Alicia II
hier Bescheid wissen, bevor ich eine Entscheidung fällen kann.«
»Welche Entscheidung?« fragte ich.
»Ob ich Sie auffordern soll, sich uns anzuschließen.«
»Ich soll mich Ihnen anschließen? Inwiefern? Soll ich die Doktrinen St. Ethels predigen?«
»Nicht gerade das. Allerdings in gewisser Beziehung doch. Wir brauchen Ihr Fachwissen. Wir könnten Ihre Erfahrung brauchen, wenn Sie sich entschlössen, bei uns mitzumachen.«
Bei diesen Worten verdrängte die brüske Art, die ich zuvor an Rosalie bemerkt hatte, den heiligmäßigen Klang ihrer Stimme.
»Mein Fachwissen. In welchem Fach? Ich habe überhaupt keine Talente, ich …«
»Alicia deutete an, daß Sie – nun, nicht besonders schnell begreifen. Das ist gut. Bei einem Helden ist das eine vorteilhafte Eigenschaft. Und, kurz gesagt, wir könnten die Dienste eines Helden brauchen.«
»Machen Sie keine Witze darüber«, mahnte Alicia. »Dazu ist jetzt nicht die richtige Zeit.«
Ich hatte Alicia noch nie so angespannt gesehen. Andauernd berührten ihre Hände Gegenstände oder Teile ihres Körpers oder Möbel und hielten niemals inne. Im Gegensatz dazu war Rosalie vollkommen ruhig.
»Ich mache keine Witze, meine Liebe. Für unsere Sache kämpfen viele tapfere Männer und Frauen, viele, die den Tod willkommen heißen, viele, die ihn von sich aus suchen. Aber wir sind knapp an Helden, besonders an solchen, die genügend Verständnis für Psyche und Philosophie der Erneuerten haben, daß sie Pläne entwerfen können, die mehr als Augenblickserfolge zeitigen. Um es einfach auszudrücken, Mr. Geraghty, nicht viele Leute Ihrer Art kümmern sich um die Behandlung der Ausgemusterten. Einige wenige schon, aber nicht viele.«
»Das ist ganz normal.«
»Normal? Nicht das Wort, das ich benutzt hätte.«
»Sie mögen recht haben. Aber Erneuerte – und jetzt haben Sie mich dazu gebracht, daß ich das Wort ausspreche, als sei ich keiner –, Erneuerte glauben im tiefsten Herzen daran, daß das System richtig ist. Die Erhaltung der besten Eigenschaften der Menschheit durch …«
»Wir kennen die Rechtfertigungen, Mr. Geraghty. Haben Sie gemeint, wir seien nicht fähig, sie zu verstehen? Sie glauben an Ihren Weg. Wir glauben, daß der unsrige richtig ist.«
»Sie sprechen wie eine Priesterin. Ich sehe, warum Sie diesen Beruf erwählt haben.«
»Priesterin ist nur mein Platz in der Gesellschaft. Ich bin Priesterin, um wirksame Methoden zum Töten zu finden.«
»Wünschen Sie einen Disput über dies Paradoxon?«
»Sie sind ein Scheiß-Sophist, Geraghty.«
»Manchmal reden Sie gar nicht wie eine Priesterin.«
»Meistens reden Sie gar nicht wie ein Held.«
»Ihr Punkt. Um was geht das nun alles?«
»Wir brauchen mehr Leute, die sich unter Ihrer Art frei bewegen können. Wir haben ein paar, zumeist Intellektuelle oder solche, die es von Berufs wegen tun. So gut wie keine Männer und Frauen der Tat, wie Sie es sind, Geraghty. Es gibt bestimmte Unternehmungen – Missionen, wenn Sie so wollen –, die wir ohne Hilfe von jemandem wie Ihnen nicht durchführen können. Wie ich höre, besteht Grund zu der Annahme, daß Sie bereit sein könnten, sich uns anzuschließen.«
»Grund?«
»Ich weiß es nicht genau, aber es mag etwas mit der Tollkühnheit zu tun haben, mit der Sie Ihr Leben aufs Spiel setzen. Es gibt Berichte von verschiedenen Quellen, nicht nur von Alicia hier, daß Sie …«
»Woher können Sie schon Informationen über mich bekommen?«
»Wie ich sagte, aus verschiedenen Quellen. Nicht einmal ich bin sicher, wo sie ihren Ursprung haben. Ich erhalte Befehle, wie Alicia auch. Ein solcher Befehl veranlaßte sie, Sie für diese Diskussion mitzubringen. Aber ich habe an den vorhergegangenen
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