhigt hatte. Laureans Blut floss durch meine Adern, ich spürte ihn in mir und auf mir, als würde unser erhitzter Kampf immer noch andauern. Ich war satt und zufrieden und ruhte in mir selbst, wie ich es früher nie empfunden hatte. Mein Schicksal war nun untrennbar mit dem Laureans, mit dem aller Salizaren verbunden. Diese Gewissheit verlieh mir Kraft und Zuversicht. Vielleicht hatte das Wissen um eine drohende Gefahr unsere Körper in dieser Nacht angestachelt, sodass wir uns gepaart hatten, als könnte es das letzte Mal gewesen sein. Vielleicht war es so? Wie vernichtend konnte ein Angriff der Mönche sein, und war es möglich, dass dieser unmittelbar bevorstand?
«Alicia, du musst wissen, dass den Salizaren großes Unheil droht. So ist es schon einmal gewesen, ich habe dir davon berichtet. Der Verrat meines Bruders hat mich die Schwester und unseren Stamm den Fürsten und Gebieter gekostet. Und es wird wieder geschehen.»
«Du meinst … es ist wieder Desan, der uns verraten hat?»
Laurean nickte.
Obwohl w ir Salizaren normalerweise weder froren noch schwitzten, überzog nun ein eiskalter Hauch meinen nackten Körper. Abermillionen feinster Härchen richteten sich auf. Ich fröstelte und schüttelte mich.
«Nein, Laurean …»
«Ja. Sie werden kommen. Orlathat wird aus der Verbannung zurückkehren und unsere Fürstin wird die Salizaren siegreich aus der Schlacht führen.»
«Welche Fürstin? Laurean, du machst mir Angst!»
Da lachte er rau und sagte: «Angst? Alicia, du bist eine Salizarin, du kannst keine Angst haben!»
«Aber ich verstehe das nicht! Wie sollte Orlathat jetzt schon zurückkehren? Alesh, er ist doch noch klein, er kann doch höchstens, ich weiß nicht, vielleicht drei Jahre alt sein. Oder fünf?»
Wie lange war es
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